Der Teufel und die Lady
sei denn, jemand hat Eure Frau auf der Koppel gesehen und ihn absichtlich hinausgelassen.«
Cullen sah Hamish eine Weile scharf an. »Warum sollte irgendwer das tun?«, fragte er schließlich.
Hamish zuckte mit den Schultern. »Warum sollte irgendwer Euren Vater, Euren Onkel und Euer erstes Weib umbringen?«, gab er zurück.
»Das waren Unfälle«, erwiderte Cullen schroff, obgleich er nicht sicher war, ob dies stimmte. Allerdings hatte er nie unzweifelhaft nachweisen können, dass es sich um heimtückische Anschläge gehandelt hatte, und so hatte er die Angelegenheit als Unglück hinnehmen müssen, um einen Schlussstrich ziehen zu können.
»Und auch dies hier sah wie ein Unfall aus«, stellte Hamish heraus.
Cullen versteifte sich. Sein Kopf fuhr hoch, als wäre er geschlagen worden.
»Ich mein’ ja nur«, sagte Hamish, wandte sich ab und humpelte den Pfad entlang in Richtung Scheune.
Cullen sah ihm nach. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sein Onkel Darach war als Erster unter rätselhaften Umständen zu Tode gekommen. Ihm war während der Jagd ein Pfeil in den Rücken geschossen worden. Niemand hatte je zugegeben, den Pfeil abgeschossen zu haben, doch damals hatte man angenommen, dass der Betreffende es womöglich gar nicht bemerkt hatte. Cullen war vierzehn Jahre alt gewesen. Es war die erste Jagd gewesen, an der er teilgenommen hatte, und sie waren Wildschweinen nachgesetzt und hatten eine Rotte aufgescheucht. Die Jagdgesellschaft hatte aus mindestens zwanzig Männern bestanden. Als die beiden ausgewachsenen Wildschweine sie angegriffen hatten, um die Frischlinge zu schützen, hatten sich die Jäger verteilt. Jeder war in eine andere Richtung geritten. Wildschweine konnten gefährliche Gegner sein, wenn man sie reizte.
An jenem Tag waren die Pfeile kreuz und quer geflogen, da die Tiere allem nachgesetzt waren, was sich bewegt hatte. Sie waren hierhin und dorthin gestoben und schienen die Pfeile gar nicht zu bemerken, die bald so zahlreich in ihnen steckten, dass sie wandelnden Nadelkissen glichen. Erst als beide Untiere am Boden lagen, bemerkte man, dass Darach, der Laird, nicht zur Stelle war, um die Beute aufzusammeln und zur Burg zurückzubringen. Die Jäger suchten nach ihm und fanden ihn schließlich im Gebüsch liegend, einen Pfeil im Rücken. Darach lebte noch und erzählte ihnen, dass er vom Pferd gestürzt sei, als eines der Schweine auf ihn zugestürmt sei und sein Reittier gescheut habe. Während er ins Strauchwerk fiel, spürte er, wie ein Pfeil seinen Rücken durchbohrte. Er hatte es für einen Unfall gehalten und geglaubt, der Pfeil sei bereits abgeschossen worden, als er im Fall dessen Flugbahn kreuzte. Jeder hatte dies akzeptiert. Nachdem er drei Tage später am Fieber gestorben war, weil die Wunde brandig geworden war, hatte jeder den Vorfall für ein tragisches Unglück gehalten.
Anschließend war Cullens Vater Liam Laird geworden und hatte zehn Jahre lang für Frieden und Wohlstand gesorgt, bis er eines Tages tot am Fuße der Klippen gefunden wurde, die sich hinter Donnachaidh befanden. Die Anhöhe, auf der die Burg stand, umgab die Mauern auf drei Seiten, doch der hintere Teil fiel so steil ab, als habe Gott hier ein Stück vom Hügel abgeschnitten und nur einen felsigen Abgrund zurückgelassen. Dort war Cullens Vater hinabgestürzt, und der Sturz hatte tödlich geendet. Cullen war bei den Comyns gewesen, als es geschah. Tralin und er waren gemeinsam aufgewachsen und enge Freunde. Sie besuchten sich oft, und so war es auch an jenem Tag gewesen.
Als Cullen von seinem Besuch heimkehrte, hatte er seinen Vater tot vorgefunden, und es wurde gemunkelt, dass er, Cullen, in der Nähe der Stelle gesehen worden sei, an der sein Vater starb … und dass es womöglich gar kein Unfall war. Es hatte nicht lange gedauert, ehe man sich daran erinnerte, dass Cullen auch an der Jagd teilgenommen hatte, bei der sich sein Onkel die tödliche Verletzung zugezogen hatte. Nun fragte man sich, ob dessen Tod tatsächlich ein Unfall gewesen war. Vielleicht, so hieß es, habe ja Cullen den tödlichen Pfeil abgeschossen, weil er schon damals nach dem Titel des Laird trachtete.
Trotz dieser Gerüchte war Cullen als Sohn von Liam Duncan der nächste Laird geworden. Er hatte sich nicht weiter um das Gerede geschert – zu sehr trauerte er um den Mann, der nicht nur ein gerechter Anführer, sondern auch ein guter Vater gewesen war, und zu sehr war er damit beschäftigt, sich in seine neue Rolle
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