Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)
formell – ich werde dich Percy nennen und dich mit ›Ihr‹ ansprechen, ist das in Ordnung?«
»Es kommt mir nicht mehr zu, über Eure Entscheidungen zu befinden, Herr.«
»Also dann ab jetzt Percy, und, nein, lasst sie geknebelt. Ich habe keine Lust, mir ihre Lügen anzuhören. Was sollen sie schon sagen, außer, dass sie es nicht waren? Gefangene Mörder leugnen ihre Tat doch immer. Was bleibt ihnen auch anderes übrig? Es sei denn, sie wollen die letzten Momente ihres Lebens nutzen, um ihrem König ins Gesicht zu spucken. Diese Genugtuung will ich ihnen nicht gönnen.«
»Sie könnten uns sagen, ob sie allein gehandelt haben oder in irgendwessen Auftrag. Sie könnten uns vielleicht sogar den oder die betreffenden Namen nennen.«
Alric musterte die beiden wieder. Sein Augenmerk fiel auf ein Mal in der Form eines verschnörkelten M auf Royces linker Schulter. Er kniff die Augen zusammen, um es besser erkennen zu können, riss dann ärgerlich einem Wachsoldaten die Fackel aus der Hand und hielt sie Royce so dicht vors Gesicht, dass dieser zusammenzuckte. »Was ist das da? So etwas Ähnliches wie eine Tätowierung, aber doch anders.«
»Ein Brandzeichen, Majestät«, antwortete Braga. »Es ist das Zeichen von Manzant. Offenbar war diese Kreatur einmal Häftling im Zuchthaus Manzant.«
Alric sah ihn verdutzt an. »Ich dachte, aus Manzant wird niemand entlassen, und dass von dort je jemand entflohen wäre, habe ich nie gehört.«
Auch Braga schien verblüfft.
Alric inspizierte jetzt Hadrian. Als er das kleine Silbermedaillon an dessen Hals entdeckte, nahm er es in die Finger, drehte es mit mäßiger Neugier hin und her und ließ es dann verächtlich wieder los.
»Egal«, sagte Alric. »Für mich sehen sie nicht so aus, als würden sie freiwillig reden. Lasst sie gleich morgen früh auf den Platz hinausschaffen und foltern. Wenn sie irgendetwas Brauchbares von sich geben, lasst sie köpfen.«
»Und wenn nicht?«
»Wenn nicht, lasst sie langsam vierteilen. Holt ihnen das Gedärm aus dem Leib und sorgt dafür, dass der königliche Leibarzt sie so lange wie möglich am Leben erhält. Ach ja, und fangt erst damit an, wenn Herolde das Spektakel mehrmals verkündet haben. Ich will Zuschauermassen. Die Leute sollen wissen, auf welche Weise Hochverrat bestraft wird.«
»Wie Ihr wünscht, Herr.«
Alric wandte sich zum Gehen, blieb dann aber noch einmal stehen, drehte sich um und schlug Royce mit dem Handrücken ins Gesicht. »Er war mein Vater, du elendes Stück Dreck!« Der Prinz marschierte hinaus und ließ die beiden Gefangenen hilf los auf den Morgen wartend zurück.
***
Hadrian konnte nur schätzen, wie lange sie jetzt schon an dieser Wand hingen: zwei, drei Stunden bestimmt. Die Stimmen der anderen Gefangenen waren immer seltener zu hören, bis schließlich Langeweile oder Schlaf die Unterhaltung ganz verstummen ließ. Hadrians Maulkorb war inzwischen nass von Speichel, und das Atmen wurde schwerer. Seine Handgelenke waren von den Eisen wundgescheuert, sein Rücken und seine Beine ein einziger Schmerz. Zu allem Überfluss wurden seine Muskeln von der Kälte steif, was die Strapazen noch größer machte. Da er Royce nicht ansehen wollte, blieb ihm nur, die Augen zu schließen oder auf die gegenüberliegende Wand zu starren. Er bemühte sich, nicht daran zu denken, was geschehen würde, sobald der Tag anbrach. Sein schlechtes Gewissen und Selbstvorwürfe beschäftigten ihn ohnehin vollkommen – das hier war alles seine Schuld. Er hatte darauf beharrt, gegen die Regeln zu verstoßen, und nur deshalb waren sie hier gelandet. Seinetwegen würden sie sterben.
Die Tür wurde aufgeschlossen, und wieder betrat ein königlicher Leibwächter die Zelle, diesmal in Begleitung einer Frau. Sie war groß und schlank und trug ein Gewand aus weinroter und goldener Seide, das im Fackelschein wie Feuer glühte. Sie war hübsch, mit rotbraunem Haar und heller Haut.
»Nehmt ihnen die Knebel ab«, befahl sie knapp.
Die Kerkerwärter eilten herbei, um die Maulkörbe abzuschnallen. »Jetzt geht, alle miteinander.«
Die Kerkerwärter verschwanden prompt.
»Du auch, Hilfred.«
»Hoheit, ich bin Euer Leibwächter. Ich muss –«
»Sie sind an der Wand festgekettet, Hilfred«, fuhr sie ihn an und atmete dann einmal tief durch, um sich zu beruhigen.»Mir geschieht nichts. Jetzt geh bitte und bewache die Tür von außen. Ich will von niemandem gestört werden. Hast du verstanden?«
»Wie Ihr wünscht, Hoheit.« Der
Weitere Kostenlose Bücher