Der Teufel von Garmisch
Sie
Portugiesisch?«
»Nein.«
»Sehen Sie. Frau Öckler schon.«
»Oh …«
»Genau. Schön, dass Sie dabei sind. Hoffentlich kriegen wir noch
Zimmer für Sie beide. Und Sitzplätze. Ab Frankfurt wird’s eng im ICE .«
»Ja …« Daran hatte Sebastian noch keinen Gedanken verschwendet. »Wer
macht das denn?«
»Na, Frau Öckler, würde ich sagen. Das gehört doch zu ihrem Job,
oder? Ich darf mal?« Selbach nahm den Hörer vom Telefon und wählte Carina an.
Er erklärte ihr freundlich die Situation und bat sie, sich um Tickets und
Zimmer zu kümmern. »Wenn es eng wird, können Sie sich ja vielleicht eins mit
Herrn Polz teilen«, sagte er, und Sebastian konnte sie kichern hören, obwohl
Selbach den Hörer am Ohr hielt.
»Schien ihr zu gefallen, die Idee«, sagte er, als er wieder
aufgelegt hatte. »Sie ist ganz aufgeregt.«
»Ist wahrscheinlich ihre erste Messe«, sagte Sebastian.
»Ja und?«, sagte Selbach. »Ihre doch auch.«
* * *
»Das glaubst du nicht«, sagte Schwemmer und zog die Tür hinter
sich zu.
»Was denn?« Schafmann saß hinter seinem Schreibtisch und blätterte
in einer Akte.
»Hessmann hält die Parallelen zu dem Fall in Aschaffenburg nicht für
ausreichend, um das LKA hinzuzuziehen.«
Schafmann lachte ungläubig. »Was soll das denn?«
»Ich seh das so«, sagte Schwemmer. »Das ist sein erstes
Kapitalverbrechen hier. In Garmisch, wo noch nie jemand einen Polizeidirektor
gebraucht hat.«
»Du meinst, da will er nicht gleich beim ersten Mal den großen
Bruder zu Hilfe rufen.«
»Hast du eine bessere Erklärung?«
»So aus der Hüfte nicht. Aber wenn der Aschaffenburg-Fall in der
Kommission bekannt wird, und wir schließen Parallelen von vornherein aus …«
»… kriegen wir Probleme«, ergänzte Schwemmer. Er nahm
Schafmanns Telefon und wählte eine Nummer. »Frau Zettel. Kommen Sie doch bitte
mal eben ins Büro vom Herrn Schafmann … Ja, es eilt.«
Schafmann nickte verstehend. »Klar, sie kann gleich in der Sitzung
nicht aus der Akte vortragen.«
»Genau. Wir müssten eine Erklärung liefern …«
»… die wir nicht haben.«
»Die wir haben, aber nicht abgeben dürfen.«
»Was wird die Isenwald dazu sagen?«
Schwemmer grinste. » Das kann ich mir
ungefähr vorstellen. Sie ist allerdings heute nicht dabei.« Er sah auf die Uhr.
»Jetzt ist es zu knapp, ich ruf sie nach der Sitzung an.«
»Inoffiziell?«
»Das versteht sich ja wohl von selbst.«
Zettel trat ein, sie trug ihre Akten unter dem Arm. Offenbar hatte
sie sich gedacht, worum es ging. Schafmann hatte sie mal als »schnell im Kopf«
klassifiziert, was wirklich zutraf. Schwemmer hoffte, dass sie ihnen noch eine
Weile erhalten blieb, aber sie hatte schon ein Versetzungsgesuch laufen.
»Frau Zettel, haben Sie schon mit Kollegen über die Akte
gesprochen?«
»Nein«, antwortete sie, ohne zu zögern.
»Das ist schön. Bitte behandeln Sie das Folgende vertraulich. Gilt
auch intern …«
»Intern sogar besonders«, sagte Schafmann.
»Die Erkenntnis unseres Vorgesetzten ist, dass die Akte in unserm
Fall keine Rolle zu spielen hat.«
Zettel sah ihn einen Moment zweifelnd an, dann sagte sie: »Okay?«
»Sie tragen gleich also nicht daraus vor.«
»Okay.«
»Okay. Schön.«
»Wie lange gedenkt Herr Hessmann denn, das LKA draußen halten zu können?«, fragte Zettel. Ihr Gesichtsausdruck blieb völlig
neutral.
Schnell im Kopf, dachte Schwemmer. Kann man wirklich sagen.
»Die letzte Bemerkung haben wir nicht gehört, Frau Zettel«, sagte
er, »weil Sie sie nicht gemacht haben.«
Zettel nickte.
»Nur so viel«, fuhr er fort, »räumen Sie die Akte nicht allzu weit
weg.«
Sie grinste tatsächlich immer noch nicht, als sie hinausging.
Schwemmer war beeindruckt.
* * *
»Und?«, fragte Selbach, als Carina sich in der Cafeteria zu
ihnen setzte. »Haben Sie noch Zimmer gekriegt?«
Carina zog den Kopf zwischen die Schultern. »Nein«, sagte sie. »Bis
jetzt noch nicht. Da ist alles ausgebucht.«
»Probieren Sie es weiter«, sagte Selbach mit einem ermutigenden
Lächeln. »Vielleicht auf einem Schiff.«
»Ein Schiff?« Carina hatte das Lächeln gar nicht wahrgenommen. Sie
hielt den Blick starr auf ihren Teller gerichtet und stocherte ein wenig
ziellos in ihrem Salat herum.
»Ja. Bei Messen liegen da immer Hotelschiffe auf dem Rhein.«
Sebastian sah zu Carina, die Selbachs Aufmerksamkeit offensichtlich
nicht genoss. Vielmehr schien sie es als persönliche Schwäche zu begreifen,
dass es ihr nicht auf
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