Der Teufel von Garmisch
ihr die
Vergrößerung von Susanne Berghofers Passfoto.
»War es diese Frau?«
Vanessa sah das Bild mit wachsender Verwunderung an. »Ja«, sagte
sie. »Woher wussten Sie das?«
»Ich interessier mich mehr für den Mann. Kannst du ihn beschreiben?«
»Nein«, sagte sie spontan und begann erst dann, darüber
nachzudenken. »Einen Hut hatte er auf. Einen schicken. So einen, der zu einem
Mantel passt. Einen Mantel hatte er nämlich auch an. Einen hellbraunen, mit
einem dunklen Kragen. Und groß war er. Und einen Schlips hat er getragen, einen
roten, mit Pinguinen drauf, das fand ich lustig …«
Plötzlich sprudelte es aus ihr heraus.
»… die Frau fand das auch lustig, die hat immer daran
herumgespielt und gelacht. Und verheiratet war der.«
»Woher wissen Sie das?«
»Na, einen Ring hat er angehabt und sie nicht. Sie war nicht
verheiratet, aber er schon, und ich glaub, das war eine Sünde, was die gemacht
haben.«
»Warum?«
»Weil die bestimmt verliebt waren, das konnt man schon sehen, und
als er das Handy gekauft hat, da hat er gelacht und gesagt …« Sie sah verlegen
zur Seite.
»Nur zu«, sagte Schwemmer. »Wir von der Polizei kennen uns aus mit
Sünden.«
Sie kicherte leise. »›Das ist nur für uns, meine kleine Stute‹, hat
er gesagt. So was sagt man doch nicht, oder?«
»Ich weiß nicht, ob es eine Sünde ist, aber Sie haben schon recht«,
sagte Schwemmer.
»Ich mein, so was sagt man doch nur, wenn man … eine Sünde vorhat,
oder?«
»Tja … das ist zumindest denkbar.«
»Suchen Sie ihn deshalb?«
»Nein … Nein, das ist eine Sünde, für die wir nicht zuständig sind.«
Gott sei Dank, dachte er. Wenn wir uns darum auch noch kümmern müssten,
bräuchten wir wirklich einen Polizeidirektor in Garmisch.
»Weshalb dann?«, fragte Vanessa.
Schwemmer sah keinen Vorteil darin, sie mit der ganzen Wahrheit zu
verstören. Die halbe tat es auch. »Das Gerät ist im Zusammenhang mit einer
Ermittlung benutzt worden, und wir versuchen, es zu finden. Und den Mann, der
es benutzt.«
»Dann ist der Mann ein Verbrecher?«
»Nein. Er ist nur ein Zeuge.«
»Das ist schön«, sagte sie leise. »Er sah so gut aus …«
»Wenn wir eine genauere Beschreibung von ihm brauchen, würden Sie
uns dann helfen?«
Sie schlang die Arme um den Oberkörper. »Wenn Sie ihn nicht
verhaften«, sagte sie.
»Nein. Es sei denn, er ist wirklich ein Verbrecher.«
Sie nickte. »Darf ich jetzt wieder in die Küche?«, fragte sie.
»Bitte«, sagte er. »Für den Moment hab ich keine Fragen mehr an Sie.
Es kann aber sein, dass ich oder ein Kollege Sie noch einmal besuchen.«
»Ja«, sagte sie und stand auf.
Schwemmer erhob sich ebenfalls und reichte ihr die Hand. Sie
schüttelte sie artig.
»Wenn Sie den Papa sehen …«, sagte sie und ließ seine Hand los.
»Ja?«
»Ach nix.« Sie drehte sich um, aber nur, um sich sofort wieder
zurückzudrehen. »Sagen Sie ihm, ich tät ja zurückkommen, aber bloß, wenn er
mich in Ruh lässt.«
»Was meinen Sie damit?«
»Nix.« Sie stand starr vor ihm, nur ihre Augen blickten hektisch hin
und her. »Sagen S’ ihm das halt.«
»Warum sagen Sie es ihm nicht selber?«
Wieder schlang sie die Arme um den Körper, und immer noch sah sie
ihn nicht an. »Das hab ich schon«, sagte sie. »Aber auf mich hört er nicht.«
»Mit was soll er Sie denn in Ruh lassen?«
»Nix weiter«, sagte sie und drehte sich um. Entschlossen marschierte
sie auf die Küchentür zu. Im Vorbeigehen griff sie ihre Schürze vom Stuhl und
verschwand durch die Schwingtür.
Schwemmer sah ihr nach.
»Scheiße«, sagte er.
* * *
»Red du doch mal mit ihm«, sagte Bärbel. »Ich weiß nicht weiter.«
Schafmann tunkte mit einem Stück Brot die Reste der Gulaschsoße von
seinem Teller und steckte es in den Mund.
»Er hat noch nie zwei Fünfer hintereinander nach Haus gebracht.«
»Letztes Jahr hatte er mal eine Sechs in Mathe«, sagte Schafmann
kauend.
»Ja, aber nur in Mathe. Jetzt steht er auf
Vier in Mathe und auf Fünf in Französisch und Biologie. Da hatte er sonst immer
mindestens eine Drei. Und er redet überhaupt nicht mehr mit mir. Hast ja grade
gesehen. Teller leer und ab in sein Zimmer.«
Schafmann nickte verdrossen und stand auf. »Schaun mer mal«, sagte
er und ging, immer noch kauend, die Treppe hoch zu den Kinderzimmern. Die
beiden Kleinen teilten sich eines, was nicht mehr lange gut gehen würde, der
Große hatte ein eigenes.
» NO TRESSPASS. USE OF DEADLY FORCE «,
stand auf einem
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