Der Teufel kommt raus: Kriminalroman
aussuchte.
Das gilt auch für Stef. Und besonders für dich, Darryl, du scheinheiliger, selbstgerechter Vollidiot.
Ich zeig’s euch allen, denn einen tüchtigen Mann mit einem Ziel hält niemand auf
.
Cornelius konnte es kaum erwarten, zum
Herald
zu kommen, um seinen Plan zu vollenden.
KAPITEL ACHTZEHN
Die Jahre des Stiefelleckens und des unterwürfigen Gebarens haben sich endlich ausgezahlt: Cornelius Lawrence wird zum stellvertretenden Leiter der Lokalredaktion befördert.
Die Bekanntmachung ist noch nicht mal am schwarzen Brett angeschlagen, doch an dem selbstzufriedenen, breiten Grinsen in Cornelius’ Gesicht erkenne ich, dass es stimmt. Er telefoniert gerade und schwatzt aufgeregt mit jemandem.
»Vielleicht hat es auch was Gutes«, sagt Mad Dawg Murdoch, der vor meinem Schreibtisch steht, hoffnungsvoll. »Vielleicht hat er die Onkel-Tom-Nummer nur abgezogen, um den Posten zu kriegen, und sobald er ihn hat, tritt er für unsere Sache ein.«
Ich verdrehe böse die Augen. »Genau dasselbe haben sich viele von Clarence Thomas erhofft. Hat sich sein Verhalten irgendwie geändert?«
»Hey, Bruder, ich versuche nur, der Sache was Positives abzugewinnen. Es kann nicht nur schlecht sein.«
»Für dich vielleicht nicht, Dawg«, antworte ich seufzend. »Du bist ja auch im Sportressort.«
»Recht hast du«, sagt Dawg und gluckst voll boshafter Schadenfreude. »Und ich bin froh darüber, denn sonst müsste ich diesem Möchtegern-Weißen nämlich eine scheuern. Aber du bist derKing. Wenn irgendwer unseren Kumpel bekehren und ihm den Irrtum seiner apologistischen, Weiße besänftigenden Einstellung aufzeigen kann, dann du. Ich glaube an dich, mein Bruder«, sagt Dawg und schlägt sich auf die Brust.
Ich lache. »Hau endlich ab, okay? Geh zurück zur Sport-plantage, wo nie ein ermutigendes Wort zu hören ist.«
»
Yassuh
, Boss«, sagt Dawg. »Aber wart bloß ab, bis der Sklaventreiber dich in die Finger kriegt. Oje, oje.«
Der Sklaventreiber fürwahr. Ich weiß, dass eine der ersten Amtshandlungen von Cornelius sein wird, einen Bruder oder eine Schwester richtig schön zusammenzustauchen, um seine Unparteilichkeit unter Beweis zu stellen. Und wage ich angesichts der grenzenlosen Achtung und Bewunderung, die Cornelius und ich einander entgegenbringen, überhaupt noch zu fragen, wer sein erstes Opfer sein könnte?
Während ich Cornelius beobachte, muss ich mir auch ein wenig Neid eingestehen. Denn wenn ich meinen Traum, eine Zeitung zu leiten, je verwirklichen will, muss ich jenen ersten Schritt in die Geschäftsleitung machen, wie Cornelius es gerade getan hat.
Der weiße Rauch weht offiziell aus dem Schornstein, als Merriwether eine innerbetriebliche Mitteilung an das schwarze Brett in der Redaktion heftet. Cornelius besetzt die Stelle, welche Barbara Rubenstein freigemacht hat, die auf der Erfolgswelle ihres Daddys zur
New York Times
mitschwimmt. Innerhalb von Minuten bekomme ich fünf E-Mail-Nachrichten von schwarzen Reportern, die Cornelius’ möglicher negativer Einfluss auf ihre Karriere nervös macht.
Ein ständiger Strom aus Gratulanten, ausnahmslos Weiße, marschiert zu Cornelius’ Schreibtisch, um ihm zu gratulieren. Wenn ich großmütiger wäre, würde auch ich zu ihm rübergehen und ihm die Hand reichen. Aber – Gott vergib mir – zu meinen Schwächen gehört, dass ich wahnsinnig nachtragend sein kann. Und wenn jemand mir unmissverständlich zu verstehen gegeben hat, dass er nicht auf meiner Seite ist, kann er mir gestohlen bleiben.
Zudem würden Glückwünsche von einem schwarzen Journalistenkollegen jemandem wie Cornelius nichts bedeuten. Deshalb bleibe ich an meinem Schreibtisch sitzen und gebe vor, nichts von dem mitzukriegen, was sich drei Schreibtische weiter abspielt.
Tsch-tsch-tsch-tschääääng! Tsch-tsch-tsch-tschäääng!
Nach dem zweiten nervigen Klingeln reiße ich den Hörer vom Telefon auf meinem Schreibtisch.
»Hallo, Darryl.« Der Androgyne, der heute ungewöhnlich kühl und leidenschaftslos klingt. Ich schnappe unwillkürlich nach Luft. Diese Anrufe verheißen nie etwas Gutes, nur Tod und Ungemach.
»Wiederhören macht Freude. Welche Freudenbotschaft überbringen Sie mir heute?«
Ich taste leise herum und schließe mein Diktiergerät an die Telefonleitung an, damit ich den Rest des Gespräches auf Band aufnehmen kann.
»Wo sind Sie jetzt?«, frage ich.
»Ach, Darryl!« Ein helles Lachen perlt aus dem Hörer. »Sie geben niemals auf, was? Ich bin an einem
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