Der Teufel und die Lady
Drohung wenig überzeugend.
Brenna lachte und fühlte sich so unbeschwert wie ein Kind. Sie hatte nicht mehr die geringste Ahnung, wo sie sich befanden, und es blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm einfach zu folgen. „Ich werde mir mein neues Kleid ruinieren“, warnte sie ihn.
„Umso besser, dann kann ich es Euch später vom Leibe schneiden.“
Sie wollte nicht in die Falle gehen und seine Gegenwart genießen, aber es war längst zu spät. Sein neckender Tonfall brachte zunehmend ihr Herz zum Schmelzen, das so lange gefroren war. Brenna staunte über die Unbefangenheit, mit der sie inzwischen miteinander umgingen. Das war gefährlich. Viel gefährlicher als die frühere angespannte Stimmung zwischen ihnen.
Sie gingen an ein paar Sträuchern vorbei und um ein Haus herum.
„Ihr habt Euch verlaufen“, sagte sie vorwurfsvoll, nachdem sie wieder in eine Allee eingebogen waren und plötzlich vor einer Mauer standen.
„Natürlich nicht. Ich verlaufe mich nie.“
„Nie?“ Sie warf einen spöttischen Blick auf die Mauer. Die Steine waren alt und mit Moos überwachsen. Unkraut wucherte zwischen den Pflastersteinen davor.
James tastete über die Spalten in der Mauer, als suchte er nach etwas. „Ich habe einen untrüglichen Orientierungssinn“, behauptete er. „Schon seit jeher. Daher liebe ich es wahrscheinlich so sehr, zu segeln und den Wind in meinem Gesicht zu spüren.“
Plötzlich hatte sie eine Vision von ihm, barfuß und mit im Wind flatternder Tunika. Seine Beinlinge waren zerrissen nach vielen Tagen auf See, seine Kleidung voller Salzflecken – ein absoluter Gegensatz zu dem so tadellos gekleideten, beherrschten Menschen, den sie jetzt vor sich hatte. Wie konnte jemand, der das Segeln so liebte und der so leidenschaftlich im Schlafgemach war, im Alltag so hart und unnachgiebig sein? Konnte es etwas mit seinem Kind und dem silbernen Medaillon um seinen Hals zu tun haben? Plötzlich fiel ihr auf, wie wenig sie von dem Mann wusste, mit dem sie verheiratet war. „Ihr liebt das Segeln?“
Er drehte sich zu ihr um und küsste sie leicht auf die Wange. „Mein Bruder hat mir ein Schiff geschenkt. Ich kann es kaum erwarten, wieder zur See zu fahren.“
„Ach.“ Sie neigte den Kopf zur Seite. Sie war sich selbst nicht sicher, warum sie diese Eröffnung so verblüffte. Brenna wusste, dass er Freibeuter war und ein eigenes Schiff besaß. Aber abgesehen von ihren leidenschaftlichen Nächten, kannte sie ihn nur äußerst diszipliniert, pflichtbewusst und korrekt. Ein Leben auf See schien dazu irgendwie nicht zu passen. Wellen türmten sich auf, Schiffe stampften – der Ozean konnte nicht so sorgfältig geglättet werden wie seine Kleidung. Ob er sich draußen auf dem offenen Meer ungezwungener verhielt? Lächelte er dort öfter dieses verschmitzte, atemberaubende Lächeln?
„Warum gefällt Euch das Reisen so sehr?“, fragte sie neugierig. Sie wollte unbedingt mehr über ihn erfahren.
Er half ihr, über die Mauer zu klettern, und plötzlich befanden sie sich inmitten eines Gartens. „Weil ich dann frei bin und mich einfach daran erfreue, am Leben zu sein und Neues zu entdecken.“
Ihr Herzschlag beschleunigte sich bei dieser Erklärung. Sie waren wohl doch nicht so verschieden, wie sie geglaubt hatte. „Aus demselben Grund male ich“, gestand sie und ließ den Blick über die verschiedenen, sorgfältig gestutzten Sträucher und Büsche wandern. „Wo sind wir hier?“
Pfingstrosen, Tagetes, Lilien und Sumpfdotterblumen wuchsen üppig in zahlreichen Blumenbeeten. Ihre lebhaften, leuchtenden Farben erinnerten Brenna an ihre Farbpalette. Hohe Bäume verstellten den Blick zum Himmel, sodass sie unmöglich sagen konnte, in welchem Teil der Stadt sie sich befanden.
„Jetzt ist es nicht mehr weit“, sagte er, ohne ihre Frage richtig zu beantworten. „Ich sagte Euch ja, ich kenne den Weg.“
„Das sagtet Ihr“, bestätigte sie, war sich aber immer noch nicht sicher, ob er ihr nicht etwas vormachte. Seine Schritte wirkten allerdings sehr zielstrebig.
Eine Weile gingen sie schweigend weiter, und Brenna freute sich über das Gezwitscher der Vögel und das Summen der Bienen. An diesem Ort schien die ganze Natur zum Leben erwacht zu sein. Blumen und Bäume wirkten äußerst gepflegt, der Rasen war ordentlich gestutzt und jeder Strauch sorgsam beschnitten. Sie hatte gar nicht gewusst, dass es so einen Platz überhaupt gab in der Stadt.
Bewundernd blieb sie vor einem Beet mit Fingerhut stehen.
Weitere Kostenlose Bücher