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Der Teufel von Mailand

Der Teufel von Mailand

Titel: Der Teufel von Mailand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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oben.
    »Die lagen einfach in einem Haufen auf dem Grund und leuchteten.«
    »Muß toll ausgesehen haben.«
    »Mir hat es angst gemacht.«
    »Angst?«
    »Das ist kein schlechter Scherz. Das ist eine Drohung. Wie das mit dem Ficus.«
    »Glaubst du, das hängt miteinander zusammen?«
    »Bestimmt.« Sie stand vom Tisch auf und stahl sich einen Zug aus seiner Zigarette.
    Manuel fragte: »Wie findest du den Pianisten?«
    »Der ist gut.«
    »Ich glaube, ich verknall mich.«
    »Ist er schwul?«
    Manuel wiegte zweifelnd den Kopf.
    »Ich dachte, ihr merkt das sofort?«
    »Ich nicht. Was meinst du, ist er?«
    »Mir ist nichts Weibliches an ihm aufgefallen.«
    »Mir auch nicht. Mir gefällt das Männliche.«
    An diesem Abend wollte Sonia nicht allein sein. Sie lud Manuel zum Abendessen im Steinbock ein, bestellte eine zweite Flasche Wein, noch bevor die erste ganz leer war, und blieb sitzen, als Manuel sich verabschiedete. Er hatte Frühdienst.
    Der Steinbock war für seine Verhältnisse gut besetzt gewesen. Bis vor einer halben Stunde hatten die Lüttgers an einem der Nebentische gesessen, und die Häusermanns hatten sich den Abend von den Kindern freigenommen und schienen etwas zu feiern. Einen Geburtstag, Hochzeitstag, Verlobungstag, Versöhnungstag oder sonst einen der besonderen Tage, die sich im Lauf einer Ehe ansammeln.
    In der Wirtschaft drüben, die durch eine mit alten Bauern- und Küchenutensilien dekorierte Sprossenwand vom weiß gedeckten und mit thailändischen Orchideen geschmückten Teil abgetrennt war, wurde an drei Tischen Karten gespielt. Etwas abseits allein saß der Bauer, den Sonia manchmal die Straße beim Hotel entlanghumpeln sah. Er starrte vor sich hin, und seine Lippen bewegten sich kaum sichtbar in einem tonlosen, wütenden Zwiegespräch mit seinem halbvollen Glas Rotwein.
    Plötzlich stand der Koch mit einem Tablett neben ihr.
    »Eis aus wilden Heidelbeeren mit Cocoscreme. Geht aufs Haus.« Er stellte ein Tellerchen vor sie hin und blieb beim Tisch stehen.
    Sonia kostete. »Wunderbar«, sagte sie.
    Der Koch blieb stehen. Er sah frisch gekämmt aus. Auf der Stirn hatte die Kochmütze einen Abdruck hinterlassen. P.B. war mit blauem Faden rechts über der Brust eingestickt.
    »Warum setzen Sie sich nicht?«
    Er setzte sich und schaute zu, wie Sonia das Dessert löffelte.
    »Nicht zu süß?«
    »Ehrlich gesagt: ein wenig schon.«
    »Die Creme. Ein thailändisches Rezept. Die brauchen etwas Süßes nach den scharfen Curries. Das nächste Mal nehme ich weniger Palmzucker.«
    »Kochen Sie schon lange so?«
    »Erst seit dieser Saison.«
    »Gratuliere.«
    »Die Gäste bestellen es nicht.«
    »Die Hotelgäste schon. Heute waren es drei Tische.«
    Er grinste. »Rekord.«
    »Es wird sich herumsprechen.«
    »Unter den zwanzig Hotelgästen? Davon kann der Steinbock nicht leben.«
    »Das Gamander auch nicht.«
    »Muß es auch nicht.«
    Hinter dem Empfangstresen saß jetzt Igor. Er trug einen dunklen Anzug und eine Krawatte.
    »Blitzkarriere«, sagte Sonia.
    Igor hob die Hände. »Sollte ich nein sagen?«
    Sonia ging zur Treppe.
    »Jetzt kannst du wenigstens ruhig schlafen«, rief er ihr halblaut nach.
    »Mal sehen«, murmelte sie.
    In Bagdad hatte ein Selbstmordattentäter über vierzig Polizeianwärter in die Luft gesprengt. Max, das Tief, hockte immer noch über der Adria und verdarb den nördlichen Nachbarn den Sommerbeginn. Unter den Hunderten von Hinweisen auf den Tierquäler befand sich bisher nichts Brauchbares.
    Um vier Uhr weckte sie ein Ton wie ein eisblauer Glasstab. Auf der Waschkommode leuchtete ihr Handy. Sonia stöhnte, machte Licht und stand auf.
grüße aus dem meccomaxx
ich schlafe
sorry schlaf gut
jetzt bin ich wach was gibts
hieß er pablo
wer
der mit dem acid
ja warum
soll ich
was
beides
nein
was nicht
beides geh schlafen
    Sonia legte sich wieder ins Bett und schloß die Augen. Casutt kam ihr in den Sinn. Wenigstens durfte er nun mit ruhigem Gewissen schlafen. Sie versuchte, ihn sich schlafend vorzustellen, ohne sein erstarrtes Lächeln. Es gelang ihr nicht.
    Hatten diese seltsamen Anschläge ihm gegolten? Ihn hatten sie jedenfalls den Job gekostet.
    Aber weshalb sollte jemand einen solchen Aufwand treiben, nur um einem alten Mann die letzten Jahre vor dem Ruhestand zu vergällen?
    Vielleicht eine alte Dorffehde? Immerhin stammte er von hier.
    In der Ferne schlug die Kirchenglocke bedrohlich das erste Viertel der fünften Stunde. Sonia ging ins Bad. Im schwachen Licht der Fassadenbeleuchtung

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