Der teuflische Lord (German Edition)
Eingeständnis von Schwäche, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es wäre die vernünftigste Lösung, um eine Tragödie zu verhindern.
Sein Nachbar Edgar de Brugh würde ihm zur Seite stehen. Der alte Haudegen war der einzige Mensch, der verstanden hatte, warum Nikolas zu dem geworden war, den heute jeder fürchtete. Der alte Mann machte zwar nicht viele Worte, aber dennoch fühlte sich Nikolas von ihm verstanden. Er würde dabei mithelfen, die Ordensfrau aus den Klauen ihrer Entführer zu befreien.
Um keine Zeit zu verlieren, nachdem er diesen Entschluss gefasst hatte, gab Nikolas erst einmal die Verfolgung der Spur auf, der er sowieso nur noch schwer folgen konnte. Er schlug eine Richtung ein, die ihn auf schnellstem Wege zu der Burg seines Nachbarn bringen würde, wo er auf Unterstützung hoffte.
9
Oh wie dumm war sie doch gewesen, zu denken, ihren Oheim überlisten zu können! Ihr hätte doch klar sein müssen, dass er wusste, welche Möglichkeiten sie hatte, um dem Schicksal, die Braut des Teufels von Thorn zu werden, zu entgehen. Ihre Familie war klein, es gab nur wenige Verwandte. Ihr Vater hatte nur eine einzige Schwester, die im Kloster als Äbtissin lebte, und ihre Mutter hatte gar keine Geschwister gehabt. Dass sich der Oheim an seine einzige Nichte erinnerte war darum nicht verwunderlich. Er hatte nur die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen brauchen. Sie würde nur diese eine Verwandte um Hilfe bitten können. Das war durchaus nachvollziehbar.
Natürlich konnte Melisande nicht darauf hoffen, ihn oder seine Männer mit ihrer Aufmachung als Nonne zu täuschen. Vor allem da die Zeit zu kurz gewesen war, um zu dem Schluss zu kommen, sie hätte sich bereits ernsthaft einem Orden angeschlossen. Außerdem war ihr Aufenthalt mitten in einem Wald kaum der richtige Ort, um irgendwelche Gelübde zu empfangen. Ihre Verkleidung war damit bei der direkten Konfrontation mit dem Oheim sofort aufgeflogen und somit vollkommen sinnlos.
Dass der Onkel tief enttäuscht von ihr war machte die Sache nicht einfacher. Wäre er wütend geworden, dann hätte sie vielleicht den Mut aufgebracht, ihm die Stirn zu bieten, aber so fühlte sie sich nur schuldig, dem alten Mann Kummer bereitet zu haben.
Und Sorgen hatte er sich ganz eindeutig um sie gemacht; nicht nur über ihr Verschwinden, sondern auch über ihre weitere Zukunft. Obwohl sie immer noch vermutete, dass es besondere Vorteile für ihn bringen musste, sie dem Lord von Thorn als Braut zu geben. Aus welchem Grunde sonst sollte er sie an ein Ungeheuer verschachern wollen?
Ob dieses Vorhaben jetzt, nach ihrer so unrühmlich zu Ende gegangenen Flucht, noch Bestand hatte, konnte Melisande jedoch nicht einschätzen. Der Weg zurück in des Oheims Burg erfolgte ohne Erklärungen und ohne Vorwürfe. Vielleicht war das ja bereits ihre Strafe, wie sie für ihren Ungehorsam bezahlen musste. Nicht zu wissen, wie es weitergehen sollte, denn das würde sie in fortdauernder Angst halten.
Doch das war nicht das Einzige, was dem Mädchen Sorgen bereitete. Ihre Gedanken drehten sich um Nikolas, dem sie nicht mitteilen hatte können, dass sie nicht in die Hütte zurückkommen konnte. Was würde er denken, wenn sie nicht mehr auftauchte? Dass sie seiner Pflege überdrüssig geworden war? Dass sie sich ihren Weg lieber alleine gesucht hatte, um sich nicht mit einem Begleiter wie ihm zu belasten, der sie wegen seines angeschlagenen Zustandes nicht beschützen konnte? Oder war er vielleicht sogar erleichtert, dass er seine Verpflichtung ihr gegenüber los geworden war?
Was auch immer er sich denken mochte, es war noch nicht einmal das, was Melisande wirklich belastete. Ihre Sorge galt seinem Gesundheitszustand, der noch nicht wirklich gut zu nennen war. Wenn das Fieber stärker zurückkam, dann wäre niemand da, der sich um ihn kümmerte. Es war ja nicht einmal Wasser in der Hütte, mit dem er seinen Durst stillen konnte. Es gab nur diese geschmacklose Fleischbrühe von den Rebhühnern, die er erlegt hatte. Und die war - so befürchtete das Mädchen - vielleicht nicht einmal lange genug gekocht worden, da nicht genügend Holz in der Hütte vorrätig war.
Melisande stand vor einem Dilemma. Sie traute sich nicht, ihrem Oheim und seinen Männern von Nikolas zu berichten. Gleichzeitig hatte sie aber auch Angst, dass er nicht alleine zurechtkommen und dadurch ernsthaften Schaden nehmen würde.
Sie hatte ihrem Oheim mit ihrer Flucht schon einiges an Geduld abverlangt. Wenn sie ihm
Weitere Kostenlose Bücher