Der Teufel und die Lady
lag direkt neben der, auf der Cullen das Pferd zugeritten hatte, und getrennt waren die beiden Weiden nur durch einen etwa drei Schritte breiten Streifen. Die Koppel des Bullen beschrieb danach einen Knick und lief um die kürzere Seite des anderen Gatters herum, um an einer kleinen Scheune zu enden. Diese hatte ein Tor an der Vorderseite, das auf die Pferdekoppel führte, und ein weiteres seitlich, das auf Angus’ Weide wies.
Die Tür, die von dem Gebäude auf Angus’ Wiese hinausführte, war geschlossen, und von dem Bullen war keine Spur zu sehen. Dies war wohl der beste Zeitpunkt, um die Koppel nach der Brosche abzusuchen, wenn sie es schon tun musste, entschied Evelinde. Nach einem letzten prüfenden Blick auf das geschlossene Tor lief sie am Zaun zurück bis zu der Stelle, an der Cullen sie herausgezogen hatte.
Sie steckte den Saum ihres Gewands im Gürtel fest, kletterte flink über den Zaun und stand auch schon auf der Wiese. Dort blickte sie sich noch einmal um, sich vergewissernd, dass Angus noch immer in der Scheune war, bevor sie sich auf Hände und Knie niederließ und das Gras abzusuchen begann. Hier auf der Koppel suchte sie fahriger, ließ ihre Hände überall nur kurz über das Grün streichen, bevor sie sich dem nächsten Abschnitt widmete und das Ganze wiederholte. Evelinde hegte keinen Zweifel daran, dass Cullen außer sich sein würde vor Zorn, wenn er sie hier erwischte – auch ohne zu wissen, dass sie darüber hinaus noch seine Brosche verloren hatte.
Sie hatte bereits die halbe Koppel abgesucht, als sie das verschwundene Stück endlich sah. Sie juchzte vor Freude, ergriff die Brosche und hockte sich auf, und als sie dann auch noch feststellte, dass die Spange unversehrt war, stieß sie einen erleichterten Seufzer aus. Glücklich darüber, die Koppel leer vorgefunden und dann auch noch die Brosche entdeckt zu haben, war sie gerade dabei, auf die Füße zu kommen, als das Donnern galoppierender Hufe sie herumfahren ließ. Sie riss entsetzt die Augen auf, als sie einen wutschnaubenden Angus quer über die Wiese auf sich zurasen sah.
Einen Wimpernschlag lang war Evelinde wie gelähmt. Dann rannte sie, wobei sie Cullens Brosche wie einen Talisman umklammert hielt.
»Meinst du, du wirst dich zurechtfinden?«, fragte Cullen Mac, während er sein Pferd aus dem Stall führte. Er hatte den Mann soeben durch die Stallungen geführt und ihn Scatchy und dessen Tochter Loa als den neuen Stallmeister vorgestellt.
Scatchy schien sehr zufrieden mit den neuen Gegebenheiten, und das überraschte Cullen nicht. Der Mann hatte ihm schon des Öfteren gesagt, dass er zu alt sei, um sich noch die Nächte damit um die Ohren zu schlagen, bei kranken Pferden und fohlenden Stuten zu wachen.
Loa hingegen schien mit den Veränderungen alles andere als glücklich zu sein, und das wiederum verwunderte Cullen. Seit er Mac vorgestellt und erklärt hatte, welche Position dieser künftig besetzen werde, hatte Loa eine grimmige Miene zur Schau getragen und sich kühl gegeben. Eigentlich hatte Cullen erwartet, dass sie erleichtert darüber sein werde, dass ihr jemand die Bürde abnahm. Seit einigen Jahren war Scatchy keine große Hilfe mehr, sodass die Aufgabe, die Ställe zu führen, allein auf den Schultern seiner Tochter lastete.
Er warf einen kurzen Blick zurück und sah, dass Loa im Schatten des Stalleingangs stand und ihnen finster nachblickte.
»Sie wird sich schon dreinschicken«, sagte Mac.
Cullen wandte sich um und sah, dass auch Mac zu der Frau hinüberschaute.
»Sie braucht nur ein wenig Zuwendung«, fügte der Stallmeister nachsichtig hinzu. Als Cullen fragend die Brauen hob, zuckte Mac die Schultern. »Frauen sind wie Pferde – wenn man sie füttert und tränkt, sie abends ordentlich striegelt und ihnen ein paar nette Worte ins Ohr flüstert, folgen sie einem überallhin.«
Cullen lachte auf, versuchte sich aber gleich wieder zu beherrschen, als Scatchy aus dem Stall trat. Der alte Mann kam lächelnd auf sie zu, doch sein Lächeln verwandelte sich in eine verdutzte Miene, als etwas zu seiner Linken seine Aufmerksamkeit erregte.
»Ist das nicht Eure Gemahlin, die da wieder mit Angus Fangen spielt, Melaird?«, fragte er, als er sie erreichte.
Cullen fuhr herum und starrte zur Koppel hinüber. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals, als er Evelinde erspähte, die in ihrem roten Gewand quer über die Wiese rannte und dem Bullen zu entkommen versuchte, der drauf und dran war, sie
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