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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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fünfstöckige Monstrosität der einstigen Brauerei aufragte, bleich und rissig wie ein alter Totenschädel, dort lebten alle Rassen zusammen. Denn ist ein Mann erst einmal so arm, dass er dort strandet, dann kann er nicht mehr tiefer sinken.
    In dieser Kloake loderten überall Feuer unter freiem Himmel. Was den Boden unter unseren Füßen bedeckte, sah aus wie Kaffeesatz, aber ich wusste nur zu gut, dass es keiner war. Die Menschen standen in Gruppen zu dritt, zu siebt oder zu zwölft herum, zündeten Fackeln am nächsten Feuer an und hielten Ausschau nach Ihresgleichen. Es gab vor allem Iren, die man wahrscheinlich zusammengetrommelt hatte. Ein paar Schwarze, aber die standen vor ihren eigenen Häusern und blickten argwöhnisch drein. Und noch mehr Polizisten, ziemlich viele.
    Direkt vor der Brauerei hatte sich die Gang der Bowery Boys aufgebaut. Den Unterschied zwischen Angreifern und Verteidigern kann man an der Art erkennen, wie sie die Ziegelbrocken halten. Und diese Nativisten hier legten sie sorgfältig auf dem Boden aus, als würde es ein großartiger Sommerspaß werden, sie einzusetzen. Sie waren bis auf den letzten Mann gekleidet wie eine billige Ausgabe von Val. Jeder Hemdkragen war umgeschlagen, auf jeder Weste prangten bunte Blumen, jeder Hut war auf Hochglanz gebürstete Seide. Und der höchste Hut von allen war der von Bill Poole. Er hatte eine Zigarre zwischen den Lippen und stand genau in der Mitte der Cross Street an derSüdspitze des Dreiecks, rot leuchtend wie ein Feuerwerk am 4. Juli.
    »... und jetzt lässt man zu, dass diese Religion, diese schwärende Pestbeule, blüht und gedeiht!«, dröhnte er. »Sie versteckt sich nicht länger in ärmlichen Hütten und in den Kellern der Fuselläden. Sie bauen eine Kathedrale ! Und was machen sie dann, diese weißen Wilden, fragt ihr euch vielleicht? Sie nehmen eines ihrer eigenen Kinder und opfern es für den Antichristen aus Rom!«
    Grotesker Applaus aus den Reihen der Bowery Gang, angewiderte Grimassen auf der Seite der Iren. Die Schwarzen warteten einfach ab, welches ihrer Häuser diesmal niedergebrannt werden sollte.
    »Also. So geht das nicht«, sagte der Mann zu meiner Linken und blickte nervös auf seinen Kupferstern. »Einem Krawall Einhalt gebieten, bevor er zum Aufstand ausartet, das ist eine Sache, aber ...«
    »Wenn du mich fragst, Bill Poole«, ertönte eine Stimme, die wie eine Alarmglocke durch den Qualm schnitt, »solltest du nach Hause gehen und deinen Rausch ausschlafen. Und ich bin zufällig ziemlich guter Laune heute Abend. Daher werde ich dich auch gehen lassen.«
    George Washington Matsell. An der Spitze seiner achtzehn Polizei-Captains und ihrer sechsunddreißig Assistenten. Ich hatte in meinem Leben noch keine gefährlicher aussehende Ansammlung von Feuerwehrmännern, Straßenrowdys, Parteischlägern und Berufskrakeelern gesehen. Sie machten ziemlich deutlich, wie Matsells Rekrutierungsprinzipien aussahen. Wer der Partei treu ergeben oder gar ein guter Wachmann war, durfte einen Kupferstern tragen. Wer aussah, als hätte er schon mit bloßen Händen einen Kerl erwürgt und auch keine Scheu, das noch ein zweites Mal zu tun, der durfte sich Captain nennen. Valentine stand gleich hinter Matsell und sah in die Runde, den Knüppel elegant über die Schulter gelegt.
    »Da seht ihr’s, für welche Seite diese stehende Armee, diese sogenanntePolizei, kämpfen will«, schrie Bill Poole. »Das ist ein Angriff auf die Demokratie! Patrioten gehorchen doch keiner Bande von Straßenschlägern!«
    »Lustig, dass du das sagst«, meinte Matsell affektiert. Die flackernden Spizen der Fackeln, die ihn umgaben, schienen hungrig seinen Worten zu lauschen und den Atem anzuhalten. »Ich erkläre es euch noch einmal: Bürger, die Versammlung ist aufgelöst! Falls ihr nicht wisst, was das bedeutet, es heißt: Teufel noch mal, geht alle nach Hause, während wir den Hurensohn suchen, der dieses Kindchen getötet hat.«
    »Und ich erkläre, die Versammlung ist nicht aufgelöst«, spottete Bill Poole. »Was sagst du jetzt?«
    »Es wird Verletzte geben. Du willst das vielleicht, Poole, aber ich nicht. Deshalb sag ich’s mal anders: Du wirst verletzt werden.«
    »Ihr seid nicht in der Lage, einen geisteskranken Iren dingfest zu machen, und da denkt ihr, ihr könntet einen Amerikaner ins Bockshorn jagen?«
    »Ich denke, ich kann ein Großmaul einbuchten, wann immer ich will«, knurrte Polizeichef Matsell resigniert. »Darf ich bitten, Captain Wilde.«
    »Wie

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