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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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dass Hunyadi den Fürsten der Walachei besiegen würde. Dabei war der walachische Friedensvertrag mit dem Sultan doch nur eine List. Warum begriff der ungarische Regent das denn nicht? War er wirklich so dumm? War es der persönliche Groll, den er gegen Vlads Vater hegte, der ihn zu diesem Schritt getrieben hatte? Oder wollte er die Walachei ein für alle Mal dem Königreich Ungarn einverleiben? Er wusste es nicht. Und das machte ihn rasend. Das Gefühl der Wut und Ohnmacht, das in ihm kochte, drohte ihn zu verzehren. Oft verlor er die Kontrolle über seine Taten. Erst vor drei Tagen hatte er eigenhändig einen albanischen Knaben vor den Augen seiner Mutter getötet, um deren Zunge zu lösen. Als die Frau ihn daraufhin verflucht und angespuckt hatte, war es ein Leichtes gewesen, ihr die Kehle durchzuschneiden.
    Manchmal übermannte ihn der Zorn so unvermittelt, dass sich inzwischen sogar sein Çokadar vor ihm fürchtete. Obwohl er die Gunst des Sultans genoss und Anspruch auf einen zweiten Diener gehabt hätte, hatte er diesen im Palast zurückgelassen – aus Angst, ihn irgendwann stellvertretend für Prinz Mehmet oder Radu zu erschlagen. Als Radus ausdrucksloses Gesicht vor seinem inneren Auge auftauchte, biss er die Zähne aufeinander und zwang sich, an die Walachei und Hunyadi zu denken. Wenn seine Befürchtungen zutrafen, würde sich der ungarische Feldherr dieses Mal nicht damit begnügen, den Walachen einen Vasallenvertrag aufzuzwingen. Seitdem selbst Serbien den Osmanen freundlich gesinnt war, schwand der Einfluss der Ungarn auf dem Balkan. Die Walachei war inzwischen folglich mehr als nur ein Pufferstaat. Aufgrund ihrer direkten Nachbarschaft zum Osmanischen Reich konnte sie der größten christlichen Macht – Ungarn – zukünftig als Sprungbrett dienen, um ins Feindesland einzufallen. Es musste daher Hunyadis Plan sein, Vlads Vater vernichtend zu schlagen. Sultan Murad schien den Ernst der Lage nicht zu begreifen. Sein Vorgehen befremdete Vlad. Da sich in der Vergangenheit allerdings beide Seiten damit zufriedengegeben hatten, das Fürstentum der Walachei gelegentlich für die eigenen Pläne zu missbrauchen, nahm der Sultan vermutlich an, das wäre auch dieses Mal der Fall. Doch Vlad sah das anders und fürchtete um seine Heimat. Von Sultan Murad war es nur ein kleiner Schritt zurück zu Radu. Und dieses Mal ließ sich die Erinnerung an seine schwarz umrahmten, traurigen Augen nicht vertreiben. Während Vlad vom Schlachtfeld trabte, schürten die Bilder aus dem Palast seinen Zorn. »Der Prinz ist gut zu mir«, hallte Radus Stimme in seinen Gedanken nach. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.« Radu schien die Lüge selbst zu glauben. Das war Vlad in dem Moment klar geworden, in dem sein Bruder dem Prinzen ein strahlendes Lächeln geschenkt hatte. An seiner Aufmachung war deutlich zu erkennen, dass er den Kampf aufgegeben und sich Mehmet unterworfen hatte. Sein Putz glich dem der Konkubine des Prinzen bis aufs Haar! Vlad stöhnte. Weil diese Mehmets Kind trug, war ihr Lager für ihn verboten. So hatte sich der Dreckskerl in Vlads Abwesenheit an dem hilflosen Radu vergriffen, den Halil Pascha angeblich hatte beschützen wollen!
    Ein Wutschrei baute sich in ihm auf, den er nur mit größter Mühe unterdrückte. Während er mit düsterer Miene in das Lager der Akıncı ritt, verbannte er alle Schuldgefühle aus seiner Seele. Radu war selbst schuld an seinem Schicksal! Hatte Vlad nicht alles getan, um ihn zu schützen? War ihm nicht dasselbe widerfahren wie Radu? Doch anders als der Bruder hatte er erbittert gegen die Schande angekämpft, hatte nicht zugelassen, dass sie ihn brach. Wie viele Qualen hatte er für seinen Bruder erlitten? War er nicht eigens für Radu durch die Hölle gegangen? Nur um ihn am Rockzipfel des Prinzen hängend vorzufinden? Er glitt aus dem Sattel und knurrte einen Befehl, den sein Diener wortlos befolgte. Dann stapfte er durch den Schlamm in sein Zelt und schleuderte Helm und Handschuhe auf den mit Brettern ausgelegten Boden. Aufgewühlt zog er sich das Panzerhemd über den Kopf und ließ sich auf sein Lager fallen. »Ich habe sogar meinen eigenen Lehrer«, hatte Radu verkündet und Vlad das überladene Gemach gezeigt, in dem er untergebracht war. »Der Prinz sagt, dass ich vielleicht einmal Großwesir werde.« Er war verstummt, weil er Vlads entsetzten Blick auf sich gespürt hatte. Als Vlad ihn an den Schultern gepackt hatte, um ihn zu schütteln, hatte er trotzig die

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