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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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bitte ich Dich im Namen Deiner Gnade, mich, wenn es Dir gefällt, von meinen schlimmen Sünden freizusprechen.»
    Das Mondlicht ließ sein Profil scharf hervortreten und tiefe Schatten auf sein Gesicht fallen. Es war spät. Vallon schloss die Fensterläden, legte sich auf sein Lager und schlief zum ersten Mal seit Monaten tief und fest bis zum Morgen.

XI
    I hre Suche nach Snorri begann mit einem Durcheinander. Als Hero im ersten Tageslicht bei der Herberge ankam, war Raul nicht aufzufinden. Wayland hatte ihn zuletzt am Abend zuvor mit einem Becher Honigwein in der Hand und einer ängstlich wirkenden Hure im Arm herumtorkeln sehen. Auf der Straße aus Norwich hinaus verlor Heros Maultier ein Hufeisen, und es dauerte bis zur Mittagszeit, bevor sie ihren Weg von der Werkstatt eines Schmieds aus fortsetzen konnten. Um die verlorene Zeit aufzuholen, ließen sie sich von einem Bauern den kürzesten Weg beschreiben und landeten wieder an der Kreuzung, an der sie aufgebrochen waren. Als der Abend kam, waren sie noch meilenweit von Lynn entfernt, also mussten sie mit einer rattenverseuchten Scheune als Nachtquartier vorliebnehmen, nur um festzustellen, dass keiner von ihnen daran gedacht hatte, etwas zu essen mitzunehmen. Entnervt stapfte Wayland hinaus und verbrachte die Nacht unter einem alten Karren.
    Es herrschte immer noch gereizte Stimmung, als sie endlich in Lynn ankamen, einem aufblühenden Hafenstädtchen, das sich an einem Haff entlangzog, bei dem die Great Ouse in den Wash mündete. In Lynn erwartete sie eine neue Schwierigkeit. Hero sprach kein Englisch, und Wayland sprach überhaupt nicht. Schließlich ging Hero allein in die Stadt, um sein Bestes zu versuchen, und Wayland wartete ein Stück flussauf bei einer Fähre auf ihn.
    Es war ein ruhiger, warmer Tag. Wayland hatte sich auf den Boden gesetzt, die Arme um die Knie geschlungen, und beobachtete die Wildvögel, die über das Wattland der Küste flogen. Er war zum ersten Mal am Meer, und dieses Meer hatte nichts mit dem sturmgepeitschten Ozean gemein, den er sich nach den Erzählungen seines Großvaters vorgestellt hatte. Dennoch verzauberte ihn etwas an dieser glitzernden Einförmigkeit. Seine Gedanken schienen sich darin aufzulösen, trugen ihn über den Horizont in ein Land, in dem weiße Falken wohnten, die so groß wie Adler waren.
    Da ließ sich Hero neben ihn fallen. «Ich wusste ja gleich, dass es verlorene Liebesmüh’ ist.» Er rollte sich auf die Seite und reichte Wayland einige Gebäckstücke. «Snorri war am Donnerstag hier und hat auf dem Markt Fisch verkauft. Aber das Schiff kann man vergessen. Keiner der Leute hier hat es je gesehen. Sie sagen, Snorri ist nicht ganz bei Trost.» Hero deutete über den Fluss. «Er wohnt ein Stück die Küste hinauf. Hin und zurück braucht man einen Tag. Und wir müssten einen Führer haben, um uns in den Marschen nicht zu verlaufen, andererseits dürfen wir nicht riskieren, dass jemand mitbekommt, was wir vorhaben.»
    Wayland ahnte schon, worauf er hinauswollte.
    Hero setzte sich auf. «Wenn es nach mir geht, dann sage ich: Zum Teufel damit. Inzwischen hat Vallon bestimmt schon das Geld. Er kann sich ein Schiff aussuchen. Wenn wir jetzt anfangen, im Marschland herumzuirren, kommen wir frühestens morgen nach Norwich zurück.» Er hielt inne. «Was meinst
du

    Wayland stand auf und ging in Richtung der Fähre.
    «Bist du sicher, dass ich nicht mitkommen soll?»
    Wayland machte eine abwehrende Handbewegung.
Nein.
    Hero rannte ihm hinterher und streckte ihm einen kleinen Beutel entgegen. «Das nimmst du besser mit. Falls es dort wirklich ein Schiff gibt. Dann kannst du ihm beweisen, dass wir es ernst meinen.»
     
    Pfade aus Weidenruten führten durch die Marschen. Wayland kam an Torfstichen, Salzpfannen und kleinen Inseln vorbei, deren Bewohner – die sich alle merkwürdig ähnlich sahen – ihm mit den Fäusten drohten und ihn mit Erdklumpen bewarfen, bis er sich zurückzog. Andere Wege folgten einer Logik, die Wayland nicht durchschaute, und endeten in schilfüberwuchertem Niemandsland oder morastigen Senken. Also begann er sich seinen eigenen Weg zu suchen und sprang so lange über Wasserläufe und Gräben, bis er an einen See kam, der zu tief war, um ihn zu durchwaten, und von so sumpfigem Grund umgeben, dass er ihn nicht umrunden konnte. Also wandte er sich in Richtung Küste und folgte ihrem Verlauf, wobei er an Bruchstellen und Auswaschungen vorbeikam, die tief genug waren, um einen Karren samt Pferd

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