Der Teufel von Herrenhausen
wie ein Anfänger. Aber so leicht würde
er es diesem miesen Gauner nicht machen. Denn dass er ein Gauner war, stand für
Bergheim fest. Er machte das Handy aus, steckte es weg und setzte ein
gefährliches Lächeln auf.
»Schönes Bild«,
sagte er ruhig, »was versprechen Sie sich davon?«
Sokolow hob die
Augenbrauen. »Nun, mit der passenden Aussage von Marlene kann es Sie Ihren Job
kosten.« Er grinste breit. »Von wegen Amtsmissbrauch und so. Sie wissen schon.
Und Ihre Freundin wird wohl auch nicht gerade begeistert sein.«
Bergheim überlegte
eine Weile.
»Warum der
Aufwand?«, fragte er dann.
»Sagen wir …«,
Sokolow schien nach den richtigen Worten zu suchen, »wir möchten in Ruhe
gelassen werden.«
Plötzlich schoss
Bergheims Rechte vor, packte Sokolow am Kragen und zog ihn über den Tisch.
»Sie hören von
mir«, zischte er ihm ins Ohr. Dann warf er ihn zurück aufs Sofa und verließ die
Wohnung.
Als er wieder auf
der Straße stand, schnappte er nach Luft.
Mist! Dieser
Scheißkerl hatte recht. Wusste der Himmel, was Marlene Krieger aus dieser Situation
machen würde. Aber sein Job war nicht seine Hauptsorge. Er fragte sich
vielmehr, wie er das Charlotte beibringen sollte. Sie war in dieser Beziehung
verdammt misstrauisch.
Charlotte hatte an
der Hindenburgstraße keinen Erfolg gehabt. Was trieben diese Leute bloß
andauernd? Frustriert stieg sie wieder ins Auto. Wenn ich schon mal unterwegs
bin, kann ich auch noch mal im Büro vorbeifahren und den Papierberg etwas
abtragen. Aber nicht länger als eine Stunde, nahm sie sich vor. Schließlich
hatte man auch noch so was wie ein Privatleben. Sie steuerte den Schiffgraben
entlang zum Aegidientorplatz und bog dann rechts ab in den Friedrichswall.
Eigentlich schade. Sie hätte wirklich Lust gehabt, wieder mit ihren Eltern und
Rüdiger in den Zoo zu gehen. Der Gorillaberg hatte es ihr besonders angetan.
Sie konnte sehr lange dort ausharren und den riesigen Affen zusehen, wie sie
gemächlich fraßen, im Fell eines Artgenossen nach Flöhen suchten oder mit
unergründlichem Blick die Zoobesucher anstarrten und dabei immer traurig
guckten. Charlotte fragte sich manchmal, ob diese Tiere glücklich waren, ob sie
überhaupt wussten, dass es so was wie Glücklichsein gab. Sie seufzte. Blödsinn,
sagte sie sich. Tiere sind zufrieden, wenn sie satt sind und sich fortpflanzen
können.
So einfach war
das.
Sie parkte am
Waterlooplatz und ging die paar Schritte zu Fuß zur KFI1 .
Der Himmel hatte sich zugezogen. Es wehte kein Lüftchen. Daraus würde sich ein
handfestes Gewitter entwickeln. Fünf Minuten später saß Charlotte an ihrem
Schreibtisch und fuhr den Computer hoch.
Bergheim hatte
sich zu Fuß Richtung Waterlooplatz aufgemacht. Das war ein strammer Marsch,
aber er brauchte die Bewegung und die frische Luft, um nachzudenken. Er hatte
nicht die Absicht, sich von irgendjemandem erpressen zu lassen, schon gar nicht
von diesem Rotzlöffel – egal, was passierte. Er überlegte, wie er es anfangen
sollte, das Ganze Charlotte beizubringen. Sie war – was untreue Männer anging –
ein gebranntes Kind. Er war sich nicht sicher, wie sie reagieren würde, wenn er
ihr das Foto zeigte. Und dass er es ihr zeigen würde, stand außer Frage.
Er marschierte
quer durch die Eilenriede und hatte nach einer guten halben Stunde den
Emmichplatz erreicht. Was seine berufliche Laufbahn anbelangte, so wusste er
nicht mal, ob es ihn wirklich glücklich machte, was er tat. Natürlich, er war
einer von den Guten, das war ein gutes Gefühl, aber er hatte immer Probleme mit
dem gehabt, was grausame Menschen anderen antaten.
Schon mehr als
einmal hatte er sich gefragt, ob er wirklich so weitermachen wollte, bis zur
Pensionierung oder bis ihn einer von den Bösen ins Jenseits beförderte. Da
konnte ihm dieser Rotzlöffel also nicht besonders wehtun. Außerdem war es nicht
so einfach, einen verdienten Polizisten zu diskreditieren. Da musste sich die
Dame schon eine verdammt glaubwürdige Geschichte zu dem Bild einfallen lassen.
Ihr gutes Aussehen war ihr größter Fürsprecher. Und dass seine Laufbahn nicht
ganz ohne Fehl und Tadel war.
Es lag zwar schon
einige Jahre zurück, aber als er in Hildesheim eine Anweisung missachtet und
eigenmächtig in das Haus eines unbedarften Bürgers – jedenfalls hatte sein
damaliger Chef diesen Menschen so bezeichnet – eingedrungen war, hätte ihm das
beinahe ein Disziplinarverfahren eingebracht. Na ja, leider war dieser Mensch
bei der Aktion um
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