Der Teufel wird dich kuessen
füreinander war dadurch nicht geringer geworden, ganz im Gegenteil. Jetzt schien es jedoch so, als würde gerade diese gefährliche Vergangenheit sie einholen. Wenn das wirklich geschah, dann wollte sie, Laura, an seiner Seite sein.
Seufzend ließ sich Laura ins weiche Gras fallen. Sie streckte sich aus und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Ihr Blick suchte den Himmel, der nur in kleinen Stückchen zwischen dem dichten Blätterdach hervorlugte.
Die Bäume rauschten, ein leichter Wind kam auf. Irgendwo ganz in der Nähe summten Bienen, und als eine grüne Heuschrecke auf ihrer weißen Bluse landete, beobachtete sie das Tierchen interessiert.
Die unterschiedlichsten Gedanken schössen ihr durch den Kopf. Jetzt endlich hatte Laura die Ruhe, all die seltsamen Geschichten, die in den letzten Tagen vorgefallen waren, zu überdenken. Dabei merkte sie gar nicht, wie ihre Lider immer schwerer wurden und schließlich ganz herabsanken.
Sanft glitt sie hinüber in einen Traum, der mit solch erschreckender Deutlichkeit vor ihr stand, dass sie kaum zu atmen wagte. Sie sah einen finsteren Schatten, der sich vor die Sonne stellte. Plötzlich wurde es dunkel um sie. Erschrocken riß sie die Augen auf und starrte in das Männergesicht, das ihr schon einige Male schlaflose Nächte bereitet hatte.
»Sie?« Laura richtete sich auf. »Was wollen Sie schon wieder? Lassen Sie uns endlich zufrieden.«
Der Mann grinste zu ihr herab und streckte die Hand aus, um ihr aufzuhelfen. »Komm zu mir, Täubchen. Wenn du Dana helfen willst, dann gehst du statt ihrer mit mir.« Die eisgrauen Augen blitzten sie kalt an. »Du gefällst mir nämlich.«
Ohne seine Hand zu ergreifen, sprang Laura auf. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. »Verschwinden Sie auf der Stelle!« herrschte sie ihn an und bemühte sich, ihre Angst nicht zu zeigen. »Ich will, dass Sie gehen, jetzt und für immer aus meinem Leben.« Tief in ihrem Innern glaubte sie ohnehin nicht an das, was sie sah. Sie war überzeugt davon, dass alles nur ein böser Traum war, entsprungen aus der Angst vor diesem ominösen Bild und den Geschichten, die ihr offenbar noch mehr zu schaffen machten als sie bislang geahnt hatte. Aus Übermüdung war sie eingeschlafen, und jetzt träumte sie wieder an ihrem Albtraum weiter, vor dem sie sich jeden Abend fürchtete.
Der Mann lachte auf. Seine Stimme klang blechern und unnatürlich. Langsam trat er auf sie zu. »Du wirst mich nicht los, mein Täubchen.« Seine einschmeichelnden Worte hüllten sie ein.
Laura blieb stehen, unfähig, sich zu rühren. Sie sah, wie er seine Arme hob, um nach ihr zu greifen. Schon spürte sie seine Hände an ihrem Hals, glaubte, keine Luft zu bekommen, da sah sie erneut, wie ein Schatten sich vor die Sonne schob. Sie öffnete den Mund, wollte schreien und erwachte.
»EinTraum«, murmelte Laura, »es war nur ein böser Traum.« Vorsichtig richtete sie sich auf und wischte sich über das schweißnasse Gesicht. Da entdeckte sie zwei Füße ganz in ihrer Nähe. Entsetzt blickte sie hoch und entdeckte Betty, die Hausangestellte, die ein wenig unsicher zu ihr herabschaute.
»Entschuldigen Sie, Lady Laura, ich wollte Sie nicht erschrecken.«
»Ist schon in Ordnung, Betty.« Laura atmete tief ein und spürte, wie die Spannung langsam von ihr wich. »Ist etwas? Ich muß wohl eingeschlafen sein«, fügte sie sichtlich verlegen hinzu.
»Lady Andrea...«, begann Betty stockend, »sie möchte Sie dringend sehen. Es geht ihr leider nicht gut. Ich soll ausrichten, dass Sie sich beeilen mögen.«
»Danke, Betty.« Erschrocken erhob sich Laura und ging mit der Haushälterin zum Castle zurück. Eigentlich tat es ihr leid, dass ihr schöner Nachmittag bereits zu Ende sein sollte. Ihre Sorge um Andrea jedoch war noch größer, denn sie wußte, dass es jeden Tag soweit sein konnte. Vielleicht war die Stunde schon da und Andrea würde endlich ihr langersehntes Kind in den Armen halten dürfen.
Im Castle war es angenehm kühl. Betty ging in die Küche zurück, während Laura mit äußerst gemischten Gefühlen die Treppe nach oben stieg. Sie wußte, dass es gleich wieder geschehen würde. Die Galerie, der lange Gang, an dessen Ende ein Bild auf sie wartete. Eisgraue Augen würden sie anblicken, in sie hineinstarren und all ihre Gefühle durcheinanderwirbeln.
»Nein, heute werde ich nicht nachgeben«, sagte sie halblaut zu sich selbst. »Wer immer du auch bist, du hast keine Macht über mich.« Ihre eigenen Worte taten ihr gut,
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