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Der Teufelskeiler

Der Teufelskeiler

Titel: Der Teufelskeiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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schwimmen.
    Jesse senkte den Kopf und trank aus dem Fluss, dann ließ er sich vorsichtig fallen und blieb still am Ufer liegen. Obwohl ich nicht nah genug dran war, um ganz sicher zu sein, hätte ich einen Nickel verwettet - wenn ich einen gehabt hätte, dass Jesses Geschirr nicht einmal gerasselt hatte, als er sich hinlegte.
    Onkel Pharao legte das Blatt beiseite, holte die Angelrute nach vorne, hielt den Arm weit ausgestreckt, um mit dem Haken nicht am Stoffdach hängen zu bleiben, und warf sie aus. Die beschwerte und mit einem Köder versehene Leine zischte knapp über Jesses Kopf hinweg und plumpste direkt vor einem alten, verfaulten Baumstumpf ins Wasser. Ein guter Platz für einen Gabelwels, der im kühlen, nassen Schatten liegen wollte. Der Kork schaukelte, und kleine Wellen breiteten sich kreisförmig um die Leine aus.
    Eine Zeit lang stand ich einfach so da, beobachtete Onkel Pharao und Jesse und dachte, die beiden seien schon ein besonderes Gespann, sogar für die Auwälder des Sabine River, wo es viele seltsame Dinge gab. Es war alles andere als alltäglich, dass man einen Hundertfünfzigjährigen beim Angeln sah, der halb liegend in einem Karren saß, der wiederum von einem Schwein gezogen wurde.
    Nachdem ich den Anblick noch ein paar Minuten auf mich hatte wirken lassen, ging ich wieder zum Pfad hinunter und weiter bis zu der Stelle, wo Onkel Pharao angelte. Als ich schon recht nahe war, rief ich: »Hallo, Onkel Pharao.«
    Er drehte den Kopf in meine Richtung. »Selber hallo, kleiner weißer Junge.« Er lächelte mich an. Er hatte nicht einen Zahn mehr im Mund, nur zusammengeschrumpftes Zahnfleisch, das mich an Leder erinnerte, auf dem Hunde herumgekaut hatten. »Wie geht's dir denn?«
    »Gut. Und dir, Onkel Pharao?«
    »Nicht so laut, kleiner weißer Junge. Du verscheuchst sonst die Fische. Unter dem Stumpf hockt ein alter Gabelwels, hinter dem ich jetzt schon ein ganzes Jahr her bin, aber er ist zu schlau für mich. Tja, wie's mir geht? Ich bin hundertfünfzig Jahre alt, da kannst du es dir ja wohl selbst denken.«
    Selbst wenn Onkel Pharao nicht so alt war, verdammt nah dran war er auf jeden Fall. Ich hatte nie jemanden gesehen, der so alt aussah wie er. Nicht mal ausgetrocknete Leichen, Mumien heißen die, und von denen hatte ich mal Bilder gesehen, sahen so alt aus wie Onkel Pharao. Er war vollkommen kahl und zahnlos, und seine Augen waren seltsam grau, fast so, als hätte jemand mit Nadeln reingestochen und das ganze Braun rauslaufen lassen. Seine Haut hatte mehr Runzeln als eine Rosine und war so zäh, dass sie gut von einem alten Maultierkummet hätte stammen können. Seine Arme waren ganz knotig, und seine kaputten Beine sahen so verdreht aus wie die Äste des Milchorangenbaums.
    »Bist du der kleine weiße Freund von Abraham?«
    »Ja, Sir, Onkel Pharao.« So war er eben. Seine Augen waren nicht mehr so gut, und in manchen Dingen war sein Gedächtnis nicht mehr voll auf der Höhe. Praktisch jedes Mal, wenn ich zu Besuch kam, musste ich mich wieder vorstellen.
    »Ist das dein Hund?«, fragte er, als Roger endlich beschlossen hatte, sich uns anzuschließen. Hechelnd kam er aus dem Wald gerannt, ganz nass, weil er im Fluss gewesen war, das Fell voller Kletten.
    »Ja, Sir.«
    Onkel Pharao nickte. »Der lässt doch Schwein Jesse in Frieden, oder?«
    »Sicher, Sir, er ist bloß ein harmloses Hündchen. Der taugt noch nicht mal richtig dazu, Eichhörnchen aufzustöbern.« »Wenn er auf Schwein Jesse losgeht, reißt der ihm die Ohren ab. Ich mach mir über ganz was anderes Sorgen: Wenn sie zu raufen anfangen, zieht Schwein Jesse meinen Hintern in diesem Karren quer durch die ganze Schöpfung. Du passt auf, dass das nicht passiert, kleiner weißer Junge.«
    »Nein, Sir, das passiert schon nicht. Ist Abraham oben am Haus?«
    »Wahrscheinlich schon. Er kurbelt Wasser hoch.«
    »Auf Wiedersehen, Onkel Pharao.«
    »Auf Wiedersehen, kleiner weißer Junge. Auch wenn ich dich mit meinen trüben Augen kaum noch sehen kann.«
    Ich ging den Weg hoch und rief Roger. Wie Onkel Pharao gesagt hatte, war Abraham beim Brunnen, kurbelte Wasser hoch und schüttete es in den Abwaschbottich. Er war damit wohl schon ein paar Mal hin- und hergelaufen, den er schwitzte nicht schlecht.
    »Wie geht's dir denn?«, rief ich ihm zu.
    Abraham sah von seiner Arbeit hoch und grinste. »Na, wenn das nicht Ricky ist, der mir hilft, das ganze Wasser zu schleppen.«
    »Wohin schleppen wir es denn?«
    »Zum Herd. Mama weckt Bohnen

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