Der Teufel und die Lady
darunter abzeichnete, konnte Brennas Verzweiflung nicht lindern. Trotzdem empfand sie eine grenzenlose Dankbarkeit, dass er diese zwei Gemälde zur Kathedrale gebracht hatte. Dadurch konnte sie wenigstens beweisen, dass sie tatsächlich eine Künstlerin war.
Ein hochgewachsener und gänzlich in einen Umhang gehüllter Mann ließ sich neben sie auf den Boden fallen. Er wandte ihr den Kopf zu, sodass sie einen Blick auf das Gesicht unter der Kapuze werfen konnte. Dichtes dunkles Haar, braune Augen und ein kantiges Kinn.
Nathan!
Brennas Augen weiteten sich, ihr Atem stockte. Zwei Jahre hatte sie ihren Bruder nicht gesehen, und eine jähe Freude durchzuckte sie.
„Leise“, mahnte er. „Montgomery soll nicht merken, dass ich hier bin.“ Er lächelte, dann zog er die Kapuze tiefer herunter, und seine Gesichtszüge lagen wieder im Schatten.
Mit klopfendem Herzen sah Brenna an ihm vorbei zu dem verkohlten Turm.
Nathan nahm ihre Hand und erhob sich langsam. „Komm jetzt. Wir müssen gehen.“
Plötzlich begriff sie, und am liebsten hätte sie vor Wut geschrien. „Du hast das Feuer im Turm gelegt!“ Neue Tränen liefen ihr über die Wangen.
„Es musste sein.“
Brenna war außer sich. „Adele hat gesagt, du kämst in zwei Wochen. Ich hätte alle meine Sachen retten können.“
Er zog sie vom Boden hoch. „Ich hatte keine Zeit mehr. Wir haben auch jetzt keine Zeit mehr. Komm.“
Ihre Beine zitterten, die Erschöpfung und der Aufruhr ihrer Gefühle forderten ihren Tribut. Sie fühlte sich schwach und benommen.
„Zieh das an.“ Unter seinem Umhang holte er einen zweiten hervor und legte ihn ihr um die Schultern. „Beeil dich.“
„Lady Brenna liegt tot im Turm!“, rief ein Bediensteter quer über den Hof.
Eine eisige Kälte breitete sich in Brenna aus, und sie wich vor ihrem Bruder zurück. Ein ausgebrannter Turm. Eine tote Frau. Die Welt war aus den Fugen geraten. Wütend versuchte sie, ihm ihren Arm zu entziehen. „Du hast einen Mord begangen!“
„Nein, Schwester. Das ist eine zuvor ausgegrabene Leiche, die jetzt bis zur Unkenntlichkeit verkohlt ist.“
Brenna stolperte neben ihm her, als er den Arm um sie legte und sie mit sich zerrte. Niemand beachtete sie. Viele Menschen aus der Stadt hatten beim Löschen des Feuers geholfen – zwischen den vielen schmutzigen, erschöpften Helfern fielen Brenna und ihr Bruder gar nicht auf. Manche liefen zum Turm, um sich die verkohlte Leiche anzusehen, andere schleppten sich müde nach Hause. Auch die Bediensteten der Burg waren zu ermattet nach der langen, anstrengenden Nacht, um auf zwei Reisende zu achten, die die Burg verließen.
Mit jedem Schritt fort von Windrose Castle wurde Brennas Herz schwerer. Sie war kurz davor, laut zu protestieren. Nathan schien das zu ahnen, denn er hielt ihr die Hand vor den Mund, um ihren Aufschrei zu unterdrücken.
„Es gibt hier für dich nichts mehr, Brenna, nur noch Kummer und Leid.“
Kummer und Leid? Wie der Kummer, ihre Gemälde verloren zu haben?
„Wenn er uns erwischt, landen wir beide im Verlies.“ Nathan ging unbeirrt weiter und führte sie durch das Tor auf die Straße. „Vater wollte angreifen, aber auf diese Weise konnte ich euch alle drei retten und den Schaden an der Burg in Grenzen halten. Immerhin ist nur ein Turm abgebrannt.“
Nur ein Turm.
Ihr Turm.
Todmüde schleppte Brenna sich neben ihrem Bruder her, aber ihr Herz lehnte sich dagegen auf. Sie wollte hierbleiben, bei ihrem Gemahl, bei dem Mann, der starrsinnige alte Geistliche dazu zwang, ihre Gemälde aufzuhängen – und nicht mit ihrem Bruder gehen, der ihre Gemälde wie Abfall verbrannt hatte. „Meine Bilder …“
„Törichtes Mädchen“, schalt er und schob sie vorwärts. „Burgen und Menschenleben stehen auf dem Spiel, und du trauerst etwas Farbe auf einer Leinwand nach.“
Er hatte natürlich recht. Trotzdem linderte das nicht den Schmerz in ihrer Brust. „Adele? Gwyneth?“
„Sie erwarten uns auf dem Schiff. Wir segeln noch heute Nacht nach Italien.“
Mit einem Schlag wurde ihr klar, dass sie ihren Gemahl niemals wiedersehen, nie mehr seine Lippen auf ihren spüren würde. Sie blieb ruckartig stehen. „Ich kann nicht mitkommen. Du musst ohne mich gehen.“
Nathans Griff um ihren Arm verstärkte sich, während er sie weiterzog. „Adele sagte bereits, du könntest dich sträuben, weil Montgomery ein Hexer ist, der dich verzaubert hat.“
„Das ist er nicht …“ Sie erschauerte. Doch, er hatte sie wirklich
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