Der Teufel in uns - Mord in Bonn
Was hat sie denn ausgefressen?“
Das ging ihn natürlich nichts an, aber Andreas hatte möglicherweise irgendwelche Hintergedanken, denn er verriet es ihm. „Sie wird verdächtigt, die Raubüberfälle auf die drei älteren Damen begangen zu haben.“
Gottfried starrte Andreas an, als habe der den Verstand verloren. „Das ist jetzt nicht Ihr Ernst, oder?“, quetschte er durch die Zähne, und dann setzte er sich endlich.
Und er hatte sogar (ganz untypisch für ihn!) aufgehört, Andreas anzustarren. Er schaute auf seine Hände und musste diese Nachricht wohl erst verdauen. Und darüber nachdenken. Er dachte nach, grübelte, zerbrach sich den Kopf, wobei er mehrmals mit dem linken Auge zwinkerte und es rieb, als sehe er nicht richtig. Dann schien er die Lösung zu haben, denn in dem Blick, mit dem er Andreas anschaute, lag Triumph.
„Der letzte Überfall fand am Dienstag statt, stimmt’s?“ Gottfried wirkte auf einmal aufgedreht, als hätte er einen leichten Stromschlag bekommen. „Dann kann es nicht Tina gewesen sein! Ich hab sie nämlich am Dienstagnachmittag vom Büro abgeholt, wir sind essen gegangen und waren abends noch bei ihr zu Hause.“
„Ach wirklich?“ Andreas tat interessiert. „Und als die beiden anderen Frauen überfallen wurden, am –“, er sah auf einen Zettel, „am Freitag, dem 2. Mai, und am Mittwoch, dem 7. Mai, da waren Sie also auch mit Frau Bruschinsky zusammen?“
Gottfrieds Blick ging zur Seite. „Das weiß ich nicht mehr so genau... Da müsste ich nachdenken.“
„Herr –?“
„Liebetrau.“
„Herr Liebetrau, Sie sollten sich gut überlegen, was Sie hier aussagen! Wir haben in Frau Bruschinskys Wohnung jede Menge Hinweise gefunden und ihre Fingerabdrücke in zwei Tatwohnungen! Wenn Sie jetzt hier so lässig mit ein paar Alibis um die Ecke kommen, fragen wir uns schon, ob wir Ihnen glauben sollen! Oder ob Sie vielleicht mit Frau Bruschinsky unter einer Decke stecken!“
Jetzt wollte es Gottfried aber wissen: Er bohrte seinen Blick geradewegs in Andreas´ Augen und starrte. Andreas starrte zurück. Sascha vergaß vorübergehend seine Müdigkeit.
Andreas hatte sich zurückgelehnt und nur das Kinn ein wenig vorgeschoben. Gottfried hingegen saß vorgebeugt da, die Hände auf den Oberschenkeln. Die Hände... Sascha schaute genauer hin. Es schien, als halte die eine Hand die andere, zitternde Hand, fest. Nun wurde Sascha sogar richtig wachsam. Nicht, dass dieser eigenartige Mensch ausrastete! Sascha konnte zwar nicht beurteilen, ob das gebräunte Gesicht mit dem Vollbart schon rot anlief, aber in den pechschwarzen Augen glühte es gefährlich.
Noch immer glotzten sich die beiden an, als hinge ihr Seelenfrieden davon ab. Doch plötzlich blickte Andreas mit den Worten „Ich nehme an, Sie haben nichts weiter auszusagen“ auf einen Hefter, der aufgeschlagen auf dem Schreibtisch lag, machte sich eine kurze Notiz und meinte zu Gottfried, ohne ihn anzusehen: „Ich will Sie nicht aufhalten.“
Gottfrieds Gesicht war unbewegt, sein Blick aber giftig. Er blieb noch ein paar Sekunden sitzen und schien mit sich zu kämpfen, ob er etwas sagen solle. Schließlich tat er es. „Und was passiert jetzt mit Tina?“
Andreas schrieb weiter auf seinem Papier herum, ohne aufzusehen. Auch eine Taktik. „Dachten Sie etwa, nur weil Sie hier mit einem Pseudo-Alibi ankommen, könnte Frau Bruschinsky sofort nach Hause gehen? Tut mir leid.“
Daraufhin erhob sich Gottfried und verließ wortlos das Büro.
„Das scheint ja die ganz große Liebe zu sein zwischen den beiden“, kommentierte Andreas diesen Auftritt unwillig und griff zum Telefon. „Bring mir doch bitte noch mal die Bruschinsky her.“
Sascha dachte kurz daran, endlich nach Hause zu fahren, denn er war wieder todmüde, aber Tinas Reaktion wollte er sich dann doch nicht entgehen lassen. Ein paar Minuten später saß sie erneut am Schreibtisch, mit trotzig-verschlossener Miene. Noch schwieg sie.
Andreas wirkte auch nicht eben freundlich. „Raten Sie mal, wer gerade hier war: Ihr Freund Gottfried Liebetrau! Er hat Ihnen für Dienstagnachmittag ein Alibi verschafft.“
Erst guckte Tina verständnislos, aber allmählich begriff sie, dass sich da eine Chance für sie auftat. Hoffnung. Ihre Blicke wanderten hektisch durch das Zimmer, und sie begann zu reden.
„Stimmt ja! Das hatte ich vor lauter Aufregung total vergessen! Wir haben uns im botanischen Garten getroffen, und anschließend sind wir noch zu ihm gefahren.“
Na,
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