Der teuflische Lord (German Edition)
gab es hier in der abgelegenen Hütte nun einmal nicht.
Den ganzen Vormittag war sie beschäftigt, mit einem Stoffstreifen, den sie mühsam aus ihrer Kutte getrennt hatte, den heißen Körper des Mannes zu kühlen, und das brachte sie diesem ziemlich nahe. Nach kurzer Zeit kannte sie nicht nur alle Hügel und Ausbuchtungen seines Oberkörpers und seiner Arme, sondern hatte sich auch jeden Zug seines ausdrucksstarken Gesichtes eingeprägt.
Sein kurzes Haar wirkte zwar auf den ersten Blick dunkel, aber Melisande konnte auch ein paar kastanienbraune Glanzlichter darin entdecken, wenn der Schein der Flammen darüber hinwegtanzte. Um Nikolas Mund hatte sich eine tiefe Schmerzfalte gebildet, die das Mädchen aber nicht nur dem Fieber zuschreiben konnte. Der Schmerz ging tiefer als der einer normalen Krankheit. Er kam aus seiner Seele, wie die Maid unschwer den bedrückenden Worten entnommen hatte, die er im Delirium immer wieder von sich gab.
Ganz offensichtlich konnte seine seelische Pein nicht von dem kühlenden Lappen gelindert werden, so wie sie es mit seinem Fieber versuchte. Die sanfte Berührung einer streichelnden Hand wirkten hier mehr, da das Fieber sank, der Mann aber immer unruhig wurde, wenn Melisande nach draußen ging, um neuen Schnee zu holen.
Seine Qualen mussten irgendwie mit seiner Familie zusammenhängen, soviel hatte Melisande schnell herausgefunden, da er immer wieder das Wort Mutter gebrauchte. Aber hier konnte die Maid nicht viel tun, auch wenn sie mit ihm litt. Je schwächer das Fieber wurde, desto leichter schienen auch die Qualen seiner Seele zu werden.
7
War ihre Bitte um Stillschweigen so verdammenswert? Sie wollte nicht, dass ihr Lämmchen, dass Melisande, leiden musste. Zumindest nicht ihres Schicksals wegen, das ihr einen grausamen Tod durch die Hand des Teufels von Thorn bescheren würde. Ihr Schützling würde schon genug darunter zu leiden haben, mit so einem grausamen Mann vermählt zu werden. Da musste sie nicht auch noch erfahren, was dieser Teufel ihrer Vertrauten antun wollte.
Sie hatten beide gewusst, dass eine Flucht vor dem bevorstehenden Ehejoch mit einem Monster vielleicht keinen Erfolg haben würde. Aber dennoch hatte Anouk Melisande dabei unterstützt, diesen Weg einzuschlagen. Mehr als nur unterstützt sogar, weil sie sich selbst als Lockvogel angeboten hatte, der die, die sie verfolgen würden, auf eine falsche Spur geführt hätte.
Mit dem Umhang ihrer Lady, der keine Rückschlüsse auf die wahre Trägerin zuließ, hatten sie gehofft, die Häscher so lange in die Irre zu führen, bis Melisande sich weit genug von der Burg ihres Oheims entfernt hatte. Eine weitere Finte lag in der Wahl ihrer beider Fluchtwege. Während Anouk ihre Schritte in die Richtung gelenkt hatte, die sie weiter von der Burg des Oheims wegbrachte, hatte Melisande die Ländereien des Teufels von Thorn durchqueren wollen, um an ihr Ziel zu gelangen.
Natürlich hatten sie sich dazu trennen müssen, denn nur so hatte Anouk die Verfolger weit genug von dem Mädchen weglocken können, während dieses sich auf dem Land des Lords von Thorn in Sicherheit hatte wähnen können.
Dass dieser Plan jedoch nicht aufgegangen war zeigte sich schon darin, dass sie sich jetzt in der Gewalt des Teufels befand. Da sich dieser nicht über den Aufenthaltsort des Mädchens unterhalten wollte, war klar, dass er diesen bereits kannte.
Die Strafe für die Unterstützung dieser Flucht hatte man ihr ja schon angekündigt und die Art ihres Ablebens beschrieben. Der Teufel höchst persönlich wollte sie erwürgen; die Luft aus ihr herauspressen, ihren Hals so lange zuschnüren, bis das Leben aus ihrem Körper gewichen war. Und er wollte die Tat genießen, sie erst umbringen, wenn er entspannt und guter Laune war. Das Vergnügen musste schließlich voll ausgekostet werden.
Der Gedanke ließ Übelkeit in Anouk hochsteigen. Ihr Tod sollte diesem Ungeheuer Vergnügen verschaffen? Nie im Leben würde sie dabei mitmachen und im Tod schon gleich zweimal nicht! Diesen Gefallen würde sie diesem bärtigen Ungeheuer nicht tun.
Die logischste Vorgehensweise war wohl dafür zu sorgen, dass sich der Kerl in ihrer Gegenwart nie bester Laune fühlte. Wenn sie eine Weile darüber nachdachte, fiel ihr bestimmt etwas ein, womit sie ihn zur Weißglut bringen konnte. Sie könnte zum Beispiel deutlich darauf hinweisen, dass es eine Schande war, so ein junges Mädchen an einen um so viel älteren Mann zu verschachern. Oder sie könnte
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