Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der teuflische Lord (German Edition)

Der teuflische Lord (German Edition)

Titel: Der teuflische Lord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natascha Artmann
Vom Netzwerk:
den Weg führt, durch den ich diesen Wald wieder verlassen kann?“
    Nikolas runzelte anlässlich dieser Bitte die Stirn. Die Frage hatte seiner Ansicht nach nichts mit Großzügigkeit zu tun. Eine solche Hilfe war die Grundvoraussetzung dafür, sich Ritter nennen zu dürfen, oder auch nur Mensch. Aber da der Weg bis zum Kloster sicherlich noch zwei Tagesmärsche in Anspruch nehmen würde, war es nicht zu verantworten, die Frau alleine auf diese Reise zu schicken.
    Und so erklärte er widerstrebend: „Den Weg bis zum Kloster der barmherzigen Schwestern zu Fuß und im Winter zu bewältigen grenzt an Selbstmord, Schwester. Euch auf so eine Reise zu schicken wäre unverantwortlich.“
    Melisande sah das nicht so. Ihre Flucht zum Kloster war für sie die einzige Hoffnung, die sie hatte, um einer erzwungenen Heirat mit dem Teufel von Thorn zu entgehen. Selbst wenn ihre Chancen nicht so gut standen, dort wohlbehalten anzukommen, war das immer noch besser als unter dem teuflischen Verhalten ihres zukünftigen Gemahls zu Grunde zu gehen.
    „Ihr braucht mich nicht bis zum Weg zu bringen, Sir. Zeigt mir einfach die Richtung, mehr verlange ich nicht von Euch.“ Melisande wollte bescheiden bleiben.
    Die Nonne hatte sich offensichtlich einen Märtyrer zum Vorbild für ihr Leben im Glauben genommen. Nur fehlte ihr ganz eindeutig die Kraft und Ausdauer dafür, wie Daniel in der Löwengrube zu bestehen oder wie Jonas im Bauch eines Wales das Meer zu durchqueren.
    Sein Angebot war jedoch weitaus gefährlicher als das, was die Heiligen durchmachen mussten. Denn ihnen war sicher nicht angeboten worden, in Gesellschaft des Teufels ihr Ziel zu erreichen.
    „Ich zeige Euch den Weg“, erklärte sich Nikolas bereit. „Ich werde Euch zum Kloster bringen, damit ich mich nicht mit der Schuld beladen muss, den möglichen Kältetod einer Ordensfrau in Kauf genommen zu haben.“
* * *
    Über dieses großzügige Angebot konnte sich Melisande nicht wirklich freuen. Sie fand es schon beschämend, den Kanten trockenen Brotes entgegenzunehmen, den der Recke als Wegzehrung bei sich hatte und den er ihr mit einem grimmigen Ausdruck entgegenhielt.
    Es war sowieso verwerflich genug, sich dem Ordenskleid einer Nonne unrechtmäßig zu bedienen, um eine Flucht vor einem schrecklichen Schicksal anzutreten. Den Status dieser frommen Frauen auch noch dadurch zu missbrauchen, indem sie sich von einem Fremden unwissentlich in dieser Sache unterstützen ließ, belastete Melisandes Gewissen ganz erheblich. Vor allem da unschwer zu erkennen war, dass dieses Angebot nicht von Herzen kam. Der Jäger sah nach seiner großzügigen Offerte nicht besonders glücklich aus. Er wirkte auf sie eher so, als ob er sich für seine unbedachte Hilfestellung selbst verfluchte.
    Auch wenn sich Melisande dank dieses Angebots weniger hilflos und alleine fühlte – da sie so unerwarteterweise Unterstützung erhalten hatte - so war ihr doch klar, dass sie diese Unterstützung nicht annehmen durfte. Sich zu verkleiden war eine Sache. Einen hilfsbereiten Fremden dadurch auszunutzen eine andere.
    „Das ist nicht nötig, Sir Nikolas“, lehnte Melisande das Angebot des Recken ab, nachdem sie hart hatte schlucken müssen, um den trockenen Bissen Brot ihre Kehle hinunterrutschen zu lassen. „Ihr braucht mich nicht bis zum Kloster zu begleiten. Das kann ich nicht von Euch verlangen.“
    Nein, die Bescheidenheit, in der eine Nonne ihr Leben verbringen musste, erlaubte ihr sicher nicht, von einem anderen Menschen etwas zu verlangen oder zu erwarten. Aber er würde sein Angebot dennoch aufrechterhalten und auch ausführen. Als er sah, wie die junge Ordensfrau sich dem wärmenden Feuer zuneigte, jedes Quäntchen davon versuchte in sich aufzunehmen, wurde in Nikolas ein Gefühl angesprochen, von dem er längst glaubte, es vergessen zu haben: Mitleid. Während er sie dabei beobachtete, wie sie an dem harten Stück Brot nagte, das er ihr als einzige Mahlzeit hatte anbieten können, wurde er wütend.
    Wenn er sich hierher in die Jagdhütte zurückzog, dann versorgte er sich normalerweise selbst, indem er ein Tier erlegte. Deshalb gab es auch keine Vorräte, auf die er zurückgreifen konnte. Aber mit einem unerwarteten Gast konnte er schwerlich auf Jagd gehen, da ein solches Vorhaben den erhofften Aufbruch zum Kloster am nächsten Tag verhindern würde. Natürlich könnte er in der Nacht ein Tier erlegen, was eine Alternative dazu wäre, den Aufbruch am nächsten Morgen zu verschieben. Denn

Weitere Kostenlose Bücher