Der Teufel kommt raus: Kriminalroman
Fensterputzmittel-Flaschen bewaffnet, schwitzen stark und schubsen einander rabiat, um zu sehen, wer als Erster über meine Windschutzscheibe herfallen kann.
Als sie etwa zwei Schritte vom Wagen entfernt sind, schalte ich meine Scheibenwischer ein. »Seht nur, Kumpels«, sage ich laut aus dem Fenster. »Ich hab schon zwei davon.« Als die Ampel auf Grün schaltet und ich langsam losfahre, sehen mir die Cracksüchtigen wütend nach.
»Das war nicht besonders toll«, sagt Yolanda leise.
»Was haben Sie gesagt?«
»Ich sagte, was Sie gerade mit den beiden gemacht haben, war nicht so toll. Wenn ich ganz ehrlich sein soll, war das irgendwie arschlöchrig.«
Perplex schalte ich vom zweiten in den dritten Gang und malträtiere dabei das Getriebe, das mich prompt mit einem
Knirrsch
grüßt, was mir sonst nie passiert. Natürlich hat sie völlig Recht. Ich bin bloß überrascht, deshalb zur Ordnung gerufen zu werden. Und darüber, dass ich das getan habe, denn es sieht mir gar nicht ähnlich. Vielleicht wollte ich nur angeben.
»Na ja, sie bieten ja eigentlich keine Waren oder Dienste an«, antworte ich gereizt. »Warum sollte ich ihnen Geld geben, wenn mein Wagen eine Scheibenwischanlage und einen Vorratsbehälter voller Flüssigkeit hat?«
»Darum geht es nicht, Darryl«, sagt Yolanda im selben, neutralen Ton. »Es geht darum, dass Sie den beiden ihre Würde genommen haben. Ich gebe ihnen auch kein Geld, aber wenn man sie abweist, muss man das nicht so tun, dass sie sich scheiße fühlen. Durch das, was Sie für mich und Jamal getan haben, weiß ich, was für ein Mensch Sie wirklich sind«, fährt sie fort. »Das da hinten an der Ampel war nicht der echte Darryl.«
»Schuldig im Sinne der Anklage … Mutter Theresa.«
»Wohl kaum.« Yolanda lacht. »Sie werden schon noch rausfinden, was für eine Frau ich bin«, fügt sie geheimnisvoll hinzu.
»Sie drohen mir?«, frage ich und grinse breit. »Oder ist das ein Versprechen?«
»Nur eine Tatsache«, antwortet sie sachlich.
Darryl, da hast du dir ein echtes Energiebündel angelacht. Yolanda hält mich definitiv auf Trab.
Sobald wir am HarborPlace ankommen, krame ich drei Dollar aus meiner Geldbörse und kaufe einem Blumenverkäufer eine langstielige Rose ab. Yolanda hebt vor lauter Freude fast ab, als ich mich vor ihr verbeuge und ihr die Rose überreiche. Noch nie haben drei Dollar so viel Freude bereitet oder waren jemals so gut angelegt.
Ein eigenartiges Aroma weht über das ruhige schwarze Wasser des Hafens zu uns herüber. Es ist der Geruch von brennendem Holz und kommt von einem Holzofen-Restaurant, Dolore’s, das direkt am Ufer liegt. Da wollen wir hin.
Als wir durch die Tür schlendern, begrüßt uns ein junger Weißer, dessen rote Haare ordentlich zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden sind. »Ein Tisch für zwei?«, fragt er liebenswürdig und wirft Yolanda einen bewundernden Blick zu. Ich nicke, und er fährt mit dem roten Radiergummi seines Bleistifts über einen Sitzplan.
Heute muss mein Glückstag sein – ohne Reservierung bekomme ich einen Tisch draußen auf der Terrasse, wo Yolanda und ich die Leute beobachten können, die über die Hafenpromenade schlendern. Schwarze, Weiße, Junge, Alte, Liebespaare und Leute, die ihre Hunde Gassi führen oder allein vorbeispazieren, die allesamt den wunderschönen Sommerabend genießen.
Ich spüre, dass Yolanda mich ansieht.
»Das ist auch eine meiner liebsten Freizeitbeschäftigungen«, sagt sie, wie immer auf meiner Wellenlänge.
»Leute gucken, meinen Sie?«
»Ja. Zum Beispiel der Typ gleich da drüben mit Brusthaaren wie ein Gorilla und der Gartenschlauch-Goldkette. Der hat zu Hause bestimmt Töchter, die älter sind als seine Begleiterin.«
»Was macht Sie so sicher, dass sie nicht seine Tochter ist?«
Yolanda starrt mich ungläubig an. »Kommen Sie, Mr. Argus-auge. Frauen in dem Alter halten nicht mit ihrem Vater Händchen. Und Väter und Töchter sehen sich nicht so tief in die Augen … es sei denn, da ist irgendwas Anormales im Gange.«
»Ich stelle nur Ihre Beobachtungsgabe auf die Probe. Sie kriegen eine Eins. Und warum ist er mit dem zarten jungen Ding zusammen?«
»Midlife-Crisis, Trophäen-Geliebte – ganz klassisch. Er hat seiner faltigen Orangenhautkönigin von Exfrau den Laufpass gegeben, weil sie ihn daran erinnert, dass er keine neunzehn mehr ist.«
»Das ist immerhin eine Möglichkeit«, sage ich, als eine Kellnerin auf unseren Tisch zusteuert. »In Wahrheit hat er sich
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