Der Teufel von Herrenhausen
und warte am
Samstag und Sonntag um zwölf Uhr an Mutters Lieblingsplatz auf dich. Dann
bringen wir alles in Ordnung. Deine Tochter Lisa.
Charlotte und
Bergheim hatten sich Lisa Grossers Adresse aus der Akte gesucht und sich gleich
auf den Weg in die Haltenhoffstraße gemacht, wo sie etwa fünfzig Meter von der
Wohnung entfernt am Straßenrand parkten und warteten. Thorsten und Maren waren
auf der Straße in einen Stadtplan vertieft. Gegen elf tat sich endlich was.
»Sie ist
unterwegs, geht in östlicher Richtung die Haltenhoffstraße entlang.«
»Bleibt dran, wir
warten hier.«
»Jetzt ist sie in
die Schaumburger abgebogen.« Bremer schnappte nach Luft. »Mein Gott, die hat es
aber eilig.« Zwei Minuten hörten sie gar nichts, außer Bremers Schnaufen.
»Ich glaube, sie
will zu den Gärten«, sagte Bremer dann. »Ist von der Schaumburger links
abgebogen und geht jetzt in östlicher Richtung die Herrenhäuser Straße
entlang.«
»Okay, wir fahren
jetzt dahin. Verliert sie bloß nicht!«
Wenige Minuten
später löste Lisa Grosser eine Karte für den Barockgarten. Bremer – getarnt mit
einem Sonnenhut – und Maren, den Stadtplan in der Hand, taten es ihr gleich.
Bergheim hupte
einen Kleinbus zur Seite und klaute einem Linksabbieger den Parkplatz. Er und
Charlotte stiegen aus, ignorierten den wütenden Protest des Linksabbiegers und
eilten zum Eingang, wo Charlotte sich brav in die Schlange vor der Kasse
einreihte. Bloß kein Aufsehen. Es war halb zwölf.
Lisa Grosser
schlenderte durch die Anlagen, als hätte sie keine Termine. Sie ging in die
Grotte, nur Maren folgte ihr. Thorsten blieb am Eingang stehen und studierte
die Broschüre. Charlotte hatte für solche Fälle eine Blondhaarperücke, die
ihren Typ so veränderte, dass selbst ein wütender Ostermann sie nicht erkannt
hätte. Bergheim hatte sich seine Baseballmütze tief ins Gesicht gezogen, stand
aber trotzdem nur mit dem Rücken zur Zielperson.
Charlotte wurde
unruhig. »Wie lange will sie denn noch da drinbleiben?«
Sie schaute auf
die Uhr. Zwanzig vor zwölf. Dann kam Lisa heraus und spazierte langsam den
Hauptweg im Großen Parterre zwischen den kunstvoll angelegten, großflächigen
Beeten mit symmetrischen Mustern aus einer Vielzahl leuchtend bunter Blüten
entlang.
Thorsten und Maren
folgten ihr und stritten sich über eine bestimmte Blütenfarbe. Charlotte
lächelte. Maren war wirklich ein Naturtalent.
Zehn vor zwölf.
Lisa Grosser beschleunigte ihren Schritt und ging jetzt zielstrebig den
Hauptweg weiter entlang.
Charlotte und
Bergheim setzten sich langsam in Bewegung und folgten dem Trio unauffällig.
»Ich glaube, sie will zur großen Fontäne«, sagte Charlotte.
Die große Fontäne
befand sich in einem Rondell, das von Hainbuchenhecken begrenzt wurde, inmitten
eines runden Wasserbeckens. Sie war der Mittelpunkt und die Hauptattraktion des
Barockgartens. Hier konnte man auf Parkbänken oder auf kleineren Rasenflächen
pausieren und die Fontäne betrachten, deren Wasser fast achtzig Meter hoch in
die Luft schoss.
Bremer drehte sich
um und kratzte sich an der linken Wange. Lisa Grosser war also nach links
abgebogen. Bremer und Maren gingen nach rechts. Im Moment war niemand mehr zu
sehen. Charlotte und Bergheim betraten jetzt vorsichtig das Rondell. Charlotte
sah sich um, während Bergheim an seinem Wagenschlüssel herumfummelte. Lisa
Grosser spazierte langsam und suchend um die Fontäne herum. Drei Minuten vor
zwölf.
Plötzlich sah
Charlotte ihn. Nicht dass er dem Bild, das sie von ihm hatte, auch nur
irgendwie ähnelte. Nein, es war mehr Gefühl als Wissen. Er trug eine
Sonnenbrille und ebenso wie Bergheim eine Baseballkappe und saß allein und
aufrecht auf einer der Parkbänke, bereit, sofort die Flucht zu ergreifen, falls
das nötig sein würde. Er musste es sein. Lisa Grosser schien das Gleiche zu
denken. Sie ging langsam auf ihn zu. Charlotte gab Bergheim ein Zeichen und
drehte sich nach Bremer und Maren um. Die beiden hatten den Mann ebenfalls
gesehen und gingen langsam von der anderen Seite auf die beiden zu.
Charlotte wusste
später nicht mehr zu sagen, warum sie sich noch mal umdrehte. Auf jeden Fall
blieb sie verblüfft stehen, als sie den Mann sah, der nicht weit hinter ihnen
schlenderte.
Schnell blickte
sie wieder nach vorn.
»Dreh dich mal
um«, sagte sie halblaut, »was will der hier?«
»Wer?«, fragte
Bergheim und wandte den Kopf.
»Keine zehn Meter
hinter mir, der in der hellen Hose und dem
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