Der Teufel und die Lady
Auftrag geben. Das ist eine lebhafte Handelsstadt, viele Fremde besuchen hier die Kathedrale.“
Die widersprüchlichsten Empfindungen strömten auf sie ein, als sie begriff, was James vorhatte und was das für sie bedeutete. Sie hatte immer nur an einen kleinen Markt gedacht, an den Triumph, ihre Werke in der Kirche ausstellen zu können. Er hingegen dachte viel, viel weiter.
„Ich bin Kaufmann, Brenna, und handele schon seit vielen Jahren mit Waren. Ihr könnt Euch auf mein Urteilsvermögen in dieser Angelegenheit verlassen.“
Noch nie hatte jemand ihre Kunst ernsthaft unterstützt. Sein Glaube an sie bewirkte, dass sie sich plötzlich schäbig fühlte. „Mein Bruder kommt“, platzte sie mit der Wahrheit heraus, aber im selben Moment hätte sie sich ohrfeigen mögen. Wie konnte sie nur ihre Familie verraten?
„Euer Bruder?“
„Ja. Er bringt eine Armee mit und will die Burg in zwei Wochen angreifen und belagern.“
James wich vor ihr zurück. Brenna folgte ihm und legte ihm die Hand auf die Brust. Sie wollte, dass er sie verstand.
„Das habt Ihr so geplant“, warf er ihr vor.
„Nein! Ich habe es selbst eben erst erfahren …“
„Mylord, Mylord!“ Ein Gassenjunge in zerlumpter Kleidung rannte auf sie zu. „Der Bergfried steht in Flammen! Bitte beeilt Euch!“
22. KAPITEL
Eine eiskalte Furcht bemächtigte sich ihrer, als James ihre Hand packte und losrannte.
Er stürmte durch die Straßen und Hinterhöfe, immer weiter auf die Burg zu. Der quälende Gedanke, ihr Vater könnte zurückgekehrt sein, ging Brenna nicht aus dem Kopf, während sie völlig außer Atem versuchte, mit ihrem Gemahl Schritt zu halten. An diese Möglichkeit wollte sie gar nicht erst denken.
Inzwischen hatten sie die Hauptstraße erreicht. Nur noch eine halbe Meile bis zur Burg.
Eine hohe, schwarze Rauchsäule erhob sich in den Abendhimmel; sie ging vom Nordturm aus, wo sich Brennas Kammer befand. Der Geruch nach Rauch und Asche hing in der Luft.
„Verdammt, warum haben wir nur nicht die Pferde genommen“, fluchte James und rannte noch schneller. Brenna stolperte, sie kam einfach nicht mehr mit. Ohne stehen zu bleiben, hob James sie kurzerhand hoch und trug sie. Sie klammerte sich verzweifelt an ihn, denn ihr zusätzliches Gewicht schien ihn nicht weiter zu beeinträchtigen; er lief mittlerweile sogar noch schneller.
Der beißende Rauchgeruch brannte in ihren Lungen, und sie sah Flammen aus dem Fenster ihrer Kammer züngeln. Die Bediensteten hatten bereits eine Schlange gebildet, um Wasser in Eimern vom Brunnen zum Turm zu befördern.
Großer Gott.
Ihre Gemälde.
Ihre ganze Arbeit.
Ihr Zubehör.
Alles, was in ihrem Leben für sie wichtig war, befand sich in diesem Turm. Brenna geriet in Panik. Als sie das Burgtor passiert hatten, begann sie, gegen James’ Brust zu hämmern, und er ließ sie herunter. Ohne Rücksicht auf ihre eigene Sicherheit eilte sie auf die Treppe zum Turm zu.
James packte sie gerade noch am Handgelenk und hielt sie zurück. „Nicht, Gemahlin. Es ist zu gefährlich.“
„Meine Gemälde!“
„Ihr könnt neue malen. Auf der Welt gibt es jede Menge Farbe, aber Euch gibt es nur einmal.“
Sie fing an zu schreien. Sie musste ihre Arbeit retten, wenigstens das, was die wütenden Flammen davon übrig gelassen hatten. „Nein! Nein! Nein!“
Sie wehrte sich verzweifelt, aber James hielt sie ganz fest in seiner unnachgiebigen, aber auch tröstlichen Umarmung.
Bittere Galle stieg in ihrer Kehle auf, während sie zusehen musste, wie der Turm brannte. Orangefarbene Flammen erhoben sich in den Abendhimmel, als das neue Dach Feuer fing. Die Luft war inzwischen glühend heiß.
Brennas panikerfüllte Schreie verwandelten sich in ein verzweifeltes Schluchzen, als sich die Flammen immer mehr ausbreiteten. Sie barg das Gesicht an James’ Brust, um das alles nicht mehr mit ansehen zu müssen. Trotzdem konnte sie den Rauch riechen, das Knistern des Feuers hören und die Hitze spüren. Der Brand vernichtete ihre Gemälde, ihr Lebenswerk. Und ihr war, als vernichtete er auch Teile ihrer Seele. Ihr Traum löste sich buchstäblich in Rauch auf. Mittlerweile rannen ihr die Tränen ungehindert über die Wangen.
„Brenna.“ James hielt sie ein Stück von sich und schüttelte sie leicht, um sie aus ihrer Trance zu holen. „Hört mir zu, Gemahlin. Ich muss den Männern Anweisungen geben, damit wir so viel wie möglich vom Bergfried retten können.“
Sie nickte krampfhaft, obwohl sie sich an ihn klammern
Weitere Kostenlose Bücher