Der Teufel mit den blonden Haaren
verlieben sollte, dann muß es eben — ein Mann sein.“
Peng! dachte sie, als sie die Tür hinter sich schloß, das war eine Mine mit Zeitzünder. Mal sehen, ob sie losgeht...
Sie holte sich Sabines Ozelotmantel und machte sich auf, irgendwo in der Gegend ein Telefon zu finden. Sie wollte unbedingt noch einmal mit Otto über ihre Handtasche sprechen. Vor allem auch darüber, was Freddy heute nacht hier draußen gewollt hatte.
*
Die Schneeglätte auf den Straßen machte es dem Kriminalassistenten Walther Scheurich unmöglich, schnell zu fahren.
„Der Chef wird auf hundert sein, wenn ich so spät komme“, sagte er ärgerlich zu Sabine, die neben ihm saß.
„Immer der Chef“, gab sie spitz zurück. „Ob ich auf hundert bin, weil es uns jedesmal das Wochenende verhagelt, danach fragst du nicht.“
„Doch!“ sagte er ärgerlich. „Doch, danach frage ich auch. Und ich frage mich, ob du überhaupt begreifst, daß ich kein Buchhalter bin, der feste Bürostunden hat. Ich kann doch nichts dafür, daß heute nacht ein Kerl geschossen hat. Entweder du gewöhnst dich dran, oder...“
„Oder?“
Er lächelte plötzlich.
„Ach was, ist doch alles Käse. Wozu sollen wir auch noch streiten, wenn wir schon so wenig Zeit für uns haben.“
Sabine deutete auf einen Wegweiser.
„Du kannst über Ascholding fahren, dort steht mein Wagen in der Werkstatt, vielleicht ist er fertig, und dann bist du früher in München.“
Er grinste breit.
„Will ja gar nicht früher in München sein, Binchen. Ich bring dich heim, so kann ich dich noch eine Viertelstunde länger genießen.“
Etwa zehn Minuten später begegnete ihnen in einer Kurve im Walde ein Mädchen.
„Da!“ rief Sabine überrascht. „Schau mal — die trägt meinen Mantel!“
Walther Scheurich warf nur einen kurzen Blick auf das blonde Mädchen am Straßenrand.
„Solche Mäntel gibt’s doch genug. Wie sollte sie ausgerechnet zu deinem Mantel kommen!“
„Komisch“, sagte Sabine nachdenklich. „Hier gehen doch sonst keine Leute spazieren. Höchstens Tante Antonie, die läuft jeden Tag zwei bis drei Stunden. — Da steht auch nirgendwo ein Auto, Walther.“
Sie fuhren weiter und sprachen nicht mehr über das Mädchen im Ozelotmantel, nach dem der Kriminalassistent Walther Scheurich schon kurze Zeit später verzweifelt suchen würde...
„Kommst du einen Sprung mit ‘rein?“ fragte Sabine, als Walther vor dem Hause Sonneck hielt. „Nur einen Sprung?“
Er schaute auf die Uhr.
„Geht nicht mehr, wenn der Alte böse ist, wird er unerträglich. Ich rufe dich an, und wenn es geht, komme ich heute abend noch heraus, ja?“
„Hoffentlich...“
*
Es kam Gabriele vor, als marschiere sie auf einer zwar gepflegten, aber unendlich einsamen Straße durch Sibirien. Nichts als verschneite Wälder und Wiesen, die einzige Abwechslung und zugleich Erinnerung an Zivilisation bildeten die paar Autos, die hier gelegentlich fuhren. Nein, dachte sie, wenn man auf dem Lande lebt, muß man Autos haben, um in die Stadt zu fahren.
Endlich entdeckte sie weit vorne ein paar Häuser, ein Dorf. Sie las den Ortsnamen ASCHOLDING und entdeckte gleich eine Autowerkstätte. Telefon, dachte sie, werden die wohl haben.
Sie stapfte über den tief verschneiten Hof, an einem Vordach vorbei, unter dem ein knallroter Kleinwagen stand.
„Hallo, Fräulein Mercker!“ rief jemand hinter ihr. Sie drehte sich um, ein junger Mann in einer kurzen Pelzjacke kam auf sie zu, stutzte und sagte lachend: „Verzeihung, ich habe Sie mit einer Kundin verwechselt. Der Wagen hier gehört ihr. — Haben Sie eine Panne?“
Gaby schüttelte den Kopf und musterte ebenso schnell wie gründlich diesen jungen Mann. Ein hartes Leben hatte sie gelehrt, Männer in zwei Gruppen einzuteilen: in solche, die sich in sie verlieben konnten und in andere. Dieser junge Mann würde es können, entschied sie befriedigt und sagte:
„Nein, ich habe keine Panne. Ich gehe nur spazieren. Aber ich habe mich verspätet, kann ich hier mal telefonieren?“
„Natürlich“, nickte der junge Mann, ein langer, kräftiger Bauernbursche, „drin im Haus — oder lieber hier in der Werkstatt, da hört niemand mit.“
Er öffnete einen Torflügel, ließ Gaby eintreten und zeigte ihr das Telefon, dann verschwand er diskret.
Gaby wählte Ottos Nummer und war erleichtert, die rauhe, brummige Stimme zu hören.
„Hallo Otto, hier ist Gaby. Gibt’s was Neues?“
„Wie man’s nimmt“, brummte der Gastwirt. „Der
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