Der Teufelsfürst
hinter den Ulmer Stadtmauern verschanzen würde. Ihn , den Grafen von Helfenstein, zu einem Handlanger zu erniedrigen, um ihm dann unverschämt ins Gesicht zu sagen, dass seine Zeit und Mühe leider nicht mehr wert waren als 10 Gulden! »Es wäre mir auch lieber gewesen, wenn Ihr meine Schwester gefunden hättet, glaubt mir«, hatte der Junge ihm aalglatt versichert. »Aber da Ihr Euren Teil der Abmachung nicht erfüllen könnt, sehe ich unsere Abmachung als ungültig an.« Nur mit Mühe hatte Ulrich sich davon abhalten können, dem Bengel den Hals umzudrehen. Doch aufgrund der Tatsache, dass man in Ulm wenig nachsichtig mit fremden Rittern – ja selbst Grafen – war und diese sofort als »landschändliche« Leute einstufte, hatte er sich zusammengenommen. Denn eine Fehde mit der mächtigen Reichsstadt konnte er sich beim besten Willen nicht leisten!
Er sah die Kirche von Niederstotzingen vor sich auftauchen. Da sein Magen knurrte, beschloss er, eine Rast einzulegen und in einem Gasthof etwas zu essen. So konnten auch die Pferde getränkt werden, damit sie das scharfe Tempo weiterhin durchhielten. Wenn alles nach Plan lief, würde er noch heute in Heidenheim eintreffen und die Nacht in seinem eigenen Bett verbringen. Er schluckte ein bitteres Lachen. Wenn es auch vielleicht nicht mehr lange sein eigenes Bett sein würde.
Mit einem verkniffenen Zug um den Mund steuerte er auf ein bescheidenes Haus nahe der Kirche zu, dessen Schild es als Gasthaus auswies. Nachdem er und seine Männer die Pferde abgegeben hatten, ließen sie sich von dem Wirt in den Schankraum führen. Wenig später stand ein dampfendes Mahl aus Rindfleisch und Rüben auf dem Tisch. Zum Glück war die Fastenzeit endlich vorbei, dachte Ulrich. Schweigend stopfte er das Essen in sich hinein. Da seine Ritter an die Launen ihres Herrn gewöhnt waren, unterbrach keiner von ihnen seine Gedanken. Warum konnte man ihn nicht wenigstens bis zu dem Turnier im Sommer in Frieden lassen? Warum reichte – ganz egal, wie viel Geld er auftat – die Summe niemals aus, um die unersättlichen Mäuler seiner Gläubiger zu stopfen? Er rümpfte die Nase, als er auf ein Stück Knorpel biss. Wie hatten all diese Aasgeier nur so schnell herausgefunden, dass er und sein Bruder mit dem Verkauf der Burg Hohengerhausen und der Zölle – welche inzwischen auf die Stadt Ulm übertragen worden waren – in den Besitz einer nicht unbeträchtlichen Summe gekommen waren? Es war wie verhext. Manchmal verdächtigte er gar seinen Bancherius, die Gläubiger benachrichtigt zu haben. Wer sagte ihm denn, ob all die Oettinger, Rechberger, Güssen, Knäringer, Willenbacher und Pfahlheimer nicht auch Konten bei ihm unterhielten? Seine Zungenspitze wanderte zu einem seiner Backenzähne, in dem sich ein Stück Fleisch verfangen hatte. Von all den Blutsaugern waren die Oettinger die Schlimmsten. Seine Stimmung sank weiter. Ob es ein schlechter Scherz des Schicksals war, dass der gierige Pferdehändler in Ulm den Namen von Katzenstein trug? Wollte ihn die Fügung foppen, indem sie ihm einen unverschämten Lümmel vor die Nase setzte, dessen Familiensitz sich ganz in der Nähe der Oettinger Ländereien befand? Ulrich gab das Stochern mit der Zunge auf und nahm den Finger zu Hilfe. Er wusste ja nicht einmal, ob der Bengel etwas mit den Herren der Burg von Katzenstein zu tun hatte! Aber dennoch fühlte er sich verhöhnt.
Da ihm die Erinnerung an Ulm den Appetit verdarb, schob er die Reste des Mahls von sich und gab das Zeichen zum Aufbruch. Wenn ihm das Essen nicht schmeckte, sah er nicht ein, warum seine Männer sich weiter daran gütlich tun sollten. Verdrossen begab er sich hinaus ins Freie und schwang sich in den Sattel. Keine halbe Stunde nach Beginn der Rast ließen er und sein Gefolge die letzten Häuser Niederstotzingens hinter sich und näherten sich dem Lonetal. Wie gut, dass schon bald das jährliche Kapiteltreffen der Adelsgesellschaft mit Sankt Wilhelm anstand. Vielleicht konnte er ja die übrigen Mitglieder davon überzeugen, eine Fehde gegen die Oettinger anzustrengen. Damit würde nicht nur einer seiner größten Gläubiger ausgelöscht. Er könnte sich zudem auch noch an dem Pferdehändler rächen, indem er die Burg Katzenstein dem Erdboden gleichmachte – vorausgesetzt natürlich, der Bursche war mit dem dort ansässigen Ritter verwandt! Die Idee gefiel ihm. Mit einem Mal besserer Laune, zügelte er seinen Hengst zu einem gemächlichen Trab und erlaubte dem Essen in seinem
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