Der Teufel und die Lady
sein Gesicht. Dunkelrote Blutergüsse zeichneten sich auf seiner Wange ab, und drei tiefe Kratzer bildeten beinahe ein W auf seiner Stirn.
Großer Gott. Ohne nachzudenken hob sie die Hand, um sein Gesicht zu berühren. Das Herz wurde ihr schwer vor lauter Mitgefühl. Das alles war ihre Schuld.
Zorn flammte in seinen Augen auf, und er schlug ihre Hand weg. Obwohl der Schlag nicht besonders heftig ausgeführt war, tat er ihr weh wie ein Messerstich ins Herz.
So kalt und grausam hatte sie ihn noch nie erlebt, nicht einmal, als er sie ausgepeitscht hatte. Damals hatte er nur für die Sicherheit der Burg sorgen wollen, jetzt sah er so aus, als könnte er sie töten, ohne mit der Wimper zu zucken. Ohne Erbarmen, als sei er kein Mensch mehr, nur Hass und Groll.
Sein Haar war lang und ungekämmt, nichts erinnerte mehr an seine früher so makellose Erscheinung. Brennas schlechtes Gewissen wurde noch stärker, weil sie der Grund für diese Veränderung war. „Es … es tut mir leid“, flüsterte sie erstickt. „Ich weiß, Ihr seid böse auf mich, aber …“
„Nein, ich bin nicht böse“, widersprach er ihr sanft, doch die Verbitterung in seinen Augen strafte seine Worte Lügen. „Ich bin rasend vor Wut.“
Ihr wurde übel, als sie erkannte, wie unberechenbar die Lage für sie war. Er führte sie jetzt in einen Olivenhain. Zähneklappernd vor Angst sah sie sich um. Ob sie es versuchen konnte zu fliehen? Nein, das hatte keinen Zweck, er würde sie sofort wieder einfangen. „Ich … ich wollte mich auf die Reise machen, weil ich Euren guten Namen …“
„Schweigt!“, brüllte er. „Sonst reiße ich Euch noch Eure verlogene Zunge aus dem Mund!“
Verzweifelt schlang sie die Arme um ihren Bauch, als wollte sie ihr Kind schützen. Sollte sie ihm gestehen, dass sie in anderen Umständen war? Oder war sein Zorn auf sie so groß, dass er dem ungeborenen Kind schaden zufügen würde?
„Wenn Ihr jetzt nicht still seid, schlage ich Euch bewusstlos und trage Euch über meiner Schulter hängend weiter.“ Er war wie ein verwundetes Tier, halb wahnsinnig in seiner Wut.
Brenna nahm all ihren Mut zusammen und sah ihn an. Einst hatte sie ihn für nichts weiter als ein Ungeheuer gehalten, doch dann hatte er sie eines Besseren belehrt. Er war ein Ehrenmann, weitaus ehrenhafter, als sie sich verhalten hatte. Und diese Flucht hatte sie nur unternommen, weil sie an seine Ehre glaubte. Auch jetzt konnte er sie nicht davon abhalten, eine andere Meinung von ihm zu haben, ganz gleich wie irrsinnig er sich auch gebärdete. Es musste doch noch immer etwas von dem Mann in ihm stecken, den sie gekannt hatte. Vielleicht wollte er ihr die Kehle durchschneiden, doch er gehörte nicht zu den Männern, die so etwas aus reinem Vergnügen taten. „So hört mir doch einfach …“
Sie kam nicht dazu, den Satz zu vollenden, denn er riss kurzerhand einen Stoffstreifen von ihrem Kleid, knüllte ihn zusammen und steckte ihn ihr in den Mund. „Ich habe gesagt, Ihr sollt den Mund halten.“
Brenna begann zu würgen und versuchte, den Stoff auszuspucken.
„Lasst das.“
Sie gehorchte und bedachte ihn mit einem finsteren Blick. Dieser Mann war wirklich unerträglich. Um seine Ehre zu retten, hatte sie heimlich das Kloster verlassen, und er behandelte sie wie ein Barbar. „Hört mich an!“, rief sie ihm zu, aber durch den Stoff wurden ihre Worte unverständlich.
James riss einen weiteren Stoffstreifen von ihrem Kleid ab und band ihn um ihren Kopf, damit der Knebel festsaß. Der Streifen schnitt an ihren Mundwinkeln ein und ziepte an ihren Haaren.
Vielleicht war sie zu viele Nächte einsam gewesen, in denen sie ihn zum Helden verklärt hatte, anstatt den Mann so zu sehen, wie er wirklich war. Mit einem resignierten Seufzen folgte sie ihm, als er sie weiter durch den Wald zerrte.
Irgendwann würde er sich sicher beruhigen und ihr gestatten, ihm alles zu erklären.
„Willkommen auf der Fahrt in die Hölle“, spottete James und schob Brenna die Rampe zu seinem bereits wartenden Schiff hinauf. Es war ein großes Schiff mit drei Hauptsegeln und zwei kleineren.
Brenna wimmerte leise, als er sie mit sich über das Deck und die Stufen hinunter zu seiner Kajüte zog. Dort nahm er ihr endlich den Knebel ab.
„James …“
Er schlug die Tür hinter ihr zu und schloss sie ab, ehe er wieder zum Hauptdeck hinaufstieg, wo er Brennas Hämmern gegen die Tür nicht hören konnte. Er wollte auch nicht hören, wie sie um Gnade bettelte. Sie war seine
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