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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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zersplittern.
    »Na, wenn das mal nicht ein Mordsglück für uns ist«, sagte Valentine und klopfte mir auf den Rücken. »Du findest Mercy Underhill doch sogar blind in der Schwärz mit gefesselten Händen, du kannst also ...«
    »Nein«, sagte ich kalt und deutlich. »Nein. Ich wollte dir nur helfen, mit der Leiche wollte ich dir helfen. Das ist alles.«
    »Warum zum Stepfel solltest du mir helfen wollen? Und wenn du das tatsächlich wolltest, aus welchem witschen Grund solltest du dann jetzt damit aufhören wollen?«
    »Ich werde Mercy nicht nötigen, sich das anzuschauen. Das würde ich für niemanden tun.«
    »Nicht einmal für den armen toten Knaben?« Als ich wutentbrannt den Mund öffnete, hob Valentine seine breite und zugegebenermaßen respektgebietende Hand.
    »Du hast den kleinen gebeekerten irischen Schreiling gesehen, und dann war dir zum Wienägeln, und deshalb bist du mit mir gekommen, weil du wissen wolltest, ob du den Schneid hast, das noch einmal zu tun. Ich hab’s verstanden, Tim. Aber du warst toff. Hör zu, ich werde den Schratz hier waschen lassen und schön einkluften, dann muss sie sich nur um seinen Namen Gedanken machen. Ich lass ihn sogar zu St. Patrick’s bringen, das sind bloß sechs Blöcke die Prince Street runter, vielleicht erkennt ihn dort schon jemand. Möglich ist’s, dass der Pfarrer weiß, wo er herstammt.«
    »Ich habe nicht einmal den offiziellen Befehl erhalten ...«
    »Matsell war heute Morgen drauf und dran, dich rauszuschmeißen, toter Schreiling hin oder her, ich werd ihm also sagen, dass ich dich brauche, um diesen Fall hier im Achten Bezirk zu klären. Ist doch prima. Ich werd ihm erzählen, was du über die Fingernägel gesagt hast. Das war kochem. Das kommt von deiner Schenegel an der Bar, möcht ich wetten.«
    »Aber ich weiß nicht, wie ich ...«
    »Wer weiß das schon, Tim? Ich werd all meine Männer darauf ansetzen, die Leute zu befragen, wenn sie ihre Runden machen, und dir dann brühwarm das Neueste erzählen, wenn du mir heute Abend Bericht erstattest. Ich bin nach zehn im Liberty’s Blood. Da kannst du mit mir einen Schmorch pilmern.«
    »Bitte sag mir, dass das heißt: eine Pfeife rauchen.«
    »Was zum Teufel sollte es wohl sonst heißen?«
    »Ich kann doch nicht einfach Mercy ...«
    »Es geht hier um einen Mord. Sie ist hart im Nehmen und ziemlich gescheit, sie wird es verkraften. Mach’s gut, Tim, und viel Glück.«
    »Hier geht es nicht nur um einen Mord!«, fuhr ich ihn an und rieb voller Verzweiflung meine Stirn.
    Valentine war fast schon bei den Treppenstufen angelangt. »Oh!«, sagte er und blieb stehen.
    Ich machte mich darauf gefasst, lächerlich gemacht zu werden. Aber er warf mir bloß mit einem wissenden Grinsen eine Münze zu.
    »Da ist ein Shilling. Kauf dir eine Maske. Irgendwas patriotisch Rotes, was Schickes, Geheimnisvolles.«
    Ich schloss die Faust um die Münze und protestierte: »Mit einer Maske löse ich doch niemals das Problem ...«
    »Gönn dem alten Lappen in deinem Mund mal eine Pause, Timothy. Ich habe nicht gesagt, dass es damit gelöst wäre. Es gibt eine ganze Menge Dinge, die auch ich nicht lösen kann, sosehr dich das überraschen mag.«
    Seine Stimme klang sarkastisch. Dann lächelte mich Val, flink wie ein Wolf, mit einer Reihe weißer Zähne an.
    »Aber es könnte helfen, nicht wahr? Es könnte helfen. Mach das. Und dann geh Mercy Underhill suchen und finde heraus, wer dazu imstande wäre, einen irischen Schratz wie einen Hummer zu knacken. Ich brauch dir nicht zu sagen, dass ich genauso erpicht darauf bin, es zu erfahren, wie du.«

7
    Die Jahresberichte der Stadtinspekteure zeigen, dass fast in der Hälfte aller Todesfälle durch Schwindsucht die ausländische Bevölkerung betroffen ist. Darüber hinaus handelt es sich bei über einem Drittel aller Todesfälle um Ausländer. Ein so gewaltiges Ungleichgewicht lässt sich nur dadurch erklären, dass die unter uns lebenden Fremden von außer gewöhnlichen Todesursachen betroffen werden.
    Die sanitären Bedingungen der arbeitenden Bevölkerung
    von New York, Januar 1845.
    Rote Masken sind eher etwas für die Banditen in Theateraufführungen der Bowery oder vielleicht noch für italienische Pantomimekünstler. Mein Bruder, der Gauner, hätte gar nicht gewusst, worin der Unterschied bestand. Doch die Idee an sich war schon vernünftig, wie ich zähneknirschend zugeben musste. Also besorgte ich mir einen kohlegrauen Streifen aus weichem Baumwollstoff und band ihn über dem

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