Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)
riesiges Ungetüm. Es wimmelte von Soldaten, die erschrocken auf die angreifenden Stadtbewohner herabstarrten. Das Überraschungsmoment und die kurzzeitige Panik verschafften dem kämpfenden Volk die Zeit, bis ans Torhaus vorzudringen. Mason hörte Dixon rufen: »Es lebe Prinz Alric!«, aber für den Schmied war der Prinz das Letzte, was ihn in diesem Moment interessierte.
Mason suchte sich sein nächstes Opfer aus – einen hochgewachsenen Wachsoldaten, der sich gerade ein Duell Spieß gegen Knüppel mit einem Straßenfeger aus dem Handwerkerviertel lieferte. Mason rammte dem Mann sein Schwert unter die Achsel und hörte ihn schreien, als er die Klinge drehte. Der Straßenfeger grinste den Schmied an, und Mason grinste zurück. Er hatte erst zwei Männer getötet, war aber schon über und über voll Blut. Seine Tunika klebte schwer an seiner Brust, und er wusste nicht, ob es Schweiß- oder Blutstropfen waren, die ihm übers Gesicht rannen. Sein Gesicht war vor Erregung und Euphorie ganz starr.
Das ist Freiheit! Das ist Leben!
Sein Herz hämmerte, und er fühlte sich wie im Rausch. Wieder schwang Mason das Schwert, diesmal gegen einen Mann, der schon in die Knie gegangen war. Sein Hieb hatte so viel Wucht, dass die Klinge den Hals des Mannes halb durchtrennte. Er beförderte den Toten mit einem Fußtritt beiseite und stieß einenunartikulierten Triumphschrei aus; Worte waren in einem solchen Moment nicht angebracht. Er brüllte die ganze Wut heraus, die in seinem Herzen tobte. Jetzt war er wieder jemand, ein starker Mann, ein Mann, den man zu fürchten hatte!
Ein Horn ertönte, und Mason blickte auf. Ein Offizier der Schlosswache war auf der Mauer, brüllte Befehle, um seine Männer wieder zu formieren. Sie reagierten, ordneten sich und versuchten, das Tor gegen den herandrängenden Volkshaufen zu verteidigen.
Mason stapfte über den aufgeweichten, blutgetränkten Boden, der nun ganz glitschig war. Er sah sich um und suchte sich ein neues Angriffsziel aus. Ein Soldat der Schlosswache wollte sich gerade, den Befehlen seines Hauptmanns folgend, ein Stück zurückziehen und kehrte Mason den Rücken zu. Der Schmied holte aus, um den Hals des Mannes zu treffen und ihm nach Möglichkeit den Kopf abzuschlagen. Doch in seiner Unerfahrenheit mit dem Schwert setzte er den Streich zu hoch an, und die Klinge prallte mit einem lauten Klirren vom Helm des Mannes ab. Mason holte gerade ein weiteres Mal aus, als der Mann plötzlich herumfuhr.
Mason fühlte nur noch einen scharfen, brennenden Schmerz in der Bauchgegend. Augenblicklich versiegten seine gesamte Kraft und Wut. Er ließ das Schwert los. Sah sich mehr, als dass er es fühlte, in die Knie brechen. Er blickte hinab, wo der Schmerz herkam. Da war ein Schwert, das der Soldat gerade aus seinem Bauch zog. Mason konnte nicht glauben, was er dort sah.
Wie kann dieser ganze Stahl aus mir herauskommen?
Der Schmied fühlte warme Nässe, als er instinktiv die Hände auf die Wunde presste. Er tat sein Bestes, seine Organe drinnen zu halten, während das Blut aus einem Schlitz von mindestens einem Fuß Länge strömte. Er fühlte seine Beine nicht mehr undlag hilf los am Boden. Dann sah er zu seinem Entsetzen den Soldaten einen weiteren Schwertstreich führen – diesmal nach seinem Kopf.
***
Alric ritt gegen das Vorwerk an. Sofort sprengten Graf Pickering, Mauvin und Marschall Garret an der Spitze der noch verbliebenen Ritter hinter ihm her. Es hagelte Pfeile vom Wehrgang über dem mächtigen Tor. Einer prallte von Alrics Visier ab, ein zweiter bohrte sich tief in sein Sattelhorn. Baron Sinclairs Pferd wurde von einem Pfeil in die Flanke getroffen und bäumte sich jäh auf, doch der Ritter blieb im Sattel. Unzählige weitere Pfeile fuhren in den Erdboden, ohne Schaden anzurichten. Der wutentbrannte Prinz ritt direkt auf das Tor zu, stellte sich in den Steigbügeln auf und rief: »Ich bin Prinz Alric Brendon Essendon! Im Namen des Königs, öffnet das Tor!«
Alric war sich nicht sicher, ob ihn überhaupt jemand hörte, als er da in den Steigbügeln stand, das Schwert hoch erhoben. Und selbst wenn sie ihn hörten, hieß das noch lange nicht, dass nicht ein weiterer Pfeil herabschwirren und seinem Leben ein Ende setzen würde. Hinter dem Prinzen fächerte sich jetzt die verbliebene Reiterei auf, da der Marschall einen Schutzwall um seinen Monarchen zu bilden versuchte.
Es schwirrte kein weiterer Pfeil herab, aber das Tor öffnete sich auch nicht.
»Alric«, rief Graf
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