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Der Teufelskeiler

Der Teufelskeiler

Titel: Der Teufelskeiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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ein.«
    Ich entlud mein Gewehr und lehnte es an den Brunnen. Dann packte ich die eine Seite des schweren Bottichs und Abraham die andere. Roger hüpfte uns zwischen den Beinen herum, sodass ich beinahe hingefallen wäre. Schließlich musste ich ihn anbrüllen, er solle gefälligst verschwinden.
    Wir trugen den Bottich in eine Geruchswolke aus kochenden Bohnen und scharf gewürztem Maisbrot, das vielleicht einen oder zwei Tage alt war.
    Mama Wilson stand am Herd. Sie trug ein altes, ausgeblichenes blaues Kleid aus Jutesäcken, und um den Kopf hatte sie ein dickes, weißes Tuch geschlungen. Der Herd verbreitete eine Höllenhitze, und auf Mama Wilsons schwarzem Gesicht glänzte der Schweiß, dass es aussah wie dickflüssiger Zuckersirup kurz vorm Kochen.
    Als sie sich umdrehte und mich sah, fing sie zu strahlen an. »Ricky, mein Kleiner, wie geht's euch denn, dir und deinen Leuten?«
    »Uns geht's gut.«
    »Schön. Kippt mal das Wasser in den Kochtopf, Jungs, und holt mir noch einen Bottich voll, dann könnt ihr tun und lassen, was ihr wollt.«
    Wir hoben den Bottich hoch zum Topf und schütteten das Wasser hinein. Mama Wilson öffnete die Herdklappe und stocherte mit einem langen Stück Pechkiefer in den Flammen herum, dann steckte sie ein großes Scheit Eichenholz hinein. Abraham und ich machten noch eine Tour zum Brunnen, dann gingen wir raus in den Garten, um uns abzukühlen. Allzu lange hielten wir uns dort aber nicht auf. Wenn man das machte, kamen immer alle möglichen Arbeiten daher, die dringend erledigt werden mussten.
    Ich erzählte Abraham von den Magazinen, die ich im Hemd stecken hatte, und nachdem ich mein Gewehr geholt und Roger angebrüllt hatte, weil er einem Huhn nachjagte, machten wir uns auf den Weg. Der Welpe trottete schmollend hinter uns her.
    Wir waren unterwegs zum Baumhaus.

ZEHN
     

    Dieses Baumhaus war eine Wucht. Etwa ein Jahr später sah ich meinen ersten Tarzanfilm, Tarzans Vergeltung, und ich kann euch sagen, unser Baumhaus brauchte sich hinter dem des Affenmenschen nicht zu verstecken.
    Es befand sich etwa eine Meile von Abrahams Haus entfernt in einem Gewirr aus Eichenästen, das an einer Stelle bis über den Fluss ragte, die als Badestelle so ideal war, wie man es sich nur wünschen konnte. Das Wasser war dort kühl, klar und zwischen drei und fünf Meter tief. Vom Rand des Baumhauses konnte man direkt hineinhechten. Außerdem hing ein Seil hinunter, an dem man hochklettern konnte, wenn man bereit für einen weiteren Hechtsprung war.
    Das Haus hatten Abrahams Vater und sein ältester Bruder - der inzwischen erwachsen und irgendwo anders hingezogen war - gebaut, und sie hatten es für die Ewigkeit gebaut. Es war so groß, dass ein Erwachsener aufrecht darin stehen, ja sogar darin wohnen konnte. Rundrum hatte es eine Veranda, an jeder Seite eine Tür und im Boden eine Falltür.
    Wir hatten hier alles mögliche Zeug verstaut. Ein Kartenspiel, das so alt war, dass die Karten an den Fingern klebenblieben. Ein paar Karten mit nackten Frauen drauf. Einen halb vollen Krug mit gesäuertem Brombeerwein, der viel zu eklig zum Trinken war, den wir aber dort behielten, weil wir uns so erwachsener vorkamen. Einen Bogen und Pfeile, die Abraham gemacht hatte, jeder Pfeil mit einer echt indianischen Pfeilspitze, die ihm einer seiner älteren Brüder aus Arkansas mitgebracht hatte. Und dann gab's noch den Speer.
    Der Speer war Abrahams ganzer Stolz. Sein Urgroßvater, der alte Onkel Pharao, hatte ihm erzählt, dass er und seine Familie von einem großen Volk Farbiger abstammten, das einmal in Afrika gelebt habe. An den Namen des Volkes konnte sich Onkel Pharao nicht mehr erinnern, aber er sagte, die Leute seien ähnlich mutig gewesen wie die Comanchen. Sie hätten, nur mit Schild und Speer bewaffnet, Löwen getötet, und nicht nur aus sicherer Entfernung. Sie gingen direkt auf den Löwen los, reizten ihn und töteten ihn von Angesicht zu Angesicht.
    Onkel Pharao, der immer noch ein paar Brocken der afrikanischen Sprache sprechen konnte, wenn ihn sein Gedächtnis nicht gerade im Stich ließ, behauptete, sie hätten die Löwen getötet, indem sie sich hinter dem Schild versteckten und das Tier solange reizten, bis es zum Sprung ansetzte. Sobald es in der Luft war, kniete sich der Jäger schnell hin und stieß den Speer nach vorne, sodass sich der Löwe selbst aufspießte.
    Allerdings konnten die Dinge laut Onkel Pharao auch dann noch mächtig unangenehm werden, wenn der Speer schon im Löwen

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