Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye

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und ich wollte schon weitere Erläuterungen folgen lassen, als Dr. Palsgrave zu schreien begann.
    Es war ein unirdisches, grauenvolles Geräusch – etwas, das man seiner Kehle entrissen hatte, obgleich es dort nicht hätte sein dürfen. Ein sehr persönliches Geräusch. Verängstigt und entsetzt, als habe sich unter ihm ein Abgrund aufgetan. Dann verstummte er abrupt und brach auf der nächsten Kirchenbank zusammen.
    »Sie haben doch sicher schon einmal Blut gesehen, Doktor«, bemerkte Matsell ungläubig.
    »Es ist – es ist nichts«, keuchte Dr. Palsgrave und krallte die Nägel in seine Brust. »Nur mein Herz. Oh, mein Herz. Der Himmel erbarme sich unser, was ist geschehen?«
    »Dasselbe, was zuvor schon zwanzig Mal geschehen ist«, erwiderte ich mit einer gewissen Härte.
    »Aber das hier. Da, da, schauen Sie es sich doch an«, schriePalsgrave und zog sich an der Rückenlehne der Vorderbank hoch. »Und das wurde einem hilflosen kleinen Kind angetan. Wer ist fähig zu einer solchen Tat? Ich kann das nicht – das ist völlig wahnsinnig .«
    Das ist nicht richtig , tönte es unaufhörlich in meinem Kopf.
    »Der Geist des Täters umnachtet sich zusehends«, stimmte ihm Polizeichef Matsell entschieden zu. »Wir haben seine Warnungen ignoriert, das hat ihn in einen Zustand gewalttätigen Irrsinns getrieben. Und jetzt erzählen Sie mir, was Sie sonst noch gefunden haben, Wilde, während Dr. Palsgrave seine Voruntersuchungen durchführt. Dr. Palsgrave, nehmen Sie sich zusammen.«
    Unser halb hysterischer Fachmann sah krank aus vor Furcht, doch er riss sich von seiner Bank los, als habe er beschlossen, auf den gewaltigen Aufruhr in seiner Brust einfach nicht zu achten. Bei seinem Anblick wurde mir weich ums Herz, in meinem Kopf hallten Birds Worte nach. Dass er Kinder liebte, war offensichtlich. Und auch ich konnte aus zehn Metern Entfernung das Blut riechen. Der entsetzliche Anblick war das genaue Gegenteil seiner ärztlichen Ziele. Wenn er über unsere Namen Buch führt und uns später wiedersieht ... na ja, dann sind wir wieder krank, nicht wahr? Dann hat er versagt. Aber der Polizeichef hatte recht, und der Doktor wusste das, also blinzelte er ein paarmal und bewegte sich dann wie ein Automat auf das Portal zu.
    Keine fünf Minuten später bat Dr. Palsgrave uns, die Leiche abzunehmen und auf den Boden zu legen, da die Inaugenscheinnahme dieser Inszenierung eines Verrückten keine weiteren Hinweise mehr versprach. Matsell nickte, Pfarrer Sheehy holte eine Brechstange, und drei Minuten später hatten die beiden kräftigen Männer das Werk vollbracht. Der Körper lag jetzt auf einem Stück Sackleinen und sah so viel kleiner aus als noch vor wenigen Augenblicken.
    Ein paar flatterige Minuten später verkündete Dr. Palsgrave sein Urteil.
    »Ich habe dieses Kind meines Wissens nie zuvor gesehen. Der Junge war zu Lebzeiten gesund, etwa elf Jahre alt, seine Organe sind vollkommen intakt, und er starb an einer Überdosis Laudanum«, verkündete Dr. Palsgrave.
    Wir starrten ihn an.
    »Es gibt Spuren auf seinen Lippen, die nahelegen, dass er sich erbrochen hatte. Das allein wäre noch nicht sehr beweiskräftig, doch darüber hinaus weist er sämtliche Symptome des Erstickens auf – seine Fingernägel sind ganz blau, ebenso seine Lippen.«
    »Dann wurde er erwürgt«, sagte Polizeichef Matsell.
    »Auf keinen Fall – es gibt keinerlei Strangulationsmale am Hals.«
    »Dann wurde er also vergiftet? Aber ...«
    »Riechen Sie doch selbst an dem Flecken auf dem Hemdkragen, und dann sagen Sie mir, ob das nicht ein opiumbasiertes Schmerzmittel mit typischem Anisgeruch ist?«, schrie der alte Mann. »Versetzt mit Morphium – ja, das würde mich nicht wundern, denn es scheint gewirkt zu haben, bevor die Übelkeit ihn richtig gepackt hatte.«
    »Das ist ein bisschen weit hergeholt, meinen Sie nicht, Doktor?«, warf Mr. Piest zögernd ein. »Die Methode scheint geradezu ... human. Halten Sie das für plausibel?«
    »Wir haben es hier mit einem meuchelmordenden, religiösen Fanatiker zu tun, und Sie faseln etwas von Plausibilität?«
    »Wollen Sie mir etwa erzählen«, knurrte Matsell, »dass irgendein geisteskranker Unmensch mit einem gefangenen Kind hier eingebrochen ist, es vergiftet hat und es dann, nachdem er es sanft in den Schlaf geschickt hat, hier angenagelt und aufgesägt hat? Einfach nur um des Effektes willen?«
    »Oh barmherziger Gott«, wisperte eine andere, ganz leise Stimme.
    Ganz gleich, wie heftig die