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Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Titel: Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael J. Sullivan
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königlichen Wohnflügels wählen können, aber sie hatte sich für den Turm entschieden, weil sie die Abgeschiedenheit schätzte und außerdem durch die drei Fenster die gesamte Umgebung der Burg überblicken konnte. Dicke, burgunderrote Wandteppiche kaschierten das nackte Mauerwerk. Arista hatte gehofft, dass die Behänge zugleich die Kälte abhalten würden, aber dem war nicht so. Auch wenn sie sich bemühte, immer ein prasselndes Feuer in dem kleinen Kamin zu unterhalten, waren die Winternächte hier oben oft grimmig kalt. Trotzdem, durch die Wandteppiche wirkte der Raum zumindest wärmer. Vier große Daunenkissen lagen auf einem schmalen Himmelbett – für ein breiteres war kein Platz. Neben dem Bett stand ein kleiner Tisch mit einem Waschgeschirr, bestehend aus Schüssel und Krug. Daran schloss sich der Kleiderschrank an, den Arista von ihrer Mutter geerbt hatte, genauso wie auch die Aussteuertruhe. Die stabile Truhe mit dem imposanten Schloss stand am Fußende ihres Betts. Ansonsten befanden sich in dem Zimmer nur noch ein Frisiertisch, ein Spiegel und ein Stuhl.
    Sie setzte sich an den Frisiertisch. Der Spiegel, der darauf stand, war ein aufwändig gefertigtes Stück: Das Spiegelglas war außergewöhnlich klar und umrahmt von zwei eleganten, voneinander wegschwimmenden Schwänen. Auch dieser Spiegel hatte einst ihrer Mutter gehört. Eine ihrer liebstenErinnerungen war, abends vor dem Spiegel zu sitzen und zuzuschauen, wie ihre Mutter ihr das Haar bürstete. Auf dem Frisiertisch lagen ihre Haarbürsten, die sie im Laufe der Jahre gesammelt hatte. Sie besaß viele, eine aus jedem Land, das ihr Vater in Staatsangelegenheiten besucht hatte. Da waren eine Bürste mit Perlmuttgriff aus Wesberg und eine aus Ebenholz mit feinen Fischbeinzacken aus der exotischen Hafenstadt Tur Del Fur. Als sie nun die Bürsten betrachtete, sah sie ihren Vater vor sich, wie er sie bei seiner Heimkehr begrüßte und augenzwinkernd eine Hand hinter dem Rücken versteckt hielt. Jetzt waren der Schwanenspiegel und die Bürsten alles, was ihr von ihren Eltern geblieben war.
    Mit einer jähen Handbewegung fegte sie die Bürsten vom Tisch . Warum? Ihr kamen die Tränen. Doch egal. Im Moment hatte sie noch zu tun. Was sie begonnen hatte, musste sie jetzt zu Ende führen. Braga wurde mit jedem Tag misstrauischer – die Zeit drängte.
    Sie schloss die Aussteuertruhe auf, klappte den Deckel hoch und nahm den in violetten Stoff eingeschlagenen Gegenstand heraus. Was für eine Ironie, dachte sie, dass sie gerade diesen Stoff benutzt hatte. Darin war die letzte Haarbürste eingewickelt gewesen, die ihr Vater ihr geschenkt hatte. Sie legte das lila Päckchen auf das Bett und öffnete es langsam: Zum Vorschein kam der Rondeldolch. An der Klinge klebte noch das Blut ihres Vaters.
    »Eine Aufgabe hast du noch zu erfüllen«, erklärte sie dem Dolch.
    ***
    Die SILBERNE KANNE am Rande der Provinz Galilin war ein einfaches Feldsteinhaus mit einem altersgrauen Strohdach, getragen von getünchten Eichenbalken. In der Längswand,an der Heldabeersträucher wuchsen, reihten sich Fenster mit Butzenscheiben von schlechter Glasqualität. Vor dem Haus waren mehrere Pferde an Pfosten gebunden, und in dem kleinen Stall daneben standen noch weitere.
    »Ganz schön viel Betrieb für ein so abgelegenes Wirtshaus«, bemerkte Royce.
    Sie waren den ganzen Tag ostwärts geritten. Wie schon auf dem Hinweg hatte sich die Reise durch die Wildnis als äußerst beschwerlich erwiesen. Im schwindenden Licht hatten sie Galilin und damit wieder ein Gebiet, das von Bauern bestellt wurde, erreicht. Zwischen Weiden und gepflügten Äckern waren sie schließlich auf ein kleines Sträßchen gestoßen. Da sie alle vier nicht genau wussten, wo sie sich befanden, hatten sie beschlossen, dem Sträßchen bis zu irgendeiner Orientierungsmöglichkeit zu folgen. Zu ihrer Freude war das erste Haus, das sie sichteten, das Gasthaus ZUR SILBERNEN KANNE .
    »Tja, Majestät«, sagte Hadrian, »von hier aus dürftet Ihr wohl zur Burg zurückfinden, falls Ihr da immer noch hinwollt.«
    »Allerdings, ich muss schnellstens nach Hause!«, erklärte Alric. »Aber nicht bevor ich etwas gegessen habe. Gibt es hier etwas Anständiges?«
    »Wen interessiert das?«, sagte Hadrian lachend. »Ich wäre im Moment schon froh über einen Happen gut abgehangene Feldmaus. Kommt, wir gönnen uns noch ein Abschiedsmahl. Da Ihr ja kein Geld bei Euch habt, werde ich es bezahlen. Ihr gewährt mir dafür hoffentlich

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