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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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nackten Zehen in dem dicken Bärenfell vor dem Bett und presste die Lippen aufeinander. Der Radu, den er geliebt hatte, existierte nicht mehr! Er zog sich ein leichtes Gewand über den Kopf und stocherte in der Glut des Kamins. Auch wenn es draußen warm war, herrschte innerhalb der Festung immer eine feuchte Kühle. Während er dabei zusah, wie das Feuer zu neuem Leben erwachte, suchte er sich etwas anderes, mit dem er seinen offenbar überhitzten Verstand beschäftigen konnte.
    Und wenig später malte er sich aus, wie er in den nächsten Wochen die Wurzeln des Verrates in seiner Heimat ausreißen würde. Der Zorn, der ihn dabei erfüllte, ließ ihn die Wut auf Radu vergessen. Ein Gefühl der Zuversicht überkam ihn.
    Ganz sicher gab es in der Bevölkerung zahlreiche Stimmen, die Wladislaw unterstützt hatten. Er würde schon bald dafür sorgen, dass diese Stimmen für immer verstummten!

Kapitel 68
Tirgoviste in der Walachei, Oktober 1448
    Zehra war sprachlos vor Glück. Die Tränen, die ihre Wangen hinabrannen, waren die ersten Freudentränen seit langer Zeit. Um endgültig sicherzugehen, dass der Brief in ihrer Hand kein Trugbild war, das sich wieder auflösen würde, las sie ihn zum dritten Mal.
    »Zehra,
    ich hoffe, diese Nachricht erreicht dich vor mir. Dein Bote aus Kronstadt hat mich gefunden und mir gesagt, wo du bist. Da ich noch einige Vorbereitungen für die Reise über die Berge treffen muss, schicke ich diesen Brief voraus. Sobald ich einen Führer habe, breche ich auf. Ich bete, dass der Schnee noch nicht zu hoch liegt, aber die Kronstädter haben mir versichert, dass es auch im Winter möglich ist, einen Weg zu finden. Das Stadtgericht hat dein Urteil aufgehoben. Die Schuldige ist entlarvt, sie ist doppelt gestraft, denn auch Gott hat sie verbannt. Unser Vater musste sterben, weil die anderen Katzensteiner nach unserem Besitz getrachtet haben. Habgier und Neid sind der Grund für all das Leid, das über uns gekommen ist.
    Ich kann es kaum erwarten, dich zu sehen und mit zurück nach Ulm zu nehmen. Gib auf dich acht und vertraue auf baldige Rettung.
    Dein dich liebender Bruder
    Utz«
    Ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen. Diese Neuigkeit überwältigte sie! Es war richtig gewesen, die Hoffnung nicht aufzugeben! Auch wenn sie oft nahe daran gewesen war. Utz hatte endlich den Weg zu ihr gefunden! Sie ließ die Hand mit dem Brief wieder sinken und schlug ein Kreuz vor der Brust.
    »Herr, ich danke dir«, flüsterte sie erstickt. Die Erwähnung ihres Vaters hatte Schmerz und Trauer wieder aufflammen lassen, aber die Freude über die Botschaft war stärker als aller Kummer. Ihre Irrfahrt hatte ein Ende! So Gott wollte, würde sie noch in diesem Jahr nach Ulm zurückkehren und ihr altes Leben wieder aufnehmen. Ehe sich Zweifel einschleichen konnten, ob das überhaupt möglich war, polterte Herzog Michel in den Raum, in dem Zehra ihre Schreibarbeiten erledigte. »Hier«, sagte er ohne Begrüßung und warf ihr einen Mantel zu. »Zieh das an. Wir besuchen den neuen Fürsten.«
    Er rümpfte die Nase. »Vielleicht hat der etwas mehr Ehre im Leib als dieser Wladislaw«, knurrte er. Froh über eine Ablenkung schlüpfte Zehra mit zitternden Händen in den Mantel und packte Papier, Federn und Tinte in eine kleine Tasche.
    Dann folgte sie Michel hinaus auf die Straße, wo bereits eine stolze Anzahl Sinti auf ihren Anführer wartete. Nachdem Michel sich auf den Rücken seines Hengstes geschwungen hatte, gab er das Zeichen zum Aufbruch. Zehra trottete zu Fuß hinter ihm und den anderen Reitern her. Hoffentlich war der neue Woiwode genauso verlogen wie dieser Wladislaw, dachte sie. Denn obschon Johann Hunyadi versprochen hatte, dass Wladislaw die versklavten Sinti freilassen würde, hatte dieser nicht Wort gehalten. Und so war Herzog Michel gezwungen gewesen, sich auf Verhandlungen mit dem Woiwoden einzulassen, der eine horrende Summe für die Sinti forderte. Je nach dessen Laune schien der Preis von Tag zu Tag zu variieren.
    Diese Machtspiele erzürnten den Herzog, der sich in seinem Stolz gekränkt fühlte und dadurch umso unnachgiebiger zeigte. Zehra raffte die Röcke, um über einen Haufen Pferdemist hinwegzusteigen, und blickte zum Himmel. Bitte, barmherziger Vater, lass die Verhandlungen noch etwas länger dauern, flehte sie. Bis Utz hier ist! Als der Reiter direkt vor ihr abrupt zum Stehen kam, prallte sie an der Hinterhand seines Pferdes ab, was dazu führte, dass das Tier empört

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