Der Teufel und die Lady
und einem finsteren Blick aus nächster Nähe einschüchtern zu können.
Sie starrte jedoch ebenso finster zurück. Dieser Mann war wahrlich eine Prüfung. Wenn er überhaupt einmal mit ihr sprach, dann nur, um ihr Befehle zu erteilen oder sie anzublaffen wie ein tollwütiger Hund. Wie ein Mensch einerseits so gewissenhaft handeln konnte, andererseits aber nur vor sich hingrollte, ging über ihren Verstand.
»Ich war wenig erfreut, als Gillie vorhin zu mir kam und mir sagte, dass Ihr ihm abhanden gekommen seid«, knurrte Cullen. »Dabei hatte ich Euch doch angewiesen, im Wohnturm zu bleiben.«
»Aye, und vielleicht hätte ich das auch getan, wenn Ihr es für nötig befunden hättet, mir mitzuteilen, warum«, gab Evelinde zurück. »Obgleich mir scheint, dass ich dort kaum sicherer bin als hier, denn schließlich hat sich einer der Unfälle unmittelbar im Wohnturm ereignet.«
Cullen sah sie verdrossen an. »Eben deshalb passen meine Männer auf Euch auf. Um dafür zu sorgen, dass Ihr sicher seid.«
»Und was, wenn einer von ihnen der Täter ist?«, wandte Evelinde ein.
»Gillie und Rory lagen beide fast noch in den Windeln, als mein Onkel ums Leben kam«, erwiderte Cullen abwinkend.
»Und wenn dessen Tod tatsächlich ein Unfall war?«, gab Evelinde zu bedenken. »Als Euer Vater und Maggie starben, waren sie jedenfalls älter.«
»Deshalb bewachen Euch immer zwei Männer«, brummte Cullen. »Wenn einer der Schuldige ist, dann ist es der andere gewiss nicht, und damit seid Ihr sicher. Und nun zurück mit Euch in den Wohnturm, wo Ihr eigentlich sein solltet.« Damit schritt er an ihr vorbei, trat zu seinem Pferd in die Box und machte sich daran, es zu satteln.
Evelinde überging seine Anweisung und folgte ihm stattdessen. »Wohin wollt Ihr?«, fragte sie.
»Ich werde nach Comyn reiten.«
»Ganz allein?« Cullen wandte sich um und sah sie an, als sei dies eine überaus dumme Frage. »Kann ich mitkommen?«, fragte Evelinde.
»Nay« ,erwiderte er.
»Warum nicht?«, wollte sie wissen. »An Eurer Seite dürfte ich doch sicher sein, oder nicht?« Und für Euch ist es auch sicherer, nicht allein zu sein, setzte sie in Gedanken hinzu, nun, da sie sich sorgte, dass der Mörder es auch auf ihn abgesehen haben könnte.
»Frau …«, setzte Cullen an, brach dann aber ab und schüttelte den Kopf. Offenbar wusste er nicht, was er einwenden sollte.
Mac hatte ihren Schlagabtausch amüsiert beobachtet. »Ihr könnt ebenso gut gleich jetzt aufgeben, mein Junge«, sagte er nun. »Sie ist nämlich äußerst halsstarrig. Außerdem wird es ihr guttun, an die frische Luft zu kommen. Sie ist nun schon eine Woche lang eingesperrt.«
Cullen zögerte, gab dann aber seufzend nach.
»Also gut«, brummte er und fuhr fort, sein Pferd zu satteln. »Aber Ihr werdet mit auf meinem Pferd sitzen.«
Evelinde erhob keinen Einwand. Sie hätte es vorgezogen, ihre Stute zu reiten, wollte aber keinen Streit vom Zaun brechen und ihren Gemahl so dazu bringen, umzuschwenken und sie doch nicht mitzunehmen.
»Cullen und Tralin haben sich ständig in Schwierigkeiten gebracht! Seine Mutter und ich haben uns entweder über ihre Eskapaden geärgert oder uns köstlich darüber amüsiert.«
Evelinde erwiderte Lady Comyns Lächeln. »Hat Tavis nie mit den beiden gespielt?«, fragte sie neugierig.
Lady Comyn zögerte und schaute gedankenverloren auf ihren Met. »Tavis war vier Jahre jünger, und die beiden Älteren haben ihn immer ausgeschlossen. Daher blieb er meist bei seiner Mutter.«
»Und Ihr habt Eure Freundschaft mit Biddy nicht weitergepflegt, nachdem Cullens Mutter starb?«
»Zunächst schon, aber dann …« Lady Comyn lächelte traurig und seufzte. »Es fiel uns sehr schwer. Danach zusammenzutreffen, hat uns stets bedrückt, weil es uns an unseren Verlust gemahnte. Wir haben uns immer noch gegenseitig besucht, jedoch nicht mehr so häufig. Und nach Darachs Tod schien Biddy sich mehr und mehr zurückzuziehen. Sie hat mehr und mehr Zeit in der Küche verbracht.« Ellie Comyn zuckte die Schultern. »Wir haben uns wohl auseinandergelebt.«
Evelinde setzte gerade zu einer weiteren Frage an, als das Portal zur großen Halle aufgestoßen wurde und Cullen und Tralin eintraten.
»Zeit aufzubrechen«, verkündete Cullen knapp, sobald er die beiden Frauen erreichte.
Evelinde nickte und dankte Lady Comyn für den herzlichen Empfang. Dann ließ sie sich von ihrem Gemahl aus dem Wohnturm geleiten, vor dem Cullens Pferd bereits wartete. Wenige
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