Der Teufel in uns - Mord in Bonn
festzuhalten, einem schweren, eichenen Möbelstück, und mühte sich ab, sich aus der Umklammerung zu befreien.
Aber die Frau, tatsächlich nicht die Schwächste, zog so kraftvoll an ihrer Taille, dass Elfriede mitsamt dem Esstisch Stückchen für Stückchen über den Teppichboden nach hinten rutschte. Plötzlich schien die Frau die kräftezehrende Arbeit leid zu sein, denn für eine Sekunde ließ sie Elfriede los und trat ihr dann mit solcher Wucht in die Kniekehle, dass Elfriedes rechtes Bein einfach wegknickte, und sie seitwärts zu Boden stürzte.
Vergeblich versuchte sie, sich am Tisch festzuhalten, und als sie aufschlug, schoss ein Schmerz wie von einem Stich mit dem Messer durch ihre Hüfte. Hörte sie nicht sogar, wie es knackte? Elfriede stieß einen ächzenden, pfeifenden Laut aus und blieb erst einmal reglos auf der Seite liegen.
Die Frau kniete neben ihr nieder und – und genau in diesem Augenblick klingelte jemand an der Haustür. Eine Schrecksekunde lang erstarrte nun auch die Verbrecherin. Bis Elfriede endlich den Mund öffnete und um Hilfe schreien wollte. Da griff die Frau zum nächstbesten Stuhlkissen und drückte es Elfriede von der Seite auf den Mund.
Elfriede rollte sich ganz auf den Rücken und begann, sich zu wehren und um sich zu schlagen, wobei sie den Schmerz in der Hüfte kaum noch wahrnahm. Von fern hörte sie ein Klopfen an der Tür, das sich auf ganz grässliche Weise mit dem Pochen ihres Herzens verband, und sie hörte ein undeutliches, schwächer werdendes Rufen: „Elfriede? Ist alles in Ordnung? Hallo? Hier ist Hildegard! Elfriede, bist du da?“
Dann noch ein Klingeln, das irgendwie wegdriftete...während Elfriede nach Luft rang und ihre Hände ins Leere griffen, während sie schwächer wurde und ihre Arme herabsanken, und ihr Bewusstsein davonsickerte... Bis plötzlich – vielleicht Sekunden, vielleicht Minuten später – ein sehr tiefer Atemzug Elfriedes Brust emporhob, und im gleichen Moment ein warnender Überlebensinstinkt ihr in ihrem Inneren zurief: Achtung! Vorsicht! Beweg dich nicht!
Also bewegte sich Elfriede nicht, lag schlaff da und fragte sich, wie lange sie bewusstlos gewesen war, denn irgendetwas war jetzt anders als vorhin. Das leicht muffig riechende Kissen lag jetzt locker auf ihrem Gesicht, niemand presste es ihr mehr auf Mund und Nase. Wo war die Frau?! Die Frau, die ihr Geld haben wollte! War sie noch in der Nähe?
Elfriede schaffte es fast nicht, sich das Kissen nicht vom Gesicht zu reißen. Aber etwas in ihr rief dauernd: Beweg dich nicht! Stell dich tot! Hör genau hin!
Es waren nicht ihre Ohren, die als erste etwas zu vermelden hatten, es war ihr restlicher Körper, der sich beklagte: In ihrer rechten Hüfte wühlte ein dumpfer Schmerz, der gerade noch auszuhalten war, vermutlich nur, solange sie sich nicht bewegte. Also gut, ein weiterer Grund, still liegen zu bleiben. Und jetzt konzentrier dich auf deine Umgebung!
Elfriede atmete so flach und geräuschlos wie möglich und lauschte. Ihr Gehör war nicht mehr das Beste, aber hier unten schien die Frau nicht zu sein. Vielleicht oben, in ihrem Schlafzimmer, wo das Geld versteckt war?
Wie zur Bestätigung polterte oben etwas zu Boden.
Elfriede drehte ganz langsam und behutsam den Kopf ein wenig zur Seite, damit sie unter dem Kissen mehr Luft bekam. Was sollte sie tun? Weiter die Tote spielen oder versuchen, das Telefon oder ihren Notrufknopf zu erreichen? Wie weit würde sie mit ihren gebrochenen Knochen wohl kommen? Was, wenn die Frau genau in dem Moment von oben zurückkehrte, in dem Elfriede eben wieder auf den Füßen stand? Falls sie das überhaupt schaffte.
Nein, sich tot stellen und warten, bis die Frau weg war! Das war weniger anstrengend, und lange dauern konnte es auch nicht mehr. Doch plötzlich kam Elfriede noch ein anderer Gedanke, ein schrecklicher Gedanke: Was, wenn die Frau, bevor sie das Haus verließ, nachprüfte, ob Elfriede wirklich tot war? Und was würde die Frau tun, wenn sie merkte, dass Elfriede noch lebte?
Vor lauter Entsetzen atmete sie schneller, bekam kaum noch Luft unter dem verflixten Kissen, und es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte es doch von sich geschleudert!
Aber wieder ermahnte sie ihr Instinkt, ruhig zu bleiben. Es war völlig unlogisch zu denken, die Frau würde nachprüfen, ob Elfriede noch lebte! Sie musste so schnell wie möglich weg, sobald sie das Geld hatte. Und Elfriede hatte ja kaum etwas von ihr gesehen, die Frau war doch verkleidet
Weitere Kostenlose Bücher