Der Teufel vom Schefflerhof
Florian sarkastisch. "Aber da werde ich vermutlich nicht mehr da sein. Zum Monatsende muss ich kündigen, ich kann ihn nicht mehr ertragen. Der Gedanke, er ist mein Vater, und ich hab sein Blut in meinen Adern, ruft in mir Grauen hervor. Dass er so herzlos und kalt ist, das hätte ich nie gedacht. Meine Mutter hat nie viel erzählt von ihm, und jetzt kenne ich auch den Grund dafür." Verbittert schob er beide Hände in die tiefen Taschen seiner Lodenjacke.
"Es... tut mir sehr Leid", sagte Dagmar leise. Sie nahm se inen Arm und hielt sich an ihm fest. "Wenn ich dir nur helfen könnte."
"Du kannst dir selbst nicht helfen", stellte Florian in gnadenloser Ehrlichkeit fest. "Wir müssen eben beide sehen, dass wir unser Leben in den Griff bekommen."
Dagmar schloss die Haustüre auf. Geschrei drang ihnen entg egen, das aus dem oberen Stockwerk kam. Es klang nicht nach Streit, eher nach den verzweifelten Hilferufen einer Frau. Es war Paolas Stimme.
Entsetzt blieb Florian einen Moment lang stehen und lauschte. Dann rannte er los, die Treppe hinauf, immer gleich mehrere St ufen auf einmal nehmen. Er lief zu Paolas Zimmer und riss die Türe auf. "Was ist...?"
Das Bild, das sich ihm bot, überstieg seine schlimmsten Vo rstellungen. Mitten im Zimmer kniete Paola auf dem Boden. Ihre Bluse war am Ärmel abgerissen und aus dem Rock herausgerutscht. Der Bauer stand vor ihr, den Arm zum Schlag erhoben. Beide starrten zur Tür. Paolas Gesicht war tränenüberströmt, das des Bauern zornesrot.
"Bist du jetzt ganz übergeschnappt, du Ungeheuer?", schrie Florian den Mann an. "Verschwind aus Paolas Zimmer, sonst..."
"Sonst?" Karl Scheller hatte seine Kaltschnäuzigkeit wieder gefunden. Hämisch grinste er ihn an. "Du kommst mir ger ade Recht, Florian Pinzner. Ich wollte dir heute eh die Kündigung übergeben. Verschwinde von meinem Hof, ehe ich dich bei der Polizei anzeige. Du hast mir eine ziemlich große Summe Geldes aus meiner Kasse im Büro gestohlen. Du bist sogar dabei beobachtet worden."
"Wie bitte?" Florian vergaß in diesem Moment, dass er den Mann eigentlich hatte schlagen wollen. Seine Hand sank herunter und sein Gesicht war eine einzige Frage. "Ich hab no ch nie in meinem Leben etwas gestohlen", schrie er mit sich schier überschlagender Stimme.
"Du hast mein Geld genommen und ich kann auch Zeugen bri ngen dafür. Gleich in der Frühe verlässt du meinen Hof. Auf das Geld kann ich gut verzichten, ich bin kein armer Mann. Und auf so einen Knecht lege ich auch keinen Wert. Jetzt verschwinde aus diesem Zimmer. Was ich mit meiner Tochter zu bereden hab, geht einen Fremden nichts an. Das betrifft nur die Familie.
Paola blickte Florian Hilfe suchend an. "Glaub ihm nicht", bat sie leise, mit zitternder Stimme. "Er hat versucht, mir Gewalt anzutun." Ihre letzten Worte erstickten in Schluchzen. "Bitte, lass mich nicht allein mit diesem Unmenschen, der mein Vater ist."
"Du hast wirklich..." Florian konnte sich nicht mehr beher rschen. Ehe der Bauer überhaupt verstand, was geschah, war Florians Rechte schon in Karls Gesicht gelandet. Der starrte den Jüngeren überrascht an, dann knickten seine Beine weg und er stürzte zu Boden.
"Was hast du getan, Florian? Ist er jetzt tot?" Paola hielt sich die Hand vor den Mund. "Du hast ihn erschlagen."
"Der ist nicht tot." Dagmar stand an der Tür und hielt sich krampfhaft an der Klinke fest. "Bestimmt wird er gleich wieder aufwachen."
Florian kniete neben dem Bewusstlosen nieder. Seine Gefühle für den Bauern hatten sich durch den Kampf nicht geändert. Er verachtete ihn und er fühlte sich in dessen Nähe mehr als u nwohl. Dennoch hatte er ihm nicht weh tun wollen, hatte nicht beabsichtigt, ihn krankenhausreif zu schlagen.
"Wie... was hast getan?" Langsam kam Karl Schef fler wieder zu sich. "Verschwinde! Geh mir aus den Augen. Ich kann dich nimmer sehen." Er richtete sich mühsam auf.
Dagmar warf Florian einen bedeutungsvollen Blick zu. Er wus ste, was sie damit sagen wollte, doch er schaffte es nicht, sich zu erkennen zu geben. Etwas verschloss seine Lippen, das er nicht verstehen konnte.
"Raus!"
Florian zuckte zurück. Er warf Dagmar einen verzweifelten Blick zu, den diese mit einem beruhigenden Nicken beantwortete. "Lass es gut sein, Florian", sagte sie leise. Dann half sie ihrer Tochter beim Aufstehen. "Das war der letzte Zugriff von diesem Ungeheuer", sagte sie, und ihre Stimme war
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