Der Teufel in uns - Mord in Bonn
wollte Andreas wissen. Sie nickte. Sehr schön, dann hatte der Mörder ja genauestens gewusst, wo Voss wann zu finden war. „Hatten Sie vorher noch andere Affären?“
Ein verletzter Blick. „Herr Kommissar, was denken Sie von mir?“
„Hatten Sie?“, wiederholte Andreas.
„Ja.“
„Wusste Ihr Mann davon?“
„Ich weiß nicht, er hat nie was gesagt. Und wenn er was gemerkt hätte, ich glaub, es wär ihm egal gewesen.“
„Wieso denn das?“
„Er ist eigentlich ein lieber Mensch, aber richtig besessen von seiner Arbeit. Für mich hat er immer weniger Zeit gehabt.“ Sie machte ein trauriges Gesicht.
Andreas fühlte sich berufen, einmal kurz den Eheberater zu spielen. „Ich hatte den Eindruck, dass er Sie sehr liebt. Wissen Sie, was passiert ist, als ich vorhin angedeutet habe, Sie und Voss hätten was miteinander? Er hat mir nebenan auf den Boden gekotzt! Also egal ist es ihm sicher nicht!“
Die Stockbauer guckte peinlich berührt auf ihre mit vielen goldenen Ringen bestückten Hände. Manfred grinste im Hintergrund. Andreas holte zur entscheidenden Frage aus.
„Können Sie sich vorstellen, dass Ihr Mann etwas mit der Ermordung von Voss zu tun hat?“
Sie schaute auf. „Ich traue jedem Mann alles zu.“
Na, das klang ja nach tonnenweise Erfahrung. „Ihrem Mann also auch?“
„Ja. Aber warum gerade Hugo? Warum nicht einer von den anderen? Warum hätte er so lange warten sollen?“
„Vielleicht war Voss der eine Tropfen, der das Fass... Sie wissen schon.“
Frau Stockbauer wirkte nicht überzeugt, sagte aber nichts mehr. Andreas ließ sie gehen und wandte sich an Manfred. „Die wär doch was für dich, oder?“
Manfred, der die ganze Zeit an seinem furchtbaren Schnurrbart herumgefummelt hatte, spielte den Empörten. „Ich hab eine Freundin!“
„Ist das immer noch die aus dem Sonnenstudio? Kriegst du da Rabatt?“
„Ich leg mich doch nicht auf die Sonnenbank! Meine schöne Hautfarbe kommt daher, dass ich so viel Sport im Freien mache. Solltest du auch mal versuchen.“
„Viel Sport? Du? Sascha treibt viel Sport. Ich finde, du bist in den letzten Jahren ein bisschen“, Andreas hielt inne und überlegte, „ein bisschen – wie das heißt das noch auf modern? – moppelig geworden.“
„Das nennt man athletisch, mein Lieber, und davon versteht du nun wirklich nichts“, behauptete Manfred dreist, stand auf und nahm seine Jacke. „Komm, lass uns endlich mit diesem Sekten-Typen reden.“
Andreas fuhr, denn er hielt Manfreds Fahrstil für ähnlich lebensgefährlich wie den von Sascha. Der Mann war zwar kein Raser, aber einer, der gerne plaudernd in der Gegend herumguckte oder sich mit der Innenausstattung des Wagens beschäftigte, anstatt auf den Verkehr zu achten.
Eine halbe Stunde später spazierten sie über den Münsterplatz auf ein Café zu.
„Hast du was von Sascha gehört?“ fragte Manfred, der seine Jacke über dem Arm trug. Auch Andreas schwitzte.
„Vor einer Stunde hat er mal kurz aus dem Krankenhaus angerufen. Er meint, dass das Kind wohl heute noch kommt. Anscheinend möchte er uns alle an der Geburt teilhaben lassen.“
„Er kann ja hinterher einen Bericht darüber schreiben. Hast du eigentlich schon mal mit einem Sektenführer persönlich gesprochen?“
„Nee, wieso das denn? Lassen wir uns einfach überraschen. Polizeilich liegt jedenfalls nichts gegen ihn vor.“
Als sie das Café betraten, war sofort klar, wer von den Gästen Jonas Kirch war. Er saß in der hintersten Ecke, im cremefarbenen Anzug, mit unübersehbarem, silbernem Kreuz auf der Brust. Die Haare noch länger als die von Andreas. Und grauer. Er trug eine silberne Brille in einem nicht unattraktiven Durchschnittsgesicht.
Als er Andreas und Manfred auf sich zukommen sah, stand er auf und lächelte huldvoll. Sie stellten sich einander vor, setzten sich alle an den kleinen Tisch und Andreas begann, den Mann auszufragen.
„Herr Kirch, seit wann sind Sie in Bonn?“
„Seit Anfang des Jahres. Bonn ist eine wunderschöne Stadt, und ich wusste sofort, hier lässt du dich nieder und hilfst den Menschen, so gut du kannst.“
„Und was haben Sie vorher gemacht?“
„Ich bin durch das Land gereist und habe die Menschen studiert. Ich wollte herausfinden, was sie brauchen und wonach sie sich sehnen.“
„Sie sind Idealist und Philanthrop?“
„Natürlich. Aber ich habe auch Psychologie studiert. Und jetzt fühle ich mich als eine Art Prediger.“
„Sie wissen also inzwischen, was der
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