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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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Marsh blinzelte, während sie mit den Fingern durch die Mähne meines Bruders fuhr. »Sie ist achtzehn, Mr. Wilde. Aber Lily ist fünfzehn, falls Sie die Geduld haben, noch eine halbe Stunde auf sie zu warten.«
    »Das ist nicht ganz, was ich meinte«, erwiderte ich verschlagen.
    Mein Bruder zwinkerte mir hinter Madam Marshs Rücken zu.
    »Mein Bruder ist ein ganz schöner Schwerenöter. Da ist nichts Böses dabei, er behandelt sie gut. Er ist sogar sehr zärtlich mit ihnen. Aber ich fürchte, für ihn müssen es ungeöffnete Knospen sein – ist sie erst erblüht, verliert die Rose jedes Interesse für ihn.«
    Es ist verdammt schwierig, nicht zu zeigen, dass es einen schaudert. Aber es gelang mir. Ich hätte nicht sagen können, ob ich Val lieber eine hätte runterhauen wollen, weil er etwas so Widerwärtiges gesagt hatte, oder ihm die Hand schütteln, weil er so schnell kapiert hatte.
    »Oh!«, antwortete Madam Marsh leise. »Ich fürchte, diese Art von Diensten haben wir nicht zu bieten.«
    »Das ist aber schade«, seufzte Val, »denn während Tim beschäftigt ist ... nun ja, müsste ich mir ja auch irgendwie die Zeit vertreiben, nicht wahr?«
    Böser, verruchter Mann , dachte ich, während ich innerlich applaudierte.
    Auf Silkie Marshs Gesicht trat ein Lächeln. »Da fällt mir ein, wir haben ja ein Mädchen, sie hilft mir beim Stopfen und Nähen.«
    »Wunderbar! Aber weißt du, was er wirklich möchte? Wenn er mit einer kleinen Miss zusammen ist, mag Tim nichts lieber, als wenn auch ein kleiner Strabanzer mit dabei ist. Um dem Kleinen das Spiel beizubringen, ihm zu zeigen, wie es geht. Dein Liam ist nicht mehr im Dienst, möge er in Frieden ruhen, aber wenn du ... ich weiß ja nicht ... sagen wir mal, du hättest einen Stallburschen vielleicht, das wäre eine wahre Wonne für unseren Timothy Wilde.« Er gab ihr die drei Dollarmünzen zurück.
    Ich fühlte mich ganz seekrank, lächelte meinen schrecklichen, lasterhaften, schweinecleveren Bruder an und hielt den Mund.
    »Und dabei hatte ich geglaubt, es gebe in New York nicht einen Mann, der so wunderbar verderbt ist wie Ihr Bruder hier«, sagte Silkie Marsh mit einem leichten Lachen zu mir und lehnte sich ein wenig in seinen Arm zurück.
    »Da hatten Sie auch absolut recht«, antwortete ich trocken.»Ich möchte den Schratzen ja nur zeigen, wie man sich ein bisschen amüsiert.«
    Nachdem sie uns versichert hatte, das werde keinerlei Schwierigkeiten bereiten, erhob sich Silkie Marsh und ließ zwei Glöckchen ertönen. Der Stallbursche sei allerdings etwas ungeschliffen, warnte sie mich. Aber er sei ein braver Junge, und sie hätten ihn trotzdem alle gern. Sie sei gewiss, dass seine ungewöhnliche Art mir nichts ausmachen würde.
    Ein paar Minuten später kamen zwei Kinder die Treppe herunter. Das erste war ein elf oder zwölf Jahre altes Mädchen, pummelig und mit verschlafenem Gesicht, ihr braunes Haar war wie das von Bird frisiert, und sie trug ein ähnlich kostbares Nachthemd, Gott sei Dank ohne Blutspuren. Das andere Kind war der kleine, vogelknochige irische Junge, den ich davor gewarnt hatte, Melasse zu stehlen, bevor das Feuer Nick’s Austernkeller zerstörte, nur trug er diesmal ein Nachthemd und noch dazu Lippenfarbe. Mir klappte bei seinem Anblick die Kinnlade herunter, und ich hatte plötzlich das Gefühl, die Luft in meinen Lungen werde sengend heiß. Alle beide hatten offenbar erst vor kurzem eine Dosis Laudanum erhalten.
    »Wacht auf, ihr Lieben. Neill, Sophia, dieser Gentleman hier wird sehr nett zu euch sein.«
    »Genau das wird er«, stimmte Valentine ihr zu und schwang sich auf die Füße. Ich stand auch auf. »Habt ihr oben noch was, das ihr mitnehmen wollt?«
    Sophia, vor Schreck erstarrt, sagte nichts. Neill hatte mich, da er ein pfiffiger kleiner Junge war, trotz des grauen Stoffstreifens und des breitkrempigen Hutes bereits erkannt. Daher schüttelte er den Kopf, und seine Finger krampften sich zusammen wie die Krallen eines winzigen Spatzen.
    »Habt ihr Schuhe?«, fragte ich weiter.
    Wieder ein leerer, verängstigter Blick, wieder ein Kopfschütteln.
    »Was meinen Sie, um Himmels willen?«, rief Madam Marsh. »Sie wohnen hier!«
    »Jetzt nicht mehr«, sagte ich.
    »Weißt du eigentlich, altes Haus«, bemerkte Val, »dass Prostitution illegal ist? Ich wusste das auch nicht. Ich war nur ein ahnungsloser Feuerwehrmann, immer scharf aufs Schiebern. Aber wie ich jetzt erfahren habe, ist das gegen das Gesetz. Kaum zu glauben, nicht? Du kannst

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