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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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zweites Mal hin.
    Vergebens. Auch die Schlösser der vorderen Eingangstüren erwiesen sich als unberührt, waren alle sauber und glatt und weigerten sich, mir irgendetwas über sich zu verraten, als ich mit dem Licht in die Schlüssellöcher leuchtete. Vor dem mittleren Portal verweilte ich ein oder zwei Sekunden länger, denn ich sah das Bild auf der anderen Seite so deutlich durch die Tür hindurch, als hätte ich das zweite Gesicht. Ich spürte das Gewicht des Körpers, der dort hing, in meiner Brust schien er so viel schwerer zu lasten als in der realen Welt.
    Dann ging ich durch die linke Tür wieder hinein. Mr. Piest und Pfarrer Sheehy standen etwas weiter weg vor dem Altar.
    »Gibt es noch einen anderen Schlüsselbund?«, fragte ich den Priester und gab ihm die Schlüssel zurück.
    »Nein«, antwortete er.
    »Dann kann der Mörder sehr geschickt mit Schlössern umgehen, was unsere Suche auf die sechs- oder siebentausend Gauner der New Yorker Unterwelt eingrenzt. Ich sehe, Sie sind weiter gekommen als ich.«
    Piest und Pfarrer Sheehy hatten ein Tuch über die vorderste Kirchenbank gebreitet und verschiedene Gegenstände darauf ausgelegt. Einen Beutel mit großen Eisennägeln, deren Form mir jetzt entsetzlich vertraut erschien. Einen Hammer. Eine Metallsäge, eingewickelt in ein Stück Sackleinen und blutverschmiert. Einen Pinsel, der in dem gelblichen Licht elfenbeinern schimmerte, und einen kleinen Eimer mit weißer Tünche. Und schließlich den leeren Sack, in dem all das enthalten gewesen war: zusammengenommen eine hübsche kleine Ausstattung, mit der sich die Schändung von allem, was richtig und wahrhaftig war, vollbringen ließ.
    »Wo haben Sie diese Sachen gefunden?«, fragte ich.
    »In der Sakristei, bei meinen Priestergewändern«, antwortete Pfarrer Sheehy. Die Worte kamen mit einem Knirschen heraus, zwängten sich durch seine Lippen.
    »Die Außentüren wurden nicht gewaltsam geöffnet«, sagte Mr. Piest langsam, »Sie sind der Einzige, der einen Schlüssel besitzt, und diese Werkzeuge waren bei Ihren Gewändern versteckt.«
    »Wollen Sie damit andeuten, dass ich, als Katholik und gehorsamer Diener Seiner Heiligkeit und der römisch-katholischen Kirche, auf die Idee kommen könnte, dem Laster ein Ende zu bereiten, indem ich einen Akt von so profaner Grausamkeit verübe, dass es die bloße Vorstellung von Sünde neu definiert?«, fauchte der Priester. »Diese – diese – Scheußlichkeit, diese barbarische Schandtat ist ein Streichholz, das die irischen Häuser von New York in Brand setzen wird. Ich bin nicht emigriert, um meine Schäfchen ins Verderben zu stürzen!«
    »Nein, nein, Sir, diese Tatsachen sprechen ja zu Ihren Gunsten«, rief Mr. Piest. »Ganz entschieden.«
    »Dann wäre ich dankbar, wenn Sie mir erklären könnten, wie.«
    »Weil niemand sich so verhalten würde«, erwiderte ich, denn mir war klar, worauf mein Kollege hinauswollte. »Ein Kind umzubringen und dann das Werkzeug in einem Versteck zu lassen, das leicht zu entdecken ist. Wenn wir es nicht gemeinsam mit Ihnen gefunden hätten, würden die Dinge schon wieder anders aussehen. Trotzdem kann man nicht sagen, dass das eine gute Nachricht ist.«
    »Wie das?«
    »Es wurde wieder ein Kind ermordet, aber diesmal hat man versucht, Ihnen das Verbrechen in die Schuhe zu schieben.«
    »Glauben Sie, dass deshalb lauter Kreuze rund um das Opfer gemalt wurden?«, rief Mr. Piest aus und schnippte mit den Fingern. »Um auf den Pfarrer hier hinzuweisen?«
    »Das kann ich nicht sagen, aber ich ziehe es der anderen möglichen Erklärung vor.«
    »Die da wäre?«
    »Dass der Mörder noch den letzten Rest an Verstand verloren hat.«
    Bumm. Bumm. Bumm.
    Diesmal kam der Lärm von der Hintertür. Mr. Piest schnappte sich die Schlüssel und eilte davon. Ich blieb bei Pfarrer Sheehy, in der Hoffnung, er werde nicht grün im Gesicht werden oder in eine schwarze Ohnmacht fallen. Doch ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen. Er schien eher große Lust zu haben, die regenbogenfarbenen Kirchenfenster neu einzufärben, indem er diesen kranken Bastard hindurchschleuderte.
    Polizeichef Matsell kam herein, Dr. Peter Palsgrave im Schlepptau. Mr. Piest schickte Neill noch einmal fort und folgte ihnen dann.
    »Bringen Sie mich auf den neuesten Stand. Wie schlimm ist es?«, fragte Matsell.
    »Meine Phantasie reicht nicht aus, mir noch Schlimmeres auszumalen«, antwortete ich und wies ihm die Richtung.
    Wir gingen schnurstracks zum Eingang der Kathedrale,

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