Der Teufel in uns - Mord in Bonn
kennengelernt und die ihn am Vortag verfolgt hatte. Aus purer Begeisterung? Jedenfalls lag polizeilich nichts gegen sie vor. Sascha hatte am Nachmittag eine Verabredung mit ihr. Vielleicht konnte er seinen berühmten Charme ins Spiel bringen und ihr ein paar Insider-Informationen entlocken.
Andreas trank Kaffee, wobei er sich fast die Zunge verbrannte, holte sich Papier und Stift aus der Schublade und begann, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ob der ermordete Baum und der ermordete Voss nicht doch etwas gemeinsam hatten, das ihm bisher entgangen war.
*
Sankt Augustin - 11.00 Uhr
Sascha freute sich darauf, seinen Sohn nach Hause zu holen. Er war gespannt auf das neue Familienleben, denn die Berichte von frischgebackenen Vätern aus dem Kollegen- und Bekanntenkreis reichten von großer Verzückung bis hin zu wahren Horrorgeschichten.
Der Einfachheit halber wurde in der Kinderklinik zu Mittag gegessen. Dann packte Sascha Annika und Gabriel ins Auto mit eigens angeschafftem Babysitz und kutschierte die kostbare Fracht besonders vorsichtig nach Hause. Annikas Mutter fuhr hinter ihm her.
Gabriel schlief im Auto ein und zu Hause in seiner liebevoll ausgestatteten Wiege zufrieden weiter.
Nach ausführlicher Besprechung fuhr Sascha zusammen mit Annikas Mutter einkaufen. Wieder zurück, erzählte Sascha endlich von seinem dienstlichen Termin um 15.30 Uhr. Er müsse sich unter falschem Namen mit einer Art Zeugin treffen, die er auszufragen gedachte.
Annikas Mutter guckte ein wenig missbilligend, aber Annika, die erschöpft wirkte und sich kaum geschminkt hatte, nickte, schaute verständnisvoll und stellte klar: „Ich habe gesagt, dass ich mich mit deiner Arbeit arrangiere, und das werde ich auch tun. Quetsch du ruhig mal deine Verdächtige aus. Ich lege mich gleich ein bisschen hin. Mami, du kümmerst dich doch um alles, oder?“
Sascha begriff allmählich, wofür ,Mamis‘ gut waren und nahm sich vor, seiner Mutter in nächster Zeit einfach so einen Blumenstrauß vorbeizubringen.
Um drei Uhr fuhr er los, stellte den Wagen in einer Parkgarage ab und ging zu Fuß zum Friedensplatz. Es war sonnig und warm, einzelne, weiße Wolken segelten über den Himmel. Ein leichter Wind raschelte durch das dichte Laub der vielen Bäume auf dem Platz. An der Bushaltestelle lärmten ein paar Schüler.
Sascha musste nicht lange auf Ramona warten. Sie sah aus, als käme sie frisch vom Friseur, und ein wenig Farbe auf den Wangen und den schmalen Lippen machte sie gleich einen Hauch attraktiver. Sie hatte sich sogar einen kurzen Jeansrock und ein grünliches Shirt angezogen.
Sascha begrüßte sie zurückhaltend mit Handschlag und erzählte ihr, er als armer Künstler könne sie nur zu einem Fast-Food-Imbiss einladen, woraufhin Ramona sofort anbot, auf ihre Kosten in einem richtigen Restaurant zu essen. Schließlich habe er ihr das Leben gerettet. Sascha nahm das Angebot an.
Das Lokal war klein, schummrig und mit rustikalen Holzmöbeln ausgestattet. Sie bestellten, und Ramona kam gleich auf Filme zu sprechen.
Sascha war überrascht, was für Filme sich das ,graue Mäuschen‘ so ansah. Zuerst plauderte sie über ,Cube 1 bis 3‘. Der erste Teil sei ja wirklich innovativ und unheimlich gewesen, aber den dritten Teil, der alles zu erklären versuchte, fand sie einfach nur Mist – man müsse halt nicht immer alles erklären wollen.
Sascha stimmte ihr zu. Dann ließ sie sich über ,Saw 1 bis 3‘ aus. Auch hier hatte ihr der dritte Teil überhaupt nicht gefallen, deshalb hatte sie sich die restlichen Teile erst gar nicht angeguckt. Dann verlor sie ein paar Worte zu ,The Hills Have Eyes, Teil 1 und 2‘, sowie zu ,Wrong Turn, Teil 1 und 2‘, die sie alle vier als reichlich unlogisch und irgendwie läppisch abtat.
„Darf ich mal fragen, warum du dir solche brutalen Schocker antust? Jonas wäre entsetzt“, meinte Sascha.
Ramona verzog ihren kleinen, dünnen Mund zu einem ziemlich bitteren Lächeln. „Das war vor Jonas. Aber ich sehe das auch nicht so eng, ich weiß doch in jeder Sekunde, dass das alles nicht echt ist. Und die Wirklichkeit ist sowieso viel brutaler.“
„Du musst ja schlimme Dinge erlebt haben.“
„Na ja...“ Sie senkte den Blick. „Ich bin überwiegend im Heim aufgewachsen. Von dort kenn ich auch Benny und Jakob. Zwischendurch war ich immer mal wieder in verschiedenen Pflegefamilien.“ Während sie weiterredete, wanderte ihr Blick durch das Lokal, und es war ein Blick voller Abscheu, wenn nicht gar
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