Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Teufel in uns - Mord in Bonn

Titel: Der Teufel in uns - Mord in Bonn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
Vom Netzwerk:
feindselig entgegen. Ohne ein Wort trat sie zur Seite und ließ ihn an sich vorbeigehen. Er war kaum ein halbes Dutzend Schritte gegangen, als ein kräftiger Schlag auf den Kopf sein Bewusstsein ausknipste.

    Als er wieder zu sich kam, war seine erste Empfindung Schmerz, im Kopf und in der Schulter. Als er die Augen öffnete und begriff, in welcher Situation er sich befand, verlor der Schmerz ganz beträchtlich an Bedeutung.
    Jonas saß oder lag vielmehr in einem Sessel in Tinas Wohnzimmer. In seinem Blickfeld hing das Bild mit den großen, blauen Hortensienbüschen, sein Mund war über einem Knebel zugeklebt, und seine Hände auf den Rücken gefesselt. Ihm gegenüber saßen eng nebeneinander auf dem Sofa Tina und Gottfried mit wütenden Mienen, beide in schwarzen Klamotten, wie die Richter! Was, um alles in der Welt, hatten sie mit ihm vor?
    Sein Koffer stand geöffnet auf dem Couchtisch. Gottfried zeigte plötzlich darauf und zischte: „Warum versteckst du einen Koffer mit 293.000 € in deinem Schrank? Warum hast du falsche Einträge ins Spendenbuch gemacht? Dafür gibt es nur einen Grund: Du hast unser Geld eingesammelt, um dich damit aus dem Staub zu machen!“ Er beugte sich vor, holte etwas aus dem Koffer und wedelte damit in der Luft herum. „Wofür ist wohl das Flugticket?! Wolltest du in Uruguay Urlaub machen? Du bist kein weiser Prediger, du bist ein gemeiner, verlogener Betrüger! Ein Verbrecher!“
    Der Wahnsinnige spuckte tatsächlich vor ihm aus. Auf das saubere Laminat. Selbst Tina guckte überrascht. Das fiel Gottfried anscheinend nicht auf, er fragte sie: „Was sagst du dazu, Kristina?“
    Tina konzentrierte sich wieder auf Jonas. „Ich finde, so eine Niederträchtigkeit muss hart bestraft werden!“ 
    Ihr Blick troff derart vor Verachtung, dass Jonas übel wurde. Vor Angst. Er versuchte, etwas zu sagen, sich zu rechtfertigen, aber außer ein paar gekeuchten, dumpfen Lauten hinter dem Klebeband brachte er nichts zustande.
    „Ja, du würdest dich nur zu gern aus all dem rausreden, du Schwätzer! Du würdest die Sache glatt so verdrehen, dass am Ende wir die Verbrecher wären und uns noch bei dir entschuldigen müssten!“ Tinas Augen sprühten förmlich Feuer. Jonas hätte nicht gedacht, dass sie so wütend werden konnte. „Aber wir werden dir keine Gelegenheit geben, dich da rauszuschwatzen!“ Tina stand auf. „Wir beraten uns jetzt, welche Strafe für dich angemessen ist!“
    Sie verließen beide das Wohnzimmer, und Jonas hörte sie tuscheln. Er kam sich so gedemütigt vor wie noch nie im Leben, so hilflos, so missverstanden. Und die Angst wühlte dermaßen in seinem Gedärm, dass er befürchtete, sich die Hosen vollzumachen.
    Die beiden verzogen sich derweil in ein anderes Zimmer, hantierten dort mit irgendetwas herum, was Jonas noch mehr Angst einjagte, und plötzlich hörte Jonas Tina laut, deutlich und entsetzt ausrufen: „Um Himmelswillen, Gottfried, das kannst du ihm doch nicht antun!“
    Jonas fing an zu zittern, weil er auf einmal lauter schreckliche Dinge aus der Bibel im Kopf hatte: steinigen, mit Pfeilen durchbohren wie den Heiligen Sebastian, ans Kreuz nageln wie Jesus. Seine Übelkeit verstärkte sich, dann fiel ihm ein, dass er, wenn er ihr nachgab, vielleicht an seinem Erbrochenen ersticken würde. Überhaupt hatte er plötzlich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, sein Herz schien immer unregelmäßiger, immer hektischer zu schlagen, eine lebensbedrohliche Enge begann seinen Brustkorb einzuschnüren, jeden Moment würde der Infarkt zuschlagen, jede Sekunde sein Leben zu Ende sein, jeder –
    Ein Klingelton schrillte durch die Wohnung. Zuerst begriff Jonas nicht, was das bedeutete. In die plötzliche, seltsam dumpfe Stille hinein fragte jemand: „Wer ist das?“
    Und jemand antwortete: „Keine Ahnung.“
    Schon klingelte es ein zweites Mal. In Jonas meldete sich Panik. Er musste sich unbedingt bemerkbar machen, bevor der Besucher aufgab und wieder ging! Der Infarkt war abgesagt, das Erbrechen verschoben, stattdessen begann Jonas, mit zusammengebundenen Füßen auf den Boden zu stampfen. 
    Gottfried stürmte zur Tür herein, schlug ihm ins Gesicht und zischte: „Hörst du wohl auf mit dem Scheiß!“
    Jonas stellte das Stampfen erst einmal ein und lauschte, wie auch Gottfried es tat. Und sicher auch Tina. Es dauerte nicht lange, bis draußen im Hausflur Stimmen zu hören. Es klingelte wieder, diesmal direkt an der Wohnungstür. Bevor sich Jonas auch nur rühren

Weitere Kostenlose Bücher