Der Teufel kommt raus: Kriminalroman
Sie noch irgendwelche Fragen haben, können wir später darauf zurückkommen.«
Nach diesem Vortrag verzieht sich Merriwether.
Du arroganter, anmaßender, feiger, talentloser Kotzbrocken von Arschkriecher! Ich würde mit Freuden auf diesen Job verzichten, nur um das Vergnügen zu haben, ihn vor die Tür zu zerren und auf dem Angestelltenparkplatz einzustampfen. Das ist einfach ungerecht. Es ist
un
gerecht, gottverdammt.
Ich habe nie behauptet, ein journalistisches Genie zu sein, aber nach sieben Jahren in diesem Metier bin ich recht ordentlich. Ich weiß verdammt gut, dass meine Schreibe und meine Recherche überdurchschnittlich sind. Du Dreckskerl!
Ich stakse aus der Redaktion und rempele dabei fast Mad Dawg um, der auf dem Weg zu einem Nachmittagsspiel der Orioles ist, über das er berichten soll.
»Was geht, Kumpel? Immer noch am Ausflippen?«
Ich knurre etwas Unverständliches und rausche an ihm vorbei. Dawg hat eine Entschuldigung oder eine Erklärung verdient, keine Frage. Aber nicht jetzt. Darum kümmere ich mich später.
Kochend vor Wut stolziere ich zum Aufzug und hämmere auf den Knopf fürs Untergeschoss. Als sich die Fahrstuhltür schließt, will ich ihr einen Tritt versetzen, bremse mich aber noch in letzter Sekunde. Warum soll ich mir den Zeh brechen, nur weil Merriwether mein Talent nicht erkennt? Und ein Arschloch ist? Würde es etwas ändern, wenn ich mit einem Gipsverband herumhumpelte?
Die Fahrstuhltür öffnet sich, und vor mir erstreckt sich der höhlenartige Druckraum in den Tiefen des Gebäudes. Sechs stillstehende, doppelstöckige Druckpressen ragen vor mir auf wie schwergewichtige Wachposten. Neben einer davon steht ein älterer Drucker mit einem Werkzeugkoffer und einer Ölkanne und führt routinemäßige Wartungsarbeiten durch. Er dreht sich kurz um, um zu sehen, wer in sein Reich eingedrungen ist, und macht sich wieder an die Arbeit. Hier unten ist es still wie in einer Kirche.
Nach dem dritten Versuch nimmt der Getränkeautomat im Pausenraum der Druckereiarbeiter meinen knittrigen Dollarschein an und rückt eine kalte Traubenlimo heraus. Ich setze mich in den Pausenraum, der nach altem Zigarettenrauch stinkt, und lege mir die Getränkedose in den Nacken. Und schließe die Augen.
Mir kommt ein Gedanke, der Merriwether in den Hintergrund drängt, wo er auch hingehört. Wenn Blumberg tot ist, haben es diese Deppen vielleicht wirklich auf das NAACP abgesehen!
Mir den Nacken immer noch mit der Getränkedose kühlend, steige ich wieder in den Fahrstuhl und drücke auf den Knopf für die vierte Etage. Blumberg ist zwar tot, aber ich kann mich wenigstens ans Telefon klemmen und jemanden wegen der Drohung gegen das NAACP warnen.
Als der Fahrstuhl das Erdgeschoss erreicht, hält er an, und die Tür öffnet sich. Herein treten ein grimmiger leitender Redakteur Walter Watkins und der geniale Verleger des
Herald
, Francis Birch. Beide tragen Poloshirts, Shorts und Golfschuhe. Blumbergs Erschießung hat sie vom Golfplatz weggeholt.
»Hallo, Darryl«, sagt Watkins mit der ernsten Miene eines Menschen, der auf dem Weg zu einem Staatsbegräbnis ist. »Sieht so aus, als wäre Ihnen eine Wahnsinnsstory in den Schoß gefallen.«
»Tja, so seh ich das auch, Mr. Watkins«, sage ich langsam und wähle meine Worte mit Bedacht. »Aber Merriwether hat sie dem Rathaus-Reporter gegeben.«
Watkins wackelt mit der unangezündeten Telefonmast-Zigarre zwischen seinen Zähnen. »Interessant«, sagt er unverbindlich. »Ichspreche mit Tom darüber. Schade um den alten Shel. Ist in seinem Wagen in den Kopf geschossen worden.«
Ich nicke und lasse mir nicht anmerken, dass dies das erste Detail ist, das mir zu Ohren kommt.
Eine rote Vier leuchtet im Fahrstuhl auf, und Watkins hält für Birch die Tür auf und lässt auch mich vor. »Zeit, loszulegen, Kleiner.« Er zwinkert mir zu. »Sie haben eine große Story am Wickel.«
Wie du meinst, Großer. Leg Merriwether übers Knie, wenn es sein muss, aber sorg dafür, dass ich bekomme, was mir rechtmäßig zusteht. Und zwar den Aufmacher in der morgigen Ausgabe. Sonntags verkauft der
Herald
230 000 Exemplare; es ist der Tag mit der höchsten Auflage.
Wieder an meinem Schreibtisch, nehme ich den Hörer ab und wähle die Nummer des Bombenentschärfungskommandos bei der Polizei.
»Sergeant East, Polizeiliche Taktik und Bombenentschärfung. Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Hier ist Darryl Billups, ich bin Polizeireporter beim
Herald
. Ich rufe an, um eine
Weitere Kostenlose Bücher