Der Teufel und die Lady
oder nicht. Sie hatte nur gesehen, dass es sich um einen Pfeil handelte, als sie ihn auch schon losgelassen hatte und dann hauptsächlich damit beschäftigt gewesen war, nicht aus dem Blattwerk zu purzeln.
»Was habt Ihr überhaupt hier im Wald zu suchen?«, fragte Cullen neugierig.
»Ich wollte Lady ein wenig Bewegung verschaffen«, antwortete Evelinde abwesend, während sie den Blick durch den Wald schweifen ließ, doch sie konnte niemanden erblicken. Und dennoch … »Im Baumstamm steckt ein Pfeil«, sagte sie.
Cullen zuckte nur die Achseln. »Davon gibt es in diesen Wäldern wohl viele. Während der Jagd gehen Pfeile schon einmal verloren.«
»Das stimmt wohl«, murmelte Evelinde, konnte aber nicht anders, als hinzuzufügen: »Ich habe den Pfeil allerdings zuvor nicht gesehen, sondern erst während des Kletterns bemerkt, als ich ihn ergriff.«
Cullen lächelte schwach. »Das wundert mich nicht. Kommt!«
Evelinde sah ihn überrascht an, als er ihren Arm mit der einen und Ladys Zügel mit der anderen Hand ergriff und zu seinem eigenen Pferd führte. Dort ließ er Lady los, umfasste Evelindes Taille, hielt dann aber inne, ehe er sie hochhob. »Wie sehr schmerzen Euch die Prellungen noch?«, erkundigte er sich.
»Gar nicht mehr«, erwiderte Evelinde. »Die Schürfwunden waren schon so gut wie verheilt, als wir in Donnachaidh ankamen. Es waren vor allem meine Glieder, die mich noch gepeinigt haben, aber Biddys Salbe und Eure Hände scheinen Wunder bewirkt zu haben.« Sie errötete, als sie sich ins Gedächtnis rief, was diese Hände noch mit ihr angestellt hatten.
Cullen nickte knapp und hob Evelinde auf sein Pferd, nahm Ladys Zügel und saß dann hinter seiner Gemahlin auf. Evelinde hatte erwartet, dass Cullen sie zur Burg zurückbringen würde, und war daher überrascht, als er stattdessen auf einer Lichtung anhielt, die an einem Fluss lag.
»In diesen Fluss hier werdet Ihr ganz bestimmt nicht hineinwaten wollen«, verkündete er, während er vom Pferd glitt und dann Evelinde hinunterhalf. Sie gingen zum Ufer und blickten aufs Wasser.
»Warum nicht?«, fragte Evelinde, als sie sah, wie klar das dahinplätschernde Nass war.
»Das Wasser kommt direkt aus den Bergen und ist eiskalt«, erklärte er.
»Oh«, erwiderte sie, schenkte dem aber nicht viel Bedeutung. Die Lichtung war klein und der Fluss schmaler als der bei d’Aumesbery. Auch fehlte ein Wasserfall, und dennoch war es ein schöner Ort. Es würde ein hübsches Plätzchen zum Verweilen sein, wenn sie einmal ein wenig Zeit für sich brauchte, dachte Evelinde.
»Ihr werdet die Burg in Zukunft nicht mehr allein verlassen«, beschied Cullen, während er sie an den Schultern umdrehte und sich an der Schnürung ihres Gewands zu schaffen machte.
Evelinde fragte sich, was er da tat, und griff unwillkürlich nach seinen Händen, erstarrte dann aber, als ihr aufging, was er gerade gesagt hatte. Sie sollte nicht allein hierherkommen? Ihr inneres Bild von friedvoll einsamen Momenten löste sich jäh auf. Sie vergaß Cullens Hände und sah ihn stattdessen ungehalten an. »Und warum nicht, bitte schön?«
»Ich mag Euch«, sagte Cullen schlicht, löste geschickt die Bänder und machte sich daran, Evelinde das Kleid über die Schultern zu streifen.
»Ich soll nicht allein hierherkommen, weil Ihr mich mögt?«, hakte Evelinde verblüfft nach. Sie fragte sich zerstreut, was Cullen eigentlich vorhatte, und zog abwesend ihr Kleid wieder hoch, um zu verhindern, dass es ihr über die Schultern glitt.
»Nein, ich meine, ja«, berichtigte er sich. »Ihr sollt nicht allein hierherkommen, weil es nicht sicher genug ist … und weil ich Euch mag«, fügte er an, ließ von Evelindes Gewand ab und machte sich stattdessen daran, den Haarknoten zu lösen, zu dem sie ihre langen Flechten heute Morgen aufgesteckt hatte.
»Warum ist es nicht sicher genug?«, wollte Evelinde wissen. »Und was tut Ihr da eigentlich?« Sie versuchte, seine Hände beiseitezuwischen.
»Ich mag Euch«, wiederholte Cullen nur.
Evelinde setzte an, etwas zu erwidern, blieb aber stumm, als ihr aufging, was er gerade gesagt hatte. Er mochte sie. Ihr Gemahl mochte sie. Nun, das war einfach … Sie wusste nicht, was sie empfinden oder auch nur denken sollte, und dann versuchte Cullen auch schon erneut, sie aus dem Kleid zu befreien. »Was tut Ihr da?«, wiederholte Evelinde ihre Frage.
»Ich mag Euch«, war alles, was er entgegnete. Das erinnerte Evelinde an den Tag, als sie sich das erste Mal
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