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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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ungefähr die Ausmaße eines Tennisplatzes hatte und heute die Kulisse für einen rechteckigen Tisch mit 24 Gedecken abgab. Robert Isabell war sein Geld wert, kein Zweifel. Er war der New Yorker Partyplaner, der einzige, der mit traumwandlerischer Sicherheit stets genau den richtigen Ton traf und dabei kein Detail außer Acht ließ: immer auf der Höhe der Zeit, ohne jedem x-beliebigen Trend hinterher zu hecheln, schöpfte er aus dem Vollen, ohne je zu dick aufzutragen, und war herausragend, ohne es auf die Spitze zu treiben. Miranda ließ jede ihrer Veranstaltungen von Robert inszenieren, aber ich kannte seine Arbeit bisher nur von der Party zum zehnten Geburtstag von Cassidy und Caroline. Dazu hatte er Mirandas im Kolonialstil gehaltenes Wohnzimmer in eine schicke Downtown-Lounge verwandelt (tutti completti mit einer Bar für Softdrinks – aus Martinigläsern natürlich -, üppig gepolsterten Wildledersitzgarnituren und einem marokkanisch anmutenden, beheizten Tanzzelt auf der Terrasse), aber das hier verschlug mir wahr und wahrhaftig den Atem.
    Alles erstrahlte in Weiß. Zart weiß, samtig weiß, blendend weiß, körnig weiß und satt weiß. Aus der Mitte des Tischs (so hatte es den Anschein) sprossen köstlich üppige, milchweiße Pfingstrosensträuße in genau der richtigen Konversationshöhe. Elfenbeinweißes Porzellan, in sich gemustert, ruhte auf frisch gestärktem weißem Linnen, und weiß lackierte Eichenstühle mit hohen Lehnen und weiß gebleichten Wildlederbezügen thronten über einem speziell für den Anlass ausgelegten, dicken weißen Teppich. Weiße Votivkerzen in schlichten weißen Porzellanhaltern bestrahlten die Pfingstrosen von unten (wundersamerweise
ohne sie zu anzukokeln) und verströmten ein bei aller Helligkeit letztlich dezentes, unaufdringliches Licht. Für Farbe im Raum sorgten einzig die ringsum gehängten Leinwände mit kunstvollen Szenen aus der ägyptischen Frühzeit in satten Blau-, Grün- und Goldtönen. Das Reinweiß der Tafel stand in wohl überlegtem, erlesenem Kontrast zu den anrührend detaillierten Bildern.
    Als ich den Kopf drehte, um die superbe Kombination aus jedem Blickwinkel würdigen zu können (»Dieser Robert ist wirklich ein Genie!«), stach mir eine flammende Gestalt ins Auge. Dort in der Ecke, bleistiftgerade, stand Miranda in dem eigens für diesen Abend georderten, auf Taille gearbeiteten und vorgereinigten strassbesetzten Traum von Chanel in Rot.
    Zu sagen, die ganze Chose sei jeden Penny wert gewesen, schien vielleicht etwas anmaßend angesichts der Tatsache, dass die Pennies sich zu mehreren 10 000 Dollar aufaddierten – aber sie sah schlicht atemberaubend aus: ein lebendes Kunstobjekt, mit stolz gerecktem Kinn und makellos gestrafften Muskeln, ein klassizistisches Relief in Perlen und Seide von Chanel. Schön im eigentlichen Sinn war sie mit ihren Knopfaugen, dem streng gefassten Haar und den harten Zügen nicht zu nennen, aber trotzdem übte sie eine ganz unbeschreibliche, unerklärliche Wirkung auf mich aus: So gern ich mir den Anschein gegeben hätte, cool zu bleiben und das Ambiente zu bewundern, ich konnte keinen Blick von ihr wenden.
    Wie üblich riss mich der Klang ihrer Stimme aus meiner Versunkenheit. »Aan-dreh-aa, Sie kennen die Namen und Gesichter unserer Abendgäste? Ich gehe davon aus, dass Sie sich ihre Porträts namentlich eingeprägt haben und mich folglich bei der Begrüßung nicht durch peinliches Gestammel blamieren werden?« Außer der Anrede deutete nichts in ihren Worten und ihrer Blickrichtung darauf hin, dass ich gemeint war.
    »Ähm, ja, ich bin schon einmal durch damit.« Um ein Haar hätte ich salutiert. Und starrte sie weiter an wie unter schwerer
Hypnose. »Ich nehme es mir aber jetzt zur Sicherheit noch mal vor.« Das will ich auch hoffen, du Knalltüte , schien ihr Blick zu sagen. Mit Mühe wandte ich den Blick ab und verzog mich. Ilana folgte mir auf dem Fuß.
    »Was war das da gerade?«, fragte sie im Flüsterton. »Porträts? Redet sie irre?«
    Beide von dem dringenden Wunsch erfüllt, in Deckung zu gehen, verzogen wir uns im nächsten unbeleuchteten Flur auf eine unbequeme Holzbank. »Ach das. Ja – normalerweise hätte ich mich die ganze letzte Woche damit beschäftigt, Bilder von den Gästen aufzutreiben und sie mir einzuprägen, damit ich sie heute Abend alle namentlich begrüßen kann«, erklärte ich. Ilana starrte mich in ungläubigem Entsetzen an. »Aber nachdem sie mir erst heute gesagt hat, dass ich anwesend

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