Der teuflische Lord (German Edition)
dienen.“
Die Augen der Maid hefteten sich beschämt auf das Antlitz des Recken, der jetzt seine Unzufriedenheit deutlich zeigte. Aber trotzdem würde sie ihm in diesem Punkt widersprechen.
„Einen Tag zu hungern hätte mir nicht geschadet und Euch nicht umgebracht. Wenn ich Euch in der gefrorenen Erde mit meinen bloßen Händen ein Grab hätte ausheben müssen, das hätte mich schon eher an den Rand meiner Kräfte gebracht. Wenn ich dann alleine nicht mehr aus dem Wald herausgefunden hätte, wäre Euer unrühmliches Ende auch noch mit der Schuld meines Todes belastet worden.“
So gemaßregelt zu werden schürte Nikolas Ärger, der sich aber ganz unerwartet in einem trockenen Lachen auflöste. Wann hatte das letzte Mal jemand so mit ihm gesprochen? Verdient oder unverdient,ihm auf diese Weise ein Fehlverhalten vorzuwerfen traute sich kein Mensch! Denn jeder fürchtete den Zorn des Teufels von Thorn.
„Dann wollt Ihr also keine Suppe für mich kochen?“, fragte er verschmitzt. „Ich bin sicher, dass heute kein Tag ist, an dem die Kirche den Genuss einer Fleischbrühe verbietet, Schwester.“
Melisande musste bei dieser treuherzig geäußerten Bitte ungewollt kichern. Denn sie hatte ganz gewiss auch nichts dagegen, eine warme Mahlzeit einzunehmen.
„Essen verkommen zu lassen ist sicherlich eine größere Sünde als davor zu verhungern. Aber ich werde diesen Topf brauchen, in dem ich bisher das Wasser geschmolzen habe, das ich für Eure Pflege gebraucht habe.“
Nikolas fand es unsinnig, dass sich die Ordensfrau darüber Gedanken machte. Wenn er schnellstmöglich etwas Kräftigendes zu essen bekommen würde, würde ihn das jetzt sicher eher auf die Beine bringen als weitere Behandlungen mit einem feuchten Tuch. Auch wenn er zugeben musste, dass er diesen Teil seiner Krankheit durchaus genossen hatte.
Nikolas fühlte sich ein wenig schwindlig, nachdem er sich aufgesetzt hatte, doch das verbarg er vor der Klosterschwester. Er ließ sich lieber die Vögel reichen, um sie von ihrem Federkleid zu befreien, damit die Maid den Topf draußen mit Schnee füllen konnte. Nun war ein größeres Feuer vonnöten, damit das Kochgeschirr über der heißen Glut nicht nur den Schnee schmolz, sondern auch heiß genug wurde, um darin eine Mahlzeit zuzubereiten. Mit mehr Holzscheiten sollte das kein Problem sein.
Da es den Recken jedoch mehr erschöpft hatte, die Vögel zu rupfen, als er gedacht hatte, musste sich Melisande um diesen Teil der Aufgabe kümmern. Dann drängte sie ihn dazu, sich wieder hinzulegen. Als sie ihn auch noch dazu nötigte, die Felle unter seinen Körper zu schieben, nahm er es dann schon kommentarlos hin. Von der nächsten Entscheidung, die das Mädchen ihm dann unterbreitete, war er jedoch weniger begeistert.
„Eine Suppe nur mit Fleisch zu kochen erscheint mir ein wenig fade. Es müssten sich doch auch im Winter ein paar Kräuter finden lassen, mit denen man das Ganze würzen kann.“ Das sollte wohl die Ankündigung dazu sein, dass sie sich auf die Suche nach selbigen machen wollte.
„Ihr werdet Euch verlaufen!“ Nikolas hatte wenig Vertrauen in den Orientierungssinn der Ordensfrau.
„Nein, nein! Ich bleibe in Sichtweite der Hütte.“ Melisande war längst derselbe Gedanke gekommen. Um dem Recken zu zeigen, dass sie diese Ankündigung ernst meinte, setzte sie eine Erklärung hinzu, die ihn zum Schmunzeln brachte.
„Ihr denkt doch nicht, dass ich Euch pflege, um mir dann mühsam alleine meinen Weg zu suchen. Da hätte ich mir die ganze Mühe mit Euch ja gleich sparen können!“
* * *
Nikolas musste eingeschlafen sein, auch wenn er nicht wusste für wie lange. Aber da die junge Ordensfrau von ihrer Kräutersuche noch nicht zurückgekehrt war, hatte er wohl nur kurz die Augen geschlossen. Es war verdammtes Pech, dass ihn sein nächtlicher Streifzug so niedergestreckt hatte! Andererseits genoss er es aber auch, so selbstlos umsorgt zu werden. Eine Erfahrung, die mit dem Tod seiner Mutter, seines Vaters und seiner Geschwister verloren gegangen war. Es gab niemanden mehr, der sich ehrlich um ihn sorgte und dem sein Wohlergehen am Herzen lag. Doch er durfte die Pflege dieser Maid auch nicht überbewerten.
Als Angehörige einer kirchlichen Gemeinschaft war es mehr ihre Plicht als persönliche Besorgnis, sich um die Kranken und Gebrechlichen anzunehmen. Wie sie selbst zugegeben hatte, wollte sie in den Genuss seiner Hilfe kommen, um ihr Ziel zu erreichen. Diese Tatsache konnte ihn jedoch nicht
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