Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Titel: Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael J. Sullivan
Vom Netzwerk:
nicht verhindern.«
    Alric hörte Wylins Stimme, verstand aber die Worte nicht. Sie ergaben keinen Sinn. Mein Vater ist tot? Aber er hatte doch noch mit ihm gesprochen, ehe er in Tillies Zimmer gegangen war, vor ein paar Stunden erst. Wie kann er tot sein?
    »Ich muss darauf bestehen, dass Ihr unter massiver Bewachung hier bleibt, Hoheit, bis ich das Schloss durchsuchthabe. Vielleicht waren sie ja nicht allein. Ich lasse im Moment gerade –«
    »Besteht, worauf Ihr wollt, Wylin, aber geht mir aus dem Weg. Ich will meinen Vater sehen!«, verlangte Alric und schob sich an ihm vorbei.
    »König Amraths Leichnam wurde ins königliche Schlafgemach gebracht, Hoheit.«
    Sein Leichnam!
    Alric wollte nichts mehr hören. Er rannte die Treppe so schnell hinauf, dass er die Pantoffeln verlor.
    »Bleibt beim Prinzen!«, brüllte Wylin von unten herauf.
    Alric erreichte den königlichen Wohntrakt. Dort im Gang war eine Menschentraube, die vor ihm auseinanderwich. Als er an der Kapelle vorbeikam, stand deren Tür offen, und drinnen waren mehrere wichtige Minister versammelt.
    »Mein Prinz!«, hörte er seinen Onkel Percy rufen, blieb aber nicht stehen. Entschlossen lief er zu seinem Vater.
    Er kann nicht tot sein!
    Alric bog um die Ecke und lief an seinem eigenen Zimmer vorbei zum königlichen Gemach. Auch dessen zweiflüglige Tür war geöffnet. Davor verharrten mehrere Edelfrauen in Nachtgewändern und weinten laut. Drinnen wrangen zwei ältere Frauen rosa verfärbte Laken über einer Waschschüssel aus.
    Seine Schwester Arista stand in einem weinrot-goldenen Nachtgewand am Bett. Sie hielt sich so verkrampft an einem Bettpfosten fest, dass ihre Finger weiß waren, und starrte mit tränenlosen, aber vor Entsetzen geweiteten Augen auf die vor ihr liegende Gestalt.
    Auf den weißen Laken des königlichen Betts ruhte Amrath Essendon. Er trug noch immer die Kleider, in denen ihn Alric gesehen hatte, als er sich gerade für die Nacht hatte zurückziehen wollen. Sein Gesicht war bleich, die Augen waren geschlossen.Im einen Mundwinkel klebte etwas getrocknetes Blut.
    »Mein Prinz – ich meine, Königliche Hoheit«, berichtigte sich sein Onkel, während er Alric ins Schlafgemach folgte. Onkel Percy hatte immer schon älter ausgesehen als sein Vater – sein Haar war von Grau durchzogen, sein Gesicht faltig und schlaff, und doch hatte er die schlanke, elegante Gestalt eines durchtrainierten Schwertkämpfers. Er band gerade noch seinen Morgenrock zu. »Maribor sei Dank, Ihr seid wohlauf. Wir dachten schon, Euch hätte womöglich dasselbe Schicksal ereilt.«
    Alric brachte kein Wort heraus. Er starrte einfach nur auf seinen reglosen Vater.
    »Keine Sorge, Majestät, ich werde mich um alles kümmern. Ich weiß, wie schwer das für Euch sein muss. Ihr seid noch jung und –«
    »Wovon redest du?« Alric sah ihn an. »Worum willst du dich kümmern?«
    »Um eine Reihe von Dingen, Majestät. Als da wären die Sicherung des Schlosses, die Untersuchung dieses Verbrechens, die Ergreifung der Schuldigen, die Arrangements für die Beisetzung und schließlich natürlich die Krönung.«
    »Krönung?«
    »Ihr seid jetzt König, Sire. Wir werden Eure Krönungszeremonie in die Wege leiten müssen, aber das kann selbstverständlich warten, bis alles andere geklärt ist.«
    »Aber ich dachte – Wylin hat mir gesagt, die Mörder seien gefasst.«
    »Er hat zwei ergriffen. Ich will nur sicherstellen, dass es nicht noch mehr sind.«
    »Was passiert mit ihnen?« Alric blickte wieder auf die reglose Gestalt seines Vaters. »Die Mörder, was passiert mit ihnen?«
    »Das liegt bei Euch, Majestät. Ihr entscheidet über das Los dieser Männer, es sei denn, Ihr wünscht, dass ich das für Euch übernehme. Es kann mitunter ziemlich unerfreulich sein.«
    Alric wandte sich seinem Onkel zu. »Ich will ihren Tod, Onkel Percy. Ich will, dass sie entsetzlich leiden und dann sterben.«
    »Gewiss, Majestät, gewiss. Ich versichere Euch, es wird so geschehen, wie Ihr es wünscht.«
    ***
    Der Kerker von Essendon lag im unteren der beiden Gewölbe. Das Grundwasser drang durch die Mauerritzen und überzog den Stein mit Feuchtigkeit. In den Mörtelfugen wuchs der Schwamm, und das Holz der Türen, Schemel und Bottiche war von einer Schimmelschicht überzogen. Der Modergeruch mischte sich mit dem Gestank menschlicher Verwahrlosung, und durch die Gänge hallten die klagenden Schreie Gefangener. Entgegen den Gerüchten, die in den Schänken von Medford kursierten, war die

Weitere Kostenlose Bücher