Der Teufel und die Lady
ein Kerzenhalter befestigt war, sodass insgesamt vier Lichter Platz fanden. Evelinde betrachtete ihn und fragte sich, ob Jenny sich vielleicht an ihm aufgehängt hatte. Höchstwahrscheinlich ja, dachte sie bei sich, denn allzu viele Möglichkeiten gab es in dem Raum nicht.
Sie schaute wieder zu Biddy hinüber, doch die Frau war hinausgeschlüpft, während sie den Kronleuchter begutachtet hatte. Tavis war ebenfalls hinaus in die Halle getreten und sah Biddy hinterher. Mit besorgter Miene wandte er sich dann wieder Evelinde zu.
»Macht Euch nichts daraus«, sagte er, als er wieder in den Türrahmen trat. »Sie hat Jenny eben sehr gemocht.«
Evelinde nickte nachdenklich. Einerseits empfand sie Gewissensbisse, weil sie Biddy ganz offensichtlich aus der Fassung gebracht hatte, andererseits Verärgerung, weil sie dabei nicht wenigstens etwas erfahren hatte.
»Wir wollten Euch nur sagen, dass Cullen Rory und Gillie mit sich genommen hat und dass nun wir über Euch wachen«, verkündete Tavis, als Evelinde gedankenverloren schwieg.
»Wir?«, fragte Evelinde und sah auf.
»Fergus und ich«, erklärte Tavis. »Er ist mit mir zusammen die Treppe hinaufgekommen, hat sich allerdings schon wieder davongemacht, wahrscheinlich, um in der Küche etwas zu essen aufzutreiben.«
Evelinde lächelte schwach. »Es ist nicht nur das Essen, das ihn in die Küche lockt«, erwiderte sie amüsiert.
»Nay, aber Essen ist das Einzige, was er dort bekommen wird«, wandte Tavis ein.
Evelinde neigte fragend den Kopf zur Seite und sah den Mann aufmerksam an. Offensichtlich war auch ihm Fergus’ Schwäche für Biddy nicht entgangen.
»Sind seine Gefühle denn so hoffnungslos?«, fragte sie.
Tavis zuckte nur mit den Schultern, trat ins Wohngemach und sah sich neugierig in dem verkommenen Raum um. »Meine Mutter hat meinen Vater sehr geliebt. Hat ihm all seine Verfehlungen vergeben und seit seinem Tod keinen anderen Mann mehr angesehen«, erklärte er. »Eigentlich hat sie an nichts mehr Gefallen gefunden, außer am Kochen. Durch seinen Tod hat sie sich verändert.«
»Durch seinen Tod oder den ihrer Schwester?«, forschte Evelinde nach.
»Nein, durch seinen«, sagte Tavis mit Nachdruck. »Oh ja, sie war am Boden zerstört, als Jenny starb. Hat gar nicht mehr aufgehört zu weinen. Die zwei Wochen, die meinem Vater noch blieben, hat er zumeist damit zugebracht, sie zu halten und zu trösten. Doch als schließlich er starb«, Tavis schüttelte den Kopf, »hat sie sich völlig in sich selbst zurückgezogen. Ist immerzu verschwunden, entweder zu den Klippen, um bei Jennys Grab zu sitzen, oder in die Küche, immer fort von uns. Ich glaube, es hat ihr das Herz gebrochen und sie hat es einfach nicht mehr ertragen, irgendwen zu lieben. Nicht einmal mich«, fügte er mit einem bitteren Lächeln hinzu, das traurig und gewinnend zugleich war.
Evelinde runzelte die Stirn. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen bei dem Gedanken an den kleinen Jungen, der Tavis damals gewesen war. Im zarten Alter von zehn Jahren hatte er nicht nur den Vater verloren, sondern war auch noch von der eigenen Mutter im Stich gelassen worden. »Wer hat sich um Euch gekümmert?«, fragte sie.
»Onkel Liam hat für mich getan, was er konnte«, erwiderte Tavis achselzuckend. »Und die Damen hier auf der Burg haben mich so gut es ging zu trösten versucht.«
Das lausbübische Grinsen auf seinem Gesicht besagte, dass Trost nicht immer das Einzige gewesen war, das er von den Damen erhalten hatte, und Evelinde fragte sich, wie alt der Junge gewesen sein mochte, als er zum ersten Mal seine Männlichkeit unter Beweis gestellt hatte.
»Erinnert Ihr Euch an Jenny?«, fragte sie abrupt. Ein Themenwechsel schien ihr angebracht.
»Aye. «Tavis lächelte verhalten. »Sie war die pure Lebensfreude, als sie zum ersten Mal hier war. Fröhlich und vergnügt, immerzu lachte sie. Cullen und Tralin sind immer ohne mich fortgelaufen, weil sie meinten, sie seien zu alt, um noch mit mir zu spielen. Nicht so Jenny. Sie hat mich überallhin mitgenommen.« Plötzlich legte sich ein Schatten über sein Gesicht. »Nun, zuerst jedenfalls«, gestand er. »Dann aber saß sie immer öfter bei den Klippen und schaute aufs Meer hinaus, und meist schickte sie mich fort. Ich durfte ihr überallhin folgen, nur nicht zu den Klippen.«
»Warum nicht?«, fragte Evelinde gespannt.
Tavis verzog das Gesicht. »Sie sagte, es sei zu gefährlich dort, und außerdem wolle sie allein sein, um nachzudenken.«
»Aber
Weitere Kostenlose Bücher