Der Teufel von Garmisch
Dame vorgenommen. Er hat mir mündlich
alle Vermutungen bestätigt, die er uns gestern schon mitgeteilt hat:
Todeszeitpunkt vorgestern Abend, also etwa zwanzig Stunden vor Auffinden. Bei
der Susanne Berghofer hat er sich allerdings korrigiert: Sie war bei Auffinden
bereits zweiundsiebzig Stunden tot, nicht, wie er zunächst annahm, achtundvierzig.
Und hier«, sie hielt einen USB -Stick hoch, der an
ihrem Schlüsselbund hing, »hab ich die Akten zu dem Fall aus Aschaffenburg, den
ich erwähnte.«
»Der mit dem Schuss ins Ohr?«
»Genau. Sie sollten sich das kopieren. Vielleicht gibt es da
tatsächlich einen Zusammenhang. Es waren nämlich zwei Schüsse. Einer in jedes
Ohr.«
Schwemmer seufzte angeekelt.
»Mit einer großkalibrigen Waffe. Beide Kugeln verschwunden.«
»Wann war das?«, fragte Schwemmer.
»Vor vier Jahren.«
Sie hielt Schwemmer den Stick hin, und er schob ihn in den
Steckplatz an seinem Monitor.
»Zweiundsiebzig Stunden«, sagte Schwemmer, während er die Datei
kopierte. »Dann war sie zwei Tage tot, als die Wagmüller sie gefunden hat.«
»Genau.«
»Wenn man wüsste, was sie überhaupt veranlasst hat, in das Haus zu
gehen …«
»Vielleicht hat jemand sie angerufen, der die Berghofer vermisst
hat.«
»Ja … wenn wir jetzt Vorratsdaten hätten …«
»Wenn der Hund nicht geschissen hätte«, sagte Isenwald und lachte.
Es klopfte an der Tür, und Schafmann trat ein.
»Servus«, sagte er leichthin und setzte sich zu Isenwald an den
kleinen Besprechungstisch.
Schwemmer drehte sich mit seinem Stuhl um und sah ihn ungläubig an.
»Ja, sag amal, wo hast du denn gesteckt? In fünf Minuten fängt die Sitzung an!«
»Ich weiß. Aber ich leite sie ja nicht.«
»Ach, das weißt du schon?«
»Ja, natürlich. Du warst grad mit der Zettel und dem Zeugen aus dem
Haus, da durfte ich bei Hessmann antanzen. Der hat so getan, als hätt ich eine
Palastrevolution geplant. Bitte schön. Hab ich mich eben um meinen anderen Fall
gekümmert.«
Schwemmer schloss kurz die Augen. »Frau Dr. Isenwald«, sagte er
dann, »wären Sie so liebenswürdig, uns einen Moment allein zu lassen.«
Isenwalds Miene sollte wohl Neutralität ausdrücken, aber das gelang
nicht ganz. Für Schwemmer war es ein unterdrücktes Grinsen. Sie stand auf.
»Selbstverständlich, meine Herren. Wir sehen uns ja in ein paar
Minuten.« Damit war sie aus der Tür.
»Was ist?«, fragte Schafmann. »Wenn der Hessmann nicht will, dass
ich –«
»Er will nicht, dass du die Kommission leitest. Aber deswegen kannst
du doch nicht die Arbeit an einem Mordfall liegen lassen!«
»Ich hatte nicht den Eindruck, dass das an der Spitze oberste
Priorität hat.«
»Sondern was?«
»Priorität hat das Organigramm.«
Schwemmer senkte den Kopf und rieb sich den Nacken. »Werner«, sagte
er, »hör zu: Auf meinem Mist ist das nicht gewachsen, das weißt du.«
»Klar weiß ich das«, sagte Schafmann.
»Wir müssen zusammen da durch. Mach bitte nicht unsere Arbeit
schlecht.«
»Mach ich nicht. Ich hab ja gearbeitet.«
»Jetzt versteh mich nicht mit Absicht falsch. Wir haben einen
Mordfall. Da kann ein toter Hund auch mal ein bisschen warten.«
Schafmann sah auf die Uhr. »Wart’s ab«, sagte er.
»Was?«
»Was ich gleich auf der Sitzung zu erzählen habe, wenn mir der
Leiter das Wort erteilt.«
»Du darfst es mir auch sofort erzählen«, sagte Schwemmer beherrscht.
Schafmann tippte auf seine Armbanduhr. »Keine Zeit mehr.«
»Na schön.« Wieder rieb Schwemmer sich den Nacken. »Hör zu, ich
wollte dir eigentlich einen Vorschlag machen. Aber wenn du jetzt auf trotzig
machst …«
»Schon gut«, sagte Schafmann. »Natürlich ziehen wir am selben
Strang.«
»Dann pass aber auf, dass du auch in die richtige Richtung ziehst«,
sagte Schwemmer. »Also: Ich leite die Sitzungen. Du unterbreitest Vorschläge,
ich mach sie mir zu eigen. Will sagen: Du leitest die Kommission, und keiner
merkt’s.«
»Schön. Und du?«
»Ich versuche, Hessmann so wenig wie möglich übrig zu lassen, was
koordiniert werden müsste.«
* * *
»Lassen Sie uns weitermachen«, sagte Sebastian.
Selbach rückte näher an die beiden Monitore heran, die auf
Sebastians Schreibtisch standen, und Sebastian fuhr fort mit der Erläuterung
der nötigen Parameter für die Stangenoptimierung.
Mit seinem Kuli deutete Selbach auf eine Stelle im Flussdiagramm.
»Ist das die Schnittstelle zum Warenwirtschaftssystem?«, fragte er.
Erneut war Sebastian beeindruckt von der
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