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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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für Kost und Unterkunft zukommen lassen. Aber inzwischen musste sie niedergekommen sein. Er konnte es kaum erwarten, sein Kind in den Armen zu halten. Und Anna! Seine Fingerkuppen begannen zu prickeln, als er sich vorstellte, wie er sie über ihre makellose Haut gleiten ließ und ihre Brüste neckend umspielte. Bevor er sich in die Vorstellung hineinsteigern konnte, fiel sein Blick auf die Vorladung des Ulmer Stadtgerichts, die ihm vor einigen Tagen zugestellt worden war. Die Verhandlung in Bezug auf die Besitzstreitigkeiten zwischen ihm und dem Beklagten, so hieß es darin, würde am Tag der Heiligen Mathilde, also dem 14. März, stattfinden. Allerdings, so warnte das Schreiben, erforderte der Urteilsspruch die Anwesenheit beider Parteien.
    Johann schob den Brief zur Seite, warf sich in den Sessel vor dem Schreibtisch und legte die Füße auf die Tischplatte.
    Warum Helwig nicht schon längst diesem Halsabschneider von Advocatus geschrieben hatte, damit er die Sache abblasen konnte, war ihm nicht ganz klar. Immerhin war es seit der Hochzeit nicht mehr wichtig, wem der Besitz des Kaufherrn zugesprochen wurde. Im Endeffekt gehörte ohnehin alles ihm!
    Er musste lediglich dafür sorgen, dass der Junge die Burg nie wieder verließ. Unbehagen breitete sich in ihm aus, als er sich fragte, wie lange Helwig wohl warten würde, bis sie auch den Sohn des Kaufmannes beseitigte. Die Art und Weise, wie dieser Kampf gewonnen worden war, wollte Johann einfach nicht behagen. Als Ritter war er es gewohnt, seinen Feinden von Angesicht zu Angesicht entgegenzutreten und mit den gleichen Waffen zu kämpfen. Einen Unbewaffneten – und was war der Junge denn sonst – zu erschlagen, war gänzlich ehrlos! Ein Zwicken irgendwo in seiner Brust ließ ihn tief Atem holen. Eigentlich waren es ja sogar zwei Unschuldige, die auf dem Altar der Habgier geopfert worden waren. Denn seit der Hochzeitsnacht war seine Tochter nur noch ein Schatten ihres alten, lebhaften Selbst. Egal, wie sehr er versuchte, sich einzureden, dass der junge Ulmer eine bessere Partie für sie war als all die spröden Langweiler, die Helwig zuvor für sie ausgewählt hatte.
    Die Reue ließ ihn nicht los. Zu deutlich stand in Sophias Zügen geschrieben, wie sehr sie unter der Gefangenschaft auf der Festung ihres Vaters litt. Zwar hatte Helwig sie nicht wie ihren Gemahl in ihrer Kammer eingeschlossen. Verlassen durfte sie die Burg allerdings auch nicht. Johann seufzte. Wenigstens hatte Helwig ihrer Bitte nachgegeben, das Bett nach der Hochzeitsnacht nicht weiter mit ihrem Gatten teilen zu müssen. »Bitte Vater, sag du es ihr«, hatte Sophia ihn angefleht. Die Tränen in ihren grünen Augen waren wie ein Dolch, der ihm direkt ins Herz gestoßen wurde.
    Wenn sie ihrer Mutter nur nicht so ähnlich sehen würde, dachte er. Dann fiele es ihm sicher leichter, sie so zu behandeln, wie andere Väter ihre Töchter. »Du verziehst das Kind!«, hatte Helwig sich oft beschwert. Vermutlich hatte sie damit sogar recht. Ja, er hatte Sophia verzogen, weil er es einfach nicht ertragen konnte, wenn sie unglücklich war. Er erhob sich wieder, da die unbequeme Sitzhaltung ihm das Blut in den Beinen abgeschnürt hatte. Während er versuchte, das Kribbeln in Kniekehlen und Füßen loszuwerden, grübelte er weiter. Vielleicht war es doch das Beste, wenn Helwig den Burschen so schnell wie möglich beseitigte. Sobald sie die Angelegenheit mit dem Gericht geklärt hatten, war er eh nutzlos.
    Und wenn der Knabe endlich aus dem Weg war, konnten sie in die Stadt zurückkehren, wo er sich in Annas Arme flüchten und Sophia einen Burschen nach ihrem Geschmack auswählen konnte. Ja! Das war sicherlich die beste Lösung. Er wollte gerade nach einer Magd rufen, um sich heißen Würzwein bringen zu lassen, als gedämpftes Geschrei, ein Warnsignal und ein dumpfes Geräusch durch die geschlossenen Fenster hereindrangen. Neugierig und beunruhigt zugleich beugte er sich vor und spähte in den Hof hinab, ohne jedoch den Grund des Aufruhrs zu erkennen. Vier seiner Wachen hatten ihre Posten auf dem Wehrgang verlassen und eilten über den Hof auf die Zugbrücke zu, die sich Johanns Blick entzog. Was war dort unten los? Warum hatten die Männer auf dem Wehrgang ins Horn gestoßen? Auch wenn er eigentlich keinerlei Lust verspürte, die warme Stube zu verlassen, gewann die Unruhe die Oberhand. Nachdem er seinen dicken Mantel übergeworfen und seine Füße in die plötzlich viel zu engen Stiefel gezwungen hatte, begab

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