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Der Teufel von Herrenhausen

Der Teufel von Herrenhausen

Titel: Der Teufel von Herrenhausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Griffiths-Karger
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dachte
Charlotte, wie hatte der Hofholt diesen Jungen bloß bis in die Abiturklasse
gemogelt. Es war Zeit für den Todesstoß.
    »Wir werden jeden
einzelnen Gast auf dieser Hochzeit befragen, und glauben Sie mir, wir werden
einen finden, der uns eine schöne Geschichte erzählen kann, in der Sie und
diese Frau die Hauptrolle spielen. Und dann brauchen Sie wirklich einen guten
Anwalt. Mord ist kein Kavaliersdelikt.« Sie wollte aufstehen, aber Ziemers Kopf
ruckte hoch.
    »Mord!«, rief er.
»Sie können mir doch keinen Mord in die Schuhe schieben. Nur weil ich die Alte
genagelt habe. Es war Anton. Fragen Sie Anton, der hat die ganze Zeit mit ihr
rumgemacht. Ich hab doch nichts mit dem Mord an dieser blöden Kuh zu tun!«
    Charlotte fand,
der Junge benutzte den Ausdruck »Kuh« eindeutig zu oft für eine Frau, die
offensichtlich gut genug war, um sie zu »nageln«, wie er sich ausdrückte.
    »Was hatte Sokolow
mit der Frau zu tun?«, fragte sie unwirsch.
    »Weiß ich doch
nicht!« schrie Ziemer. »Sie hat ihn vollgequatscht und wollte bei ihm landen.«
    »Und, ist sie bei
ihm gelandet?«
    Ziemer sackte in
sich zusammen. »Fragen Sie doch Anton.«
    »Was hat sie zu
ihm gesagt?«
    »Das weiß ich doch
nicht, Mensch.« Ziemer schien sich wieder etwas sicherer zu fühlen, jetzt, wo
sein Kumpel in der Schusslinie war. »Muss auf jeden Fall interessant gewesen
sein. Irgendwie so was hat Anton gesagt und dass er sich noch mal darum kümmern
wollte.«
    Charlotte nickte.
»Was wissen Sie über Timon Wegener?«
    Ziemer blickte auf
und schwieg eine Weile. »Fragen Sie Anton«, sagte er dann.
    »Ich frage Sie!«
Charlotte schlug mit der Hand auf den Tisch, sodass Ziemer zusammenzuckte.
    »Mein Gott, Anton
wollte sich an Timons kleine Schwester ranmachen, da ist der Kleine
durchgedreht und wollte sich mit ihm anlegen! Was kann ich dafür, wenn der so
blöd ist! Anton hat ihm jedenfalls gezeigt, was Sache ist.«
    »Und«, fragte
Charlotte, »wie hat er das genau gemacht? Hat er ihn umgelegt und irgendwo
verscharrt, oder was?«
    Ziemer wäre beinah
aufgesprungen. »Was?«, schrie er, beruhigte sich dann aber und runzelte die
Stirn. Auf diesen Gedanken schien er noch nicht gekommen zu sein. Als er eine
Weile nachgedacht hatte – Charlotte hatte den Eindruck, dass er daran nicht
gewöhnt war –, fühlte er sich wieder stark. »Quatsch, als ob Anton sich mit so
was aufhalten würde.«
    Charlotte stand
auf. »Sie können gehen, aber Sie bleiben erreichbar. Haben Sie das verstanden?«
    »Wie jetzt …«,
sagte Ziemer verblüfft, »erst wollen Sie mir einen Mord anhängen, und jetzt
kann ich gehen? Was läuft denn hier?«
    Charlotte ließ ihn
sitzen und fragte sich, wann er wohl dahinterkommen würde, dass sie rein gar
nichts gegen ihn in der Hand gehabt hatte.
    Nur eins war klar,
mit diesem Sokolow war irgendwas oberfaul.
    Am Nachmittag
gegen drei betraten Charlotte und Bergheim das Kinderkrankenhaus auf der Bult
am Bischofsholer Damm, wo Professor Dr. Wiedemann die Kinderpsychiatrie leitete.
    Dr. Wiedemanns
Erscheinung stand in direktem Gegensatz dazu, wie man sich einen
Kinderpsychologen vorstellt. Mit seinen fast zwei Metern Körperlänge, dem
dunklen Haarschopf und den funkelnden braunen Augen hätte Charlotte als
traumatisiertes Kind bei seinem Anblick wahrscheinlich Reißaus genommen. Sein
Lächeln allerdings relativierte diesen Eindruck sofort. In seiner weißen Jeans
und dem ebenso weißen Hemd wirkte er geradezu wie eine überlebensgroße,
rettende Märchenfigur.
    Er begrüßte
Charlotte und Bergheim mit einem festen Händedruck und führte sie in ein
lichtdurchflutetes, geräumiges Büro.
    »Setzen Sie sich
doch«, sagte er und wies freundlich auf eine mit hellgrünem Himmel aus
Organzastoff überdachte Sitzecke, deren helles Ecksofa mit unzähligen
Kuscheltieren übersät war.
    Charlotte und
Bergheim ließen sich in die weichen Polster sinken, und Dr. Wiedemann ließ sich
ihnen gegenüber auf einem Stuhl nieder.
    »Wie kann ich
Ihnen denn nun helfen?«, strahlte er in Charlottes Richtung.
    Die legte ihre
Ellbogen auf die Oberschenkel – sie fühlte sich in dieser Stellung irgendwie
sicherer, als so durch und durch entspannt halb in den Polstern zu liegen –,
schilderte ihm den Fall Grosser und schloss dann mit der Frage: »Glauben Sie,
dass man dem Gedächtnis eines vierjährigen Mädchens trauen kann?«
    Professor
Wiedemann nickte bedächtig mit dem Kopf. »Tja, das ist so eine Frage, die man
nur mit ›Jein‹

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