Der Teufel in uns - Mord in Bonn
konnte, hatte Gottfried die Pistole gezogen, die er ihm abgenommen haben musste, und drückte sie Jonas in den Schritt.
„Ein Mucks, und ich schieß dir dahin, wo es am meisten wehtut!“, knurrte er.
Alle verhielten sich still und warteten darauf, dass die aufdringlichen Besucher umkehrten, während Jonas’ Gehirn allerletzte Denkreserven mobilisierte, um auf eine Idee zu kommen, wie er auf sich aufmerksam machen konnte, ohne sich eine sehr, sehr schmerzhafte Verletzung einzuhandeln.
Unerwartet klopfte jemand an die Tür. „Frau Bruschinsky? Hier ist die Kripo Bonn! Wir müssen dringend mit Ihnen reden! Wir wissen, dass Sie da sind! Wenn Sie nicht aufmachen, werden wir uns auf andere Weise Zutritt verschaffen!“
Tina war mit erschrockenen Augen in der Wohnzimmertür aufgetaucht und gab Gottfried flüsternd zu verstehen: „Schaff den Mistkerl ins Schlafzimmer! Ich trage den Koffer rüber!“
In diesem Augenblick wurde Jonas glasklar, dass er hier und jetzt die letzte Chance auf Rettung hatte: Die Polizei stand vor der Tür, und war es da nicht besser, eine schmerzhafte Verletzung zu riskieren, als auf vielleicht bestialische Weise von den beiden Irren umgebracht zu werden?
Ganz langsam, damit Gottfried es nicht merkte, hob er die Beine an, als plötzlich etwas in sein Gesicht flog und ihn erneut in die Dunkelheit schickte.
*
17.20 Uhr
Kurz nachdem Andreas zum zweiten Mal an die Tür geklopft hatte, wurde drinnen eine energische Stimme laut.
„Ja, ist ja gut! Ich komme eben aus der Dusche! Darf ich mir vielleicht noch was überziehen?“
„Natürlich, Frau Bruschinsky, wir warten so lange“, meinte Andreas, während Sascha eine genervte Grimasse zog.
„Ich weiß nicht, ob das richtig ist“, flüsterte er Andreas zu. „Am Ende ätzt sie sich gerade die Haut von den Fingerkuppen!“
„In welchem Film hast du das wieder gesehen?“
„In mehreren.“
„Gut, wenn sie verätzte oder zerschnittene Finger hat, wissen wir wenigstens Bescheid, dann können wir -“
Die Tür wurde aufgerissen. Eine Frau mit braunen, hochgesteckten Haaren wurde sichtbar, eingehüllt in einen wadenlangen, rot-weiß gestreiften Bademantel, den sie mit einer Hand vor der Brust zusammengerafft hatte. An den nackten Füßen schwarze Badepantoletten.
„Was gibt’s denn so Dringendes?“, wollte sie in harschem Ton wissen.
„Dürfen wir kurz reinkommen?“ Andreas stellte sich vor, präsentierte Ausweise und guckte fragend.
Tina Bruschinsky ließ den Blick ihrer ungewöhnlich tiefblauen Augen über Ausweise und Gesichter wandern (bei Sascha stutzte sie irritiert) und zögerte ziemlich lange, bevor sie endlich erklärte: „Kommen Sie mit, ich hoffe nur, ich erkälte mich Ihretwegen nicht.“
Das hätte sie vielleicht besser nicht noch betont, denn Andreas kaufte ihr die ,Dusch-Geschichte‘ sowieso nicht ab. Sie hatte kein einziges, feuchtes Haar am Kopf, sie duftete weder nach Shampoo noch nach Duschgel, und irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie unter dem Bademantel komplett angezogen war. Hatte er nicht gerade, auf dem Weg ins Wohnzimmer, den Hauch eines schwarzen Kleidungsstücks unter dem Saum des Bademantels hervorblitzen sehen? Was stimmte hier nicht?
„Also, Frau Bruschinsky, wir haben Hinweise, dass die Täterin, die die drei Frauen in Bonn überfallen hat, Mitglied der Freien Gemeinde von Jonas Kirch sein könnte, und nun –“
Sie fiel ihm ungehalten ins Wort. „Aha, und was hat das mit mir zu tun?“
„Erst einmal nichts, aber wir überprüfen alle vom Alter her in Frage kommenden Damen aus der Gemeinde, weil wir –“
Mitten im Satz wandte sie sich plötzlich an Sascha. „Haben Sie einen Zwillingsbruder?“
Sascha antwortete nicht sofort, sondern lächelte sie provokant an. „Nein, wieso?“
„Dann sind Sie also wirklich dieser Arthur, der sich an Ramona rangemacht hat?“ Das kam jetzt richtig wütend.
„Nein, gute Frau, das war umgekehrt. Und außerdem –“
„Nennen Sie mich nicht ,gute Frau‘! Sie haben sich in unsere Gruppe geschlichen, um uns auszuspionieren! Sie sind ein Lügner! Sie... Sie...“ Vor lauter Wut (warum regte sie sich nur so auf?) vergaß sie sogar, den Bademantel festzuhalten. Er klaffte auf, und zum Vorschein kamen ein schwarzes T-Shirt und eine schwarze Hose.
„So wie es aussieht, Frau Bruschinsky, haben Sie uns angelogen“, warf Andreas dazwischen. „Sie waren nicht unter der Dusche! Warum haben Sie –“
Weiter kam er nicht, denn auf einmal
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