Der Teufel in uns - Mord in Bonn
du gedacht? An dich?“
„Quatsch, der kennt mich doch jetzt! Ich dachte an unseren werdenden Vater.“
„Sascha? Aber der hat doch auch –“ Andreas überlegte, während sie rechts an der Post vorbei Richtung Friedensplatz marschierten. „Könnte klappen, Sascha ist weder Valoschek, noch Zorn, noch Kirch persönlich begegnet! Nicht einmal Yvette Glaser, er war ja dauernd mit seiner schwangeren Annika beschäftigt.“
„Siehst du?“ triumphierte Manfred. „Wir verpassen Sascha eine schreckliche Kindheit und einen anderen Namen. Und dann kann er das tun, wovon er sicher nicht nur nachts träumt: Undercover-Agent spielen!“
„Oh ja, er wäre begeistert. Allerdings hat er ein paar Tage Urlaub genommen.“
„Pass auf, der hält es keine 48 Stunden am Stück zu Hause aus.“
Sie hatten den Eingang zur Friedensplatzgarage erreicht. Andreas ging voraus. „Ich werde ihn fragen, wenn er wieder anruft.“
Im Auto nahmen sie zuerst Kontakt zu Ulli und Petra auf, die möglichst zur gleichen Zeit bei Jakob Valoschek auftauchen sollten wie Manfred und Andreas bei Benjamin Fiedler.
Andreas hoffte nur, dass die beiden undurchsichtigen Gemeindemitglieder zu Hause waren.
*
Sankt Augustin, Kinderklinik - 17 Uhr
Annikas Wehen wurden immer stärker. Presswehen, erklärte die Hebamme.
Schön, sollte sie pressen. Aber Sascha brauchte ab und zu eine Auszeit von den grauslichen Geräuschen, die Annika von sich gab, und ging dann für ein paar Minuten auf den Flur vor dem Kreißsaal. So eine Live-Veranstaltung war doch etwas ganz anderes als eine Geburt im Fernsehen!
Leise schloss er die Tür hinter sich und atmete auf. Der Beruf einer Hebamme war definitiv nichts für ihn.
Sascha sah sich um… Von wo war er vorhin gekommen? Diese Station schien räumlich ebenso verschachtelt wie die Zeitebenen von ,Inception‘! Er hielt sich erst einmal rechts. Die Flure hier waren sehr angenehm gestaltet: viel zartes Orange, sogar der Fußboden war fröhlich orange. Am besten gefielen ihm die riesigen Fotos von verschiedenen Blüten an den Wänden. Und schön warm war es! Sollte er nach draußen gehen? Nein, auf keinen –
„Möchten Sie vielleicht was Kaltes trinken?“ sprach ihn eine pummelige, blonde Schwester jenseits der Fünfzig an, als habe sie seine Gedanken gelesen. Sascha nickte, und die Frau führte ihn in die kleine, eigene Cafeteria, die sich die Station leistete. Hier saßen bereits zwei Männer, die angespannt wirkten wie vor der mündlichen Abiturprüfung, aber wohl auch nur darauf warteten, dass sich ihre Kinder endlich auf den Weg ans Tageslicht machten.
Sascha holte sich eine Cola, stellte sich ans Fenster und sah hinaus. Er kippte die Cola in großen Schlucken in sich hinein und dachte an den kleinen Disput mit einem Arzt, als er vorhin das Auto vom Notarztparkplatz hatte wegfahren wollen. Der Mann hatte herumgezetert, als habe Sascha Hunderte von Menschenleben gefährdet!
Also hatte Sascha ihm seinen Dienstausweis präsentiert und behauptet, es handele sich um einen polizeilichen Einsatz. Dann hatte er den Arzt, der schon ganz rot im Gesicht war, stehen lasen und sich einen anderen Parkplatz gesucht. Mal abwarten, ob das Konsequenzen hatte. Aber letztlich war ihm das egal, es ging um seinen Sohn, um sein Fleisch und Blut, um einen Teil von ihm!
Plötzlich hielt es ihn nicht mehr in der Cafeteria. Er musste nach Annika sehen! Er fand erstaunlich schnell zurück zum Kreißsaal. Als er die Tür öffnete, bekam er gerade noch mit, wie Annika die Hebamme anfuhr: „Verdammt noch mal! Wie lange dauert das denn noch?“
Die Hebamme, eine kleine, dünne, sehr ruhige Person, die solche Beschimpfungen von unzurechnungsfähigen Erstgebärenden vermutlich gewohnt war, lächelte verständnisvoll und meinte: „Ich guck mal nach dem Muttermund.“ Was sie auch tat. „Wenn der sich noch zwei, drei Zentimeter öffnet, kann’s losgehen... Ich schätze mal, das dauert keine Stunde mehr.“
„Was? Noch eine Stunde?!“ Annika war entsetzt. „Das halte ich keine fünf Minuten mehr aus!“ Und schon stöhnte sie wieder, dass es einem durch Mark und Bein ging.
Sascha verschränkte die Arme. Wer fragte eigentlich danach, wie lange er das hier noch aushielt?
*
Bonn, Maxstraße - 17.15 Uhr
Als Benjamin Fiedler ihnen die Haustür aufdrückte, holte Andreas sein Handy heraus und fragte bei Petra nach, ob Jakob Valoschek auch zu Hause war. War er.
Na, wenigstens das klappte. Zufrieden hielt Andreas Manfred die
Weitere Kostenlose Bücher